Gold

sich gemeinsam dehnten. Vielleicht fragte sie sich, was sie eigentlich hier machte.
    Blieb nur noch Kate. Tom registrierte, wie Zoe sie anpeilte. Während die anderen Mädchen die Trainingsanzüge ihres Vereins oder ihre Champion-Trikots trugen, hatte sie sich für einen einfachen gelben Jogginganzug von Adidas mit überlangen Kordeln in Kapuze und Bund entschieden. Sie schaute sich im Velodrom um. Ihre Körpersprache verriet, dass sie ebenso aufgeregt war wie Zoe, aber nicht klug genug, es zu verbergen. Wer sich die Mühe machte, sie zu beobachten, war psychologisch im Vorteil.
    Zoe stand still, als Kate lächelnd auf sie zukam.
    Kate blieb ein Stück vor ihr stehen, damit Zoe sich ihr nähern konnte. Manche Leute waren so rücksichtsvoll, anderen Raum zu lassen, damit sie sich wohl fühlten. Diese Menschen wurden selten Champions, das wusste Tom.
    Zoe lächelte kalt zurück und wandte sich ab.
    Tom wünschte, sie möge sich irren, doch Zoes Schlussfolgerung war nicht unbegründet. Kate hatte die besten Ergebnisse der Mädchen eingefahren, hatte aber mit dem Training ausgesetzt, als ihr Vater gestorben war. Zoe war anders. Sie kam Tom wie ein Mädchen vor, das seine Familie mit eigenen Händen umbringen würde, wollte diese sie am Training hindern.
    Auch wenn Kate Zoe diese Woche womöglich schlug, ein Mädchen wie Zoe würde Rennen um Rennen und Jahr um Jahr an der Spitze bleiben, während die Last des wirklichen Lebens Kate allmählich erdrückte. Das hatte Tom oft genug erlebt.
    Es war zehn nach neun, und er wollte schon an die Bahn treten und sich den Nachwuchstalenten vorstellen, als ein Junge über das Drehkreuz sprang und in die Halle gelaufen kam. Er war eins achtzig, schien nur aus Muskeln zu bestehen und hatte wilde schwarze Locken. Er trug Jeans, ein T-Shirt mit der Aufschrift »The Exploited« und Kopfhörer um den Hals.
    Er sah schnell aus, wie im Windkanal getestet, und rannte die Stufen vom Eingang herunter wie ein Rockstar, der ins Stadion stürmt. »Hallo! Hallo!«, rief er und ließ seine Sporttasche fallen, stellte sich mitten auf der Bahn an die Startlinie und klatschte in die Hände, worauf alle verstummten.
    Tom wartete fasziniert ab.
    »Alles klar, Leute? Kommt mal her! Ich heiße Jack Argall und bin euer Co-Trainer. Thomas Voss ist verhindert und hat mich gebeten, das hier zu übernehmen. Ich werde verschiedene Aufwärmübungen mit euch machen und danach bestimmen, für welche Disziplinen ihr geeignet seid. So, wenn sich die Jungs jetzt hier bitte in einer Reihe aufstellen würden … genau so … und die Mädels hier drüben … wunderbar, vielen Dank … und wenn ihr nun alle zwei Minuten auf der Stelle laufen würdet, um den Kreislauf in Schwung zu bringen.«
    Tom sah mit offenem Mund zu, wie der Junge die Sportler in zwei Reihen dirigierte und mit seinem starken schottischen Akzent Kommandos erteilte.
    Sie liefen auf der Stelle. Selbst Zoe stolzierte auf die Bahn und machte mit. Jack klatschte Beifall.
    »Sehr schön, wirklich sehr schön! So, wenn die Jungs jetzt bitte gegen den Uhrzeigersinn um die Bahn laufen würden … danke … sehr gut, und wenn die Mädels den Oberkörper dehnen würden, Hände hinter dem Rücken verschränkt, Brust nach vorn … danke, sehr gut. Wirklich gute Übung, die Damen, die Gelenkigsten bekommen die schnellsten Räder.«
    Die Mädchen lachten, drückten aber die Arme zurück und die Brust heraus. Kate strengte sich an, bis ihre Adern hervortraten. Die Jungen joggten im Kreis bis zur Startlinie.
    »Sehr schön, Freunde!«, sagte Jack. »Noch eine Runde, aber diesmal bitte rückwärts. Und, Mädels, ich möchte, dass ihr die Füße schulterbreit auseinander stellt und eure Zehen berührt. Ja, das ist sehr gut. Zeigt mir, wie tief ihr kommt.«
    Auf seinem Platz auf der Tribüne musste Tom unwillkürlich lachen. Die Jungs stolperten fluchend rückwärts über die Bahn, was durch die Neigung nicht einfacher wurde. Die Mädchen hatten den Po in der Luft und die Hände auf dem Boden.
    »Nun, meine Herren«, rief Jack, »ihr lauft jetzt weiter rückwärts, aber schlagt euch bei jedem zweiten Schritt mit der Handfläche auf den gegenüberliegenden Oberschenkel und bei jedem achten Schritt mit beiden Händen an den Nacken. Ich werde dem Trainer berichten, wer von euch die beste Koordination hat.«
    Die Jungs stellten sich schrecklich an. Sie klatschten und stolperten und fluchten, dass es durch das Velodrom hallte. Die Mädchen fingen an zu lachen und richteten