Gold
einen Waffenstillstand schließen. Wir können darüber reden, was dich belastet.«
»Mich belastet gar nichts.« Zoe löste die Hände aus Kates Griff, um in der Luft Anführungszeichen zu machen.
Kate zögerte und nahm erneut ihre Hände. »Es ist wegen Adam, oder?«
»Nein«, sagte Zoe scharf.
»Doch. Ich kenne dich. Wenn du so bist, denkst du immer an ihn.«
Zoe sah sie unverwandt an. »Ich denke an Jungs und Shopping.«
Der Sanitäter nahm schweigend die Arbeit wieder auf, und der Krankenwagen rollte weiter durch den langsamen, regnerischen Verkehr.
Kate wusste nicht, wie sie mit ihrer Freundin umgehen sollte, wenn sie in dieser Stimmung war. Wenn man die Augen zumachte, war es, als redete man mit einer Betrunkenen an der Bushaltestelle – einer dieser Frauen mit verquollenen Augen, die entweder trübsinnig oder bissig waren und durch den Rauch ihrer Zigarette blinzelten, während ihre Finger in der Luft einen Faden aus imaginären Kümmernissen drehten und daraus ein Leichentuch woben. Bei Zoe blitzte genau diese Bedrücktheit aus klaren grünen Augen in einem vollkommenen Gesicht mit makelloser Haut und geradezu olympisch gesundem Teint. Der Kontrast war schockierend, gerade so, als würde einen ein Kuschelbär ins Gesicht schlagen.
»Kommst du nach dem Krankenhaus zu mir? Etwas essen?«, fragte Kate.
»Ich habe keinen Hunger«, sagte Zoe, als wäre es Kate nur darum gegangen.
Kate musste sich in Erinnerung rufen, dass Zoe nicht immer so war und dass es ihr hinterher jedes Mal leid tat. Immerhin hatte sie einmal versucht, es zu erklären. So hatte Kate überhaupt erst von Adam erfahren. Vor Jahren, lange vor Athen, war Zoe in eine dieser Stimmungen verfallen und hatte etwas so Boshaftes getan, dass Kate deswegen ein Rennen bei der nationalen Meisterschaft verloren hatte. In den Wochen danach hatte Zoe förmlich vor Reue geglüht. So war es Kate jedenfalls vorgekommen – als flackerte ein besorgtes Licht in ihrer Freundin, das den Schatten, den ihr Verhalten geworfen hatte, vertreiben wollte. Sie lud Kate zum Essen ein – flehte sie förmlich an –, und sie trafen sich in einem der besten Restaurants der Stadt, dem Lincoln. Kate hätte es sich nicht leisten können, und sie bezweifelte, dass Zoe es konnte.
In dem voll besetzten, mit Carrara-Marmor ausgekleideten Saal spielte ein Hipster mit tief sitzender Hose, Dreitagebart und Leinenanzug, zu dem er Schuhe, aber keine Socken trug, Debussy. Zoe fügte sich ganz natürlich in diese Umgebung. Sie zog auch ohne Make-up und in Jeans und grauem Tank Top verstohlene Blicke auf sich. Kate versteckte sich hinter der Speisekarte und fand kein einziges Gericht, das nicht eigens dazu ersonnen schien, ihr Leistungsgewicht zu ruinieren.
Sie war wütend auf sich, weil sie diese Einladung zur Versöhnung angenommen hatte, die ihr mittlerweile demütigend erschien.
Sie sah unglücklich auf und bemerkte Zoes panischen Blick.
»Scheiße, das war keine gute Idee, was?«
»Oh, nein, es ist toll. Wirklich nett hier.«
Zoe hob die Hand. »Moment, das bringe ich in Ordnung.«
Sie ging zu dem Pianisten und setzte sich unbekümmert neben ihn auf den Hocker. Die Préludes gerieten leicht ins Trudeln, als sie ihm etwas ins Ohr flüsterte, dann spielte er mit einem Hauch von allegrezza weiter. Kate sah den Pianisten grinsen, als Zoe an den Tisch zurückkehrte.
»Na bitte.«
»Was hast du zu ihm gesagt?«
Zoe machte eine wegwerfende Handbewegung und blies sich eine Art Strähne aus dem Gesicht. »Ich habe gesagt, ich würde ihm meine Nummer geben, wenn er dich zum Lachen bringt.«
Kate spürte, wie Zorn in ihr aufstieg. »Das ist nicht lustig.«
»Ich weiß. Tut mir leid. Ich habe dich beschissen behandelt, Kate, und weiß nicht, wie ich es wiedergutmachen soll.«
Als Kate ihr in die Augen sah, um herauszufinden, ob sie es ehrlich meinte, wechselte der Pianist nahtlos und mit klassischer Phrasierung zu Britney Spears’ Oops! … I did it again , wobei er keine Miene verzog.
Kate musste nun doch lächeln.
»Ich weiß nicht, was dann in meinem Kopf vorgeht«, sagte Zoe. »Ich will so sehr gewinnen, dass ich dich dabei vergesse. Und dass wir Freundinnen sind.«
Kate spürte, wie sich ihr Ärger in den Blasen ihres Mineralwassers und den impressionistischen Schnörkeln auflöste, mit denen der Pianist Britneys Meisterwerk verzierte.
»Nun, vergiss es einfach nicht mehr. Schreib es dir auf die verdammte Hand oder so.«
Zoe biss sich auf die Lippe. »Ich weiß,
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