Gold und Stein
unlauteres Vorgehen, garantiert etwa einen Preis für das Holz, der in jedem Fall unter dem liegt, was andere für das Gleiche verlangen. Das hat einen seltsamen Beigeschmack. Noch dazu, wo Rehbinder betont, wie wichtig es dem Unbekannten ist, den Handel allein mit Eurem Gemahl zu tätigen. Was ihn dazu verleiten könnte, das will Euer Gemahl leider nicht verraten. Ich bin mir sicher: Mit dem Geld, das der große Unbekannte bei der Sache verdient, wird er zwielichtige Söldnergestalten aus Böhmen bezahlen. Die wiederum führen unter dem Banner der Bündischen den Kampf gegen die Deutschordensritter weiter. Euer Gemahl bezahlt also letztlich diejenigen, die unseren Frieden gefährden. So kommt das Ordensland nie und nimmer zur Ruhe, und wir alle werden am Ende die Verlierer sein.«
»Es freut mich zu hören, wie sehr Euch das Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen am Herzen liegt«, erwiderte Editha spitz. »Umso erstaunlicher finde ich, dass Ihr mit zweierlei Maß messt. Ist es nicht auch Heinrich Reuß von Plauen an der Spitze des Deutschen Ordens, der selbst so gern auf die Unterstützung der kampferprobten böhmischen Söldner setzt? Billig sind ihre Dienste nicht, wie man hört, aber wie kaum andere sind sie geschult darin, die Waffen zu Fuß und zu Pferde zu führen. Unerschrocken sind sie noch dazu. Nach der neuerlichen Huldigung der Königsberger vor den Weißmänteln sind es auch die Altstädter, Löbenichter und Kneiphöfer, die mit ihren Zahlungen die Hilfe dieser tapferen Kämpfer für die Kreuzherren ermöglichen. So schenken sich beide Seiten nichts, wenn es darum geht, wer wem Geld zuschiebt, um böhmische Söldner anzuheuern und den Krieg in die Länge zu ziehen. Gewinner, da habt Ihr wohl recht, mein lieber Spelmann, sind am Ende weder die Bündischen noch die Deutschordensritter, sondern allein die böhmischen Söldner. Auf unser aller Kosten verdienen sie mit dem Zwist der Städte und der Ordensritter ein Vermögen. Sogar das Recht zu plündern wurde ihnen mancherorts bereits gewährt. Aber so ist das wohl immer, wenn man meint, auf Krieg setzen zu müssen, um seine Pfründe zu verteidigen. Die Teufel, die man zu Hilfe rief, wird man so schnell nicht wieder los. Was regt Ihr Euch also über meinen Gemahl auf, der allein das Geschäft im Auge hat? Wenn der unbekannte Wehlauer ihm bessere Bedingungen bietet als andere, so ist es sein gutes Recht, darauf einzugehen. Niemand hier«, sie beschrieb mit der Hand einen weiten Bogen über die Holzwiese, auf der noch immer die Kaufleute ihre Waren bewachten, »hat das Recht, meinen Gemahl deswegen schief anzusehen. Jeder Einzelne hier hätte das Geschäft selbst gern getätigt, wenn Rehbinder es ihm angeboten hätte. Und Ihr, mein lieber Spelmann, wärt sogar der Erste, der sogar heute noch allzu gern dafür einspringen würde.«
»Ihr scheint Euch reichlich sicher zu sein.«
»Nicht nur das, mein Lieber! Ich kenne einfach meine Königsberger viel zu gut, um sie nicht zur Gänze zu durchschauen.«
Sie schürzte die Lippen, reckte das Kinn und ließ den Blick ihrer kleinen, blauen Augen auf dem verdutzten Kaufmann ruhen. Einige Atemzüge hielt Spelmann dem stand, dann aber senkte er den Kopf, betrachtete die zerschlissenen Spitzen seiner Schnabelschuhe und stieß ein mattes »Wohl denn« aus. Ohne weitere Erklärung nickte er ihr zu und verschwand so unauffällig, wie er gekommen war, zwischen den Holzstapeln.
»Mangy dog!«,
zischte sie ihm noch einmal hinterher, beschloss dann aber, seinen wortkargen Abgang als Bestätigung ihrer Vermutung zu verstehen: Wie so viele Königsberger Zunftgenossen trieb ihn allein die Gier nach guten Geschäften um. Tätigte ein anderer den vermeintlich besseren Abschluss, missgönnte man ihm das gründlich und verleidete ihm mit allen Mitteln den Erfolg. Nichts anderes zeigte sich in dem lächerlichen Gebaren auf der Holzwiese: Die Zunftgenossen hatten die Braker bestochen, um Gernots kostbares Eibenholz dem Unwetter auszusetzen. So sollte er gezwungen werden, den Preis herunterzusetzen, weil die Güte des Holzes Schaden genommen hatte.
»Rotting sons of a whore!«,
bedachte sie die Männer mit einem wenig schmeichelhaften Ausruf in ihrer Muttersprache. Die winzigen Hände an der Seite zu Fäusten geballt, ließ sie den Blick über die Holzwiese schweifen. Der Himmel hellte sich auf. Die Schwüle hatte sich verzogen, die grauschwarzen Regenwolken waren schneller als erwartet weitergewandert. Die Sonne schaffte es
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