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Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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entgegen.
    Der schien völlig überrumpelt von ihrem Auftauchen. Fahrig spielte auch er mit den Halstuchzipfeln und wusste kaum, wohin er blicken sollte. Agnes musste schmunzeln. Außer ihr gab es offenkundig noch andere Frauen, die ihm gefielen. Unauffällig versetzte sie ihrem Bruder einen Stoß in die Seite. Viel zu spät und steif erwiderte er daraufhin den Willkommensgruß.
    »Und wer seid Ihr?«, fragte Agnes freundlich zurück, um ihrer Ahnung Gewissheit zu verschaffen.
    »Das ist meine Tochter Carla«, antwortete der Danziger Baumeister stolz an ihrer statt. »Seit dem Tod meiner Frau vor einigen Jahren begleitet sie mich auf alle Baustellen.«
    »Selbst zu denen der Deutschordensritter, die doch angeblich keine Frauen bei sich dulden?«, hakte Agnes nach und erntete von Laurenz einen mahnenden Blick.
    »Dank meiner langjährigen Tätigkeit genieße ich gewisse Sonderrechte, die auch die Anwesenheit meiner Tochter erlauben. Verzeiht, liebes Fräulein, dass sie sich so vorgeschoben hat. Als ich ihr erzählt habe, Ihr und Euer Bruder seid Zwillinge, war ihr Wunsch, Euch mit eigenen Augen zu sehen, einfach zu groß. Nie zuvor sind ihr Zwillinge begegnet.«
    »Ich hoffe, unser Anblick enttäuscht Euch nicht«, wandte Agnes sich wieder an Carla. »Von Zwillingen habt Ihr vielleicht mehr erwartet. Auf den ersten Blick ähneln mein Bruder und ich uns leider kaum.«
    »Das ist bei Bruder und Schwester auch schwer zu erwarten«, erwiderte Carla in ihrer schleppenden Sprechweise. Ungeduldig mischte Meister Jagusch sich ein: »Zumindest tragt Ihr beide auf die gleiche Weise Euer Halstuch. Darf ich fragen, ob es dafür einen besonderen Grund gibt?«
    Agnes und Caspar wechselten verwirrte Blicke, bevor Laurenz ihnen unverhofft zu Hilfe kam. »Das ist wohl ein Zeichen der innigen Verbundenheit. Die beiden haben sich lange Zeit aus den Augen verloren und schließlich daran wiedererkannt.«
    »Am Halstuch?« Ungläubig schaute Carla auf Laurenz. Agnes behielt sie genau im Blick. Bei der Vorstellung, Laurenz könnte die Tochter seines ehemaligen Meisters auch nur einmal in derselben Weise aus seinen verschiedenfarbigen Augen ansehen wie sie, wurde sie unruhig. Halt suchend tastete sie nach Caspars Hand, was Carla mit einem wissenden Lächeln bemerkte. »Ihr müsst Euch sehr vermisst haben.«
    »Wir wollen Euch und Laurenz nicht länger von Eurer wichtigen Unterredung abhalten«, meldete sich ihr Vater wieder zu Wort. »Sobald Ihr wohlbehalten zu Hause eingetroffen seid, richtet bitte Eurem verehrten Herrn Vater die allerbesten Grüße von mir aus. Ich schätze ihn sehr und freue mich, nun auch seinen Kindern begegnet zu sein.«
    »Woher kennt Ihr ihn überhaupt?«, fragte Agnes, bevor er sich zum Gehen wandte.
    »Oh, das ist eine lange Geschichte. Genau genommen beginnt sie zu der Zeit, als wir beide in jungen Jahren in der Welt unterwegs waren, um Erfahrungen zu sammeln, er als Kaufmann, ich als Steinmetz. In meiner Heimatstadt Danzig haben wir uns getroffen und sind gemeinsam über den Kanal bis nach London sowie im Westen bis an den Rhein gefahren.«
    »Wart Ihr auch zusammen in Dortmund?«, fragte sie mit zittriger Stimme.
    »Dortmund in Westfalen hat er leider ohne mich besucht. Damals musste ich bereits die Heimreise antreten, was ich sehr bedauert habe. Dortmund muss für einen Steinmetz und Baumeister eine sehr anregende Stadt sein. Leider hat er mir nichts mehr davon erzählt. Wir sind uns erst einige Jahre später in der Königsberger Altstadt wieder begegnet. Damals hat mir dort ein anderer Werkmeister diesen begabten jungen Mann vorgestellt.« Er klopfte Laurenz auf die Schulter. »Längst ist aus ihm ein weithin bekannter Baumeister geworden, dem ich kaum mehr das Wasser reichen kann. Der gute Fischart war, wie gesagt, zufällig dabei, als er mir anvertraut wurde. Doch leider haben wir uns danach erneut aus den Augen verloren. Wundert Euch also nicht, wenn er in meiner Erinnerung immer noch so jung aussieht wie Euer Bruder. Das rührt daher, dass ich ihn in jenen Jahren am besten gekannt habe.
    Da fällt mir ein, dass er mir bei unserer letzten Begegnung sehr stolz von seinem Sohn berichtet hat. Knapp zehn Jahre müsste er wohl zu jener Zeit alt gewesen sein.« Nachdenklich hielt er inne, fuhr sich durch den dunklen Kinnbart und musterte Caspar. »Seltsam, dass er mir nicht auch von Euch erzählt hat, liebes Fräulein, wo Ihr doch im selben Alter wie meine Tochter seid. Ich habe den guten Fischart ganz gewiss

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