Gold und Stein
Hilfe unbedingt mit ihm und mit keinem anderen des Eibenholzes wegen in Kontakt treten wollte? Noch dazu darf ich ihm nicht verraten, dass Ihr dahintersteckt.«
»Worauf wollt Ihr hinaus, mein lieber Rehbinder? Hat Fischart Euch etwa zu mir geschickt, um in seinem Namen das Geschäft doch noch rückgängig zu machen? Ist es den Weißmänteln etwa gelungen, ihm Angst einzujagen? Dabei gilt er weit über die Mauern seiner Stadt hinaus als mutiger, unerschrockener und erfolgreicher Kaufmann.«
Ihr Tonfall schwankte zwischen Hohn und Unmut. Jäh blieb sie stehen. Ihre Augen sprühten vor Ärger. Agnes war erstaunt. Rehbinder hatte recht: Es drängte sich der Eindruck auf, es ginge Gunda mehr um den fremden Kaufmann in Königsberg als um das Geschäft selbst. Dabei steckte in den beiden Schiffen, die frisch aus Litauen eingetroffen waren, ein Vermögen. Kaum wagte Agnes daran zu denken, woher die Mutter das Geld für solche Geschäfte nahm.
»Haben wir hier in Wehlau Aussatz?«, verlegte sich Gunda auf einen belustigten Ton. »Liefern wir etwa schlechte Ware? Wovor fürchtet sich Fischart auf einmal? Der Handel wurde bereits vor Wochen besiegelt. Niemand von uns konnte damals ahnen, wie sich die Lage im Ordensland entwickeln würde. Abgesehen davon, haben unsere Geschäfte nichts, aber auch rein gar nichts mit den Händeln zwischen den Bündischen und den Deutschordensrittern zu tun. Was ich im Nachhinein mit dem verdienten Geld anfange, kann und darf ihn nicht interessieren. Ich frage umgekehrt ja auch nicht, was er mit seinem Gewinn vorhat. Wie stellt sich der gute Fischart das nun also vor? Soll ich das teure Eibenholz meinen Wehlauer Mitbürgern zum Bau der Schanzen anbieten? Ihr wisst, wie wenig es dazu geeignet ist. Soll die Sicherheit unserer Stadt und unserer Bürger darunter leiden, dass Fischart es nicht mehr nehmen will?«
»Gemach, gemach«, versuchte Rehbinder, sie zu beschwichtigen. »Ihr habt mich gründlich missverstanden. Ich komme nicht im Auftrag von Gernot Fischart. Allein meine eigenen Überlegungen führen mich zu Euch. Ich habe gedacht, gerade weil Ihr unbedingt mit Fischart handeln wollt, es Euch also um ihn persönlich geht, solltet Ihr wissen, in welche Lage Ihr den Guten jetzt …«
»Und was ist mit mir?«, fiel sie ihm aufgebracht ins Wort. »Wie stellt Ihr Euch meine Situation vor, wenn Ihr mir davon abratet, das Eibenholz wie abgemacht nach Königsberg zu liefern? Wie gesagt, zum Schanzenbau eignet es sich wohl kaum. Auch wüsste ich in der näheren und weiteren Umgebung keinen Bogner, der mir die umfangreiche Ladung kurzfristig abnimmt, von einem angemessenen Preis ganz zu schweigen. Und nicht zuletzt stehe ich natürlich bei Fischart selbst im Wort. Ihr habt ihm in meinem Auftrag die Lieferung zugesagt. Wie wollt Ihr ihm erklären, dass die Ware ausbleibt? Gewiss hat er auch bei den Londoner Kaufleuten längst Zusagen gegeben. Weil er das über Jahre brachliegende Geschäft mit ihnen wieder aufleben lassen will, wären die Folgen meiner Absage für ihn nicht abzusehen. Nein, mein Lieber, nie und nimmer verzichte ich darauf, das Holz nach Königsberg bringen zu lassen. Wenn Ihr es nicht übernehmen wollt, so werde ich wohl jemand anderen finden, der das letzte Stück Weg übernimmt.«
Sie raffte den Rock. Gundas Entschlossenheit flößte Agnes Respekt ein. Zugleich schälte sich ein flaues, unbestimmtes Gefühl in ihr heraus. Eins stand fest: Mit der Mutter war nicht leicht Geschäfte zu machen. Sie kannte keine Gnade. Im Zweifelsfall bestand sie unerbittlich auf der Einhaltung des einmal Beschlossenen. Oder gab es im Fall dieses Handels noch etwas, was sie so unverrückbar an der einmal getroffenen Abmachung festhalten ließ? Es musste mit diesem Fischart zusammenhängen. Warum sonst hatte Rehbinder betont, wie sehr Gunda darauf gedrängt hatte, dieses Geschäft mit ihm abzuschließen?
Gesenkten Hauptes hatte der dicke Kaufmann Gundas Worten gelauscht, rührte sich allerdings nicht, um sie am Weggehen zu hindern. Das verwirrte Gunda offenbar doch. Statt wie angedroht davonzueilen und nach einem anderen Mittler zu suchen, begann sie, unruhig am Ufer auf und ab zu gehen. Fahrig pflückte sie Halme des hoch stehenden Grases, spielte mit ihnen, warf sie achtlos beiseite. Ihre Lippen waren schmal und gerade, um den Mund hatten sich zwei tiefe Falten eingegraben, die Augen waren eng zusammengezogen.
»Ach, Rehbinder, was wollt Ihr eigentlich? Warum mischt Ihr Euch derart in den Handel
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