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GOLDAUGEN (German Edition)

GOLDAUGEN (German Edition)

Titel: GOLDAUGEN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Graser
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Mittagessen trafen. Sebastian blieb seiner ruhigen Linie treu, er glaubte, seine Ohren spielten ihm einen Streich.
    » William war ein Schwerenöter. Groß, gut aussehend und sicherlich gebildet. Er lebte einen ausschweifenden Lebensstil. Nach dem Tod seines berühmten Vaters versank er in Trunkenheit, der Völlerei und liebte alle Frauen. Wenn man einigen Leuten glauben schenken darf, war kein Rockzipfel vor ihm sicher. Zwei von diesen beglückten Damen waren unsere Mütter.
    Nachdem sie schwanger wurden, ließ er sie fallen wie heiße Granatäp fel.
     
    Er zahlte Malcolms Mutter inoffiziell eine größere Summe und ließ sich nie wieder blicken.
    Sie war pfiffig und heiratete danach einen verarmten adligen Lord.
    Wahrlich geschäftstüchtig verkaufte sie nach desse n Tod seinen Titel für eine hohe Summe. Malcolm hatte aber nicht so viel Glück wie ich oder er ist so schwach wie sein Vater.
    Er trinkt und ist mehr bei Pferdewetten als zu Hause.
    Einen Tag lebt er von einer Fünfminutensuppe, den nächsten mit Glück isst er genussvoll hier in seinem Lieblingsrestaurant. Seine Mutter hat ihn enterbt, seinen Pflichtteil hat er schon durchgebracht … Sorry, Malcolm, ich muss alles erzählen, sonst kommt die Tragik des Ganzen nicht zum Vorschein. Meine Mutter war ein Prachtweib. Sie hatte die größten Brüste aller Huren von London. Damit hat sie richtig viel Geld verdient. Naja jedenfalls, bis der Hengst William ihr einen Braten in die Röhre steckte, und sie es nicht verwand, dass er sein eigen Fleisch und Blut verleugnete. Bevor sie in die wundervolle Nervenheilanstalt Bilkingsshire kam, heiratete sie einen Bankangestellten namens Higgins. Das hat sie nur für mich getan. Sean Higgins war gottlob auch ein Titten-Fetischist und dachte, sich noch ein paar Jahre daran weiden zu können. Eine Fehleinschätzung, denn William hatte ihr mit seinem Zauberstab das komplette Gehirn rausgevögelt. Sie ist in der geschlossenen Abteilung der Anstalt gestorben.
    Mein Armleuchter von Stiefvater hat mich großgezogen, nein, mehr lang gezogen.
    Er bestrafte mich täglich - für das Versagen meiner Mutter. Wie, das könnt ihr euch ja mal in eurer Fantasie ausmalen.
    Ich bin darüber hinweg. Als ich mit einundzwanzig gerade ausziehen wollte, starb er und hinterließ mir wenigstens das Haus, wo rin ich jetzt wohne und arbeite. Der Geldbetrag, den er mir offiziell vererbte, war mickrig. Der Hurenbock konnte doch nicht alles verprasst haben? Für einen Menschen, der als Investmentbanker bei einer renommierten Bank tätig war, konnte es nur Kleingeld sein.
     
    Als ich dann seine alten Möbel entsorgen wollte, fand ich in seinen Tausenden von Büchern Bargeld. Das Erbe begann mir zu gefallen, ich weitete meine Suche aus und wurde fündig. In einem Polstersessel fand ich nochmals zwanzigtausend Pfund. Insgesamt schlappe neunzigtausend. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Ein Banker, der kein Vertrauen zu seiner Zunft hat, goldig oder? Weil ich dann Bücher toll fand, eröffnete ich später mein kleines Antiquariat. Jetzt haben Sie sicherlich ein wenig Mitgefühl, mit uns tragischen Figuren, aber Sie wissen immer noch nicht, worauf wir hinaus wollen oder?«
    » Nein, ich ahne es vielleicht, aber erzählen sie weiter.«
    » Unser Erzeuger war wohl bis zu seinem Tod von seiner Vergangenheit und seinem dominanten Vater geprägt. Seine Rachegedanken wollte er irgendwie auf seine beiden Ableger projizieren, die er nie kennenlernen wollte.
    Oder sollte es als Wiedergutmachung herhalten? Es ist müßig, darüber zu philosophieren. Auf alle Fälle dokumentiert er mit allem - seinen makabren Humor! Vor etwa einem Jahr bekamen wir parallel einen Brief eines Anwaltes mit gleichem Inhalt.
    Wir sollten an einem festen, vorgegebenen Termin, eine Firma namens Rent-a-Box aufsuchen. Unsere Neugierde war wohl gleichgroß, wir trafen das erste Mal dort aufeinander. Diese Firma hatte genau im Jahre 1989 diese Geschäftsidee bekannt gemacht und die Lagerhalle neu gebaut. Das war etwa sechs Monate vor seinem Tod. Wenn ihre Idee gefloppt wäre, vielleicht hätten wir den schönen Seekoffer von Louis-Vuitton nie erhalten.
    Ein normales Erbe hätte er wohl über einen Anwalt oder Notar abgewickelt, aber das wollte er nicht oder es war ihm nicht gemein genug. Für zwanzig Jahre hatte er diese Lagerbox gemietet und die Gebühren wurden von einem Anwalt bezahlt. Die Firma sollte sich am Ende an den erwähnten Anwalt wenden, der wiederum den Auftrag hatte, uns

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