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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Nähmaschine, um sie abzubremsen, und betrat den Vorraum.
    Es war ein unerwarteter Besuch, den ich begrüßen durfte, und ich tat es mit großer Herzlichkeit. Hannah hatte nämlich Madame Mira zu mir begleitet.
    Die alte Dame wirkte weit gebrechlicher, als ich sie in Erinnerung hatte. Eine böse Grippe, erklärte sie, habe ihr einige Tage Unpässlichkeit verursacht. Es war aber wohl mehr als nur diese Krankheit, sie wirkte gebeugter und älter, stützte sich auf Stock und Hannah, während sie sich mit flinken Augen umsah.

    »Fräulein Hannah und die Kinder haben mir so viel erzählt von Ihrem Atelier, dass ich so lange gequengelt habe, bis sie mir erlaubten, Sie zu besuchen, Ariane.«
    »Sie können gar nicht quengeln, Madame Mira, das können nur Philipp und Laura. Aber schauen Sie sich nur in Ruhe um, Sie sollen eine exklusive Führung durch mein kleines Reich erhalten.«
    »Sehr hübsch hier.« Sie nickte anerkennend und zwickte der Schneiderpuppe, die eines meiner neuesten Modelle zur Schau stellte, in den Rock. »Schöner Stoff.« Dann zupfte sie an der Längsnaht. »Ist das mit der Maschine genäht?«
    »Ja, Madame!«
    Sie kramte in ihrem Retikül nach dem Zwicker, setzte ihn auf die Nase und untersuchte das Kleid gründlich.
    »Na ja, geht so.«
    »Also Madame Mira! Es ist allemal besser als huschelig mit der Hand geheftet.«
    »Ja, ja, ja.«
    Dann begutachtete sie den Anprobenraum selbst und dessen Einrichtung über den Rand ihres Zwickers hinweg und billigte sie mit den Worten: »Der Teppich macht etwas her.Wirkt hier besser als in Ihrem alten Zimmer. Auch die Vorhänge – schöne Farben, zurückhaltend, elegant. Fast so geschmackvoll wie mein Salon damals. Sehen Sie zu, dass Sie immer ein paar frische Blumen dekoriert haben, das zeugt von Großzügigkeit. Aber jetzt zum Arbeitszimmer, Mädchen. Das hier dient nur der Schau!«
    Ich öffnete die Tür zum Nähzimmer, und auch hier sah sie sich gründlich um, zerknitterte fachmännisch die Stoffe aus meinem Vorrat zwischen ihren kundigen Fingern und lauschte dem leisen Seidenschrei, der erklang, wenn hochwertiges Gewebe übereinander gerieben wurde. Es war ein zartes Knistern, vergleichbar mit dem Geräusch, den ein leichter Schritt auf frisch gefallenem Schnee erzeugte. Dann ließ sie sich die Bedienung der Maschine zeigen und grummelte mit gespielter Missbilligung,
dass Nähen auf so einfache Weise den Charakter verdürbe. »Aber verflixt noch mal, so einen Apparat hätte ich auch gerne gehabt.«
    Hannah war inzwischen in die Küche gegangen, um Kaffee zu kochen, und ich führte Madame Mira noch in meine kleine Schlafkammer. Auch sie hatte ich neu streichen lassen, die Wände leuchteten in einem blassen Gelb, den dunklen Kleiderschrank hatte Bette frisch gewachst und poliert, und über mein schmales Messingbett lag eine gelb und weiß geblümte Decke ausgebreitet. Ein mit demselben Stoff bespannter Paravent verbarg den Toilettentisch, und ein schmales Regal am Fenster bot meinen Büchern, einem Lackkästchen und einem Bilderrahmen Heim. Mehr Meublement passte aber wirklich nicht in das Zimmerchen hinein.
    Madame Mira ging ohne Umschweife auf das Regal zu und fischte die gerahmte Daguerrotypie heraus. Durch die Gläser auf ihrer Nase betrachtete sie die Aufnahme lange und sehr interessiert.
    »Ich wollte schon immer mal wissen, wie Ihr Ehemann aussah, Ariane.Verzeihen Sie einer alten Frau ihre Neugier.«
    Die Aufnahme hatte ich, ich gestehe es, bei unserem letzten Aufenthalt an Weihnachten aus dem kleinen Kaminzimmer meines Großonkels mitgehen lassen. Es war ein spontaner Raub gewesen, dessen ich mich ein wenig schämte. Einst hatte ich alle Bilder meines Gatten selig vernichtet, bis auf den zarten Scherenschnitt in meinem Medaillon. Es hatte mir daher einen solchen Stich versetzt, als ich sein Gesicht wiedersah, dass ich seit dem Sommer, als die Kinder die Aufnahme entdeckt hatten, immer wieder daran denken musste.
    »Ein schöner Mann, Ariane. Ein bisschen wild vielleicht, aber ein fescher, lebhafter Mann.« Sie zwinkerte mir zu. »Und ein ganzer Kerl, was?«
    »Ein Mistkerl, Madame. Aber ein schöner.« Ich nahm ihr sanft den Rahmen aus der Hand und stellte ihn wieder an seinen Platz. »Ich glaube, Hannah hat den Kaffee fertig gebrüht. Kommen
Sie, ich zeige Ihnen jetzt den gemütlichsten Raum, den wir haben.«
    Ich reichte ihr den Arm und führte sie langsam die Stufen zur Küche hinunter.
    Während wir uns an Mutzen und Kaffee stärkten, plauderte

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