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Goldener Bambus

Goldener Bambus

Titel: Goldener Bambus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anchee Min
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offensichtlich.
    Nixon wiederholte seine Frage.
    Die Übersetzerin brach in Tränen aus. Sie starrte in ihr Notizbuch und presste die Worte hervor: »Das geht über meine Pflicht hinaus.«
    »Pearl Buck ist eine gute Freundin von mir«, sagte Nixon. »Sie ist hier in Chinkiang aufgewachsen und hat mich gebeten, ihre Freunde zu begrüßen. Sie wäre so gern mitgekommen …«
    Ich konnte jedes Wort verstehen, obwohl ich ein paar Meter weit weg stand. Mir war, als müsste mir gleich das Herz in der Brust zerspringen.
    Da die Übersetzerin ihm eine Antwort schuldig blieb, wandte Nixon sich an die Menschen: »Kennt jemand von Ihnen Pearl Buck?«
    Totenstille.
    Der Schatten der Regierung hing wie eine dicke schwarze Wolke über unseren Köpfen.
    »Tut mir leid«, sagte Nixon nickend. Er drehte sich um und ging weiter zu seinem Wagen.
    »Warten Sie, Mr Präsident«, rief Rouge. »Meine Mutter kennt Pearl.«
    »Ihre Mutter?« Nixon war hocherfreut.
    »Ja, meine Mutter. Sie kannte Pearl Buck, und sie ist auch hier.« Rouge schob mich in Nixons Richtung.
    Bevor die chinesischen Wachen reagieren konnten, ging Nixon zwischen ihnen hindurch und blieb vor mir stehen. Die Wachen blickten verwirrt drein. Offensichtlich wussten sie nicht, wie sie mit der Situation umgehen und Nixon aufhalten sollten. Nixons Leibwächter blieben dicht bei ihrem Präsidenten, so dass die chinesischen Wachen nicht nahe genug an ihn herankamen.
    »Sie kennen also Pearl Buck?«, fragte Nixon.
    »Wir alle hier kennen sie«, antwortete ich auf Englisch. »Wir kennen nicht nur Pearl, wir kannten auch ihren Vater, Absalom, und ihre Mutter, Carie … Pearl und ich sind zusammen aufgewachsen.« Ich hatte Mühe, meine Tränen zurückzuhalten.
    »Wie schön, dass Sie Englisch sprechen!« Nixon strahlte. »Wie heißen Sie?«
    »Der Name meiner Mutter ist Weide Yee«, antwortete Rouge für mich.
    »Richard Nixon.« Der amerikanische Präsident hielt mir die Hand hin. »Es freut mich, Sie kennenzulernen, Weide Yee.«
    Als ich seine Hand berührte, flossen meine Tränen in Strömen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich Pearl nie wiedersehen würde, überwältigte mich.
    »Was bedeuten die Sprüche auf diesen Spruchbändern?«, fragte Nixon. »Und warum werden sie gerade abgemacht?«
    »
Berge stehen für immer aufrecht
heißt, dass wir in unseren Herzen weiter für Pearls Rückkehr beten«, antwortete ich. »
Es gibt genug Feuerholz für alle
bedeutet, dass wir uns keine Sorgen machen, denn es wird sich eine neue Gelegenheit ergeben.
Solange es dauert
heißt, dass wir auf Gott vertrauen.«
    »Gute Sprüche!« Nixon nickte. »Jetzt verstehe ich es.«
    »Mr Präsident, warum ist Pearl nicht bei Ihnen?«, ertönten Stimmen aus der Menschenmenge. »Warum ist sie nicht mitgekommen?«
    »Nun, liebe Leute«, sagte Nixon lächelnd, »ich kann Ihnen nur sagen, dass Pearl unbedingt kommen wollte. Glauben Sie mir, sie hat alles versucht. Wirklich alles!«
    »Bitte helfen Sie, dass sie uns besuchen kann, Präsident Nixon«, flehte ich. »Tun Sie es für Pearl und für uns alle hier.«
    »Bitte versuchen Sie es, Mr amerikanischer Präsident«, wiederholte die Menschenmenge.
    »Das werde ich«, erwiderte der Präsident, und wir hörten an seiner Stimme, dass er es ehrlich meinte.
    Da ich wusste, was mich erwartete, wenn Nixon wieder weg war, sagte ich noch schnell: »Präsident Nixon, würden Sie Pearl bitte mitteilen, dass ihre Freundin Weide sie vermisst und dass die ganze Stadt Chinkiang sie vermisst?«
    »Ich verspreche es Ihnen«, sagte Nixon und presste die Lippen aufeinander.
    Nixon und seine Wachen waren kaum weggegangen, da nahmen mich die Regierungsbeamten fest.
    »Madame Mao hat mich beauftragt, diesen Fall in die Hand zu nehmen«, sagte Wegbereiter. »Ihre Tage sind gezählt!«
     
    Vier Verbrechen wurden mir zur Last gelegt: erstens, die Beleidigung Madame Maos; zweitens, der Verrat nationaler Geheimnisse an Nixon; drittens, Beschädigung des Ansehens Chinas durch herabsetzende Spruchbänder; viertens, und das war der schwerwiegendste Vorwurf, eine von Pearl Buck »beauftragte Agentin« zu sein.
    Doch ich war nicht besiegt. Im Gegenteil, ich schwelgte in der Erinnerung an meine Begegnung mit Nixon. Ich stellte mir vor, wie er nach Hause kam und Pearl traf. Dass er ihr sein Erlebnis beschrieb. Pearl wäre glücklich und würde sagen: »Weide. Natürlich kenne ich Weide. Sie war meine beste Freundin.«
     
    Das Gefängnis wurde von den Insassen Eselsloch genannt. Es war

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