Goldener Bambus
sicher, ob Deine Mutter Dir erzählt hat, was Absalom passiert ist. Er war zu weit ins Landesinnere gefahren und wurde wieder vom Mob mit Steinen beworfen. Gott sei Dank ist es für ihn selbst glimpflich ausgegangen. Zwei seiner chinesischen Schüler sind leider gestorben. Wenn Absalom auf Predigtreisen ist, hält Papa den Gottesdienst ab. Seine Predigten sind viel besser geworden. Absalom ist so zufrieden mit ihm, dass er jetzt noch längere Reisen macht, obwohl Deine Mutter unter seiner Abwesenheit leidet.
Leider gibt es eine weitere schlechte Nachricht zu berichten: NaiNai ist letzten Monat gestorben. Dank Absaloms Mühen war sie schließlich konvertiert. Papa bestand darauf, Absaloms Rückkehr abzuwarten. Absalom sollte den Trauergottesdienst abhalten, denn Gott würde dessen Wünsche für NaiNais nächstes Leben am ehesten erfüllen. Papa wollte kein Risiko eingehen. Wir dachten alle, Warten sei zwecklos, weil Absalom so weit weg war. Als Carie ihn vor ein paar Monaten bat zurückzukommen, weil es ihr so schlecht ging, hatte er sich geweigert. Wir hatten also kaum Hoffnung.
Aber Absalom kam. Er war Tag und Nacht auf seinem Maulesel geritten. Das Tier ist zusammengebrochen! NaiNai hat großes Glück, denn ihre Reise in den Himmel wurde von Absalom gesegnet. Für Chinesen ist ein guter Tod wichtiger als eine gute Geburt.
Carie ist jetzt allein, weil Deine Schwester in Shanghai zur Schule geht. Absalom hat seine Reise einen Tag nach NaiNais Beerdigung fortgesetzt. Für Carie wollte er nicht zu Hause bleiben. Aber das überrascht Dich sicher nicht.
Papa ist es gelungen, zahlreiche neue Leute zum Konvertieren zu bewegen. Einige davon hatte er zuvor auf NaiNais Beerdigung eingeladen. Absalom hatte ihnen besser gefallen als ihr Hauptmönch im buddhistischen Tempel. Aber es gibt auch Ärger. Einer der Männer hat mehr als eine Frau, und ein anderer ist Alkoholiker. Absalom hatte sie zuvor für ungeeignet erklärt, aber Papa hat die Papiere gefälscht. Ob Papa jemals dazulernt? Er ist ganz besessen von dem Wunsch, Absalom zu gefallen.
7 . März 1914
Liebe Pearl,
Carie hat mir Deinen Brief gezeigt. Ich gratuliere Dir zu Deiner neuen Beliebtheit. In nur einem Jahr hast Du es geschafft, zur Klassensprecherin gewählt zu werden, obwohl Du zuerst keine Freunde finden konntest. Herzlichen Glückwunsch auch zum Gewinn der höchsten Auszeichnung beim Schreibwettbewerb. Anscheinend konntest Du aus Deinem chinesischen Hintergrund guten Nutzen ziehen. Übrigens, kennen die Menschen im Westen Konfuzius?
Vielleicht weißt Du schon von Deiner Mutter, was mir passiert ist. Ich war in den ersten Monaten schwanger, als ich meinen Ehemann verlassen habe. Es ging mir furchtbar mit seiner Frucht im Bauch. Ich hatte überlegt, die chinesische Kräutermedizin zu nehmen, um den Fötus abzutreiben. Meine Mutter war an der Medizin gestorben, Du kannst Dir also denken, was für eine Angst ich hatte.
Aber vor etwa drei Wochen fing ich an zu bluten. Ich ging zu Deiner Mutter, um sie um Hilfe zu bitten. Noch bevor ich den Mut aufbrachte, ihr die Wahrheit zu sagen, ist sie selbst drauf gekommen. Die Blutung hatte nicht aufgehört, so dass sie wusste, dass ich eine Fehlgeburt hatte. Sie meinte, ich hätte sterben können, wäre ich nicht zu ihr gekommen. Ich habe nur geweint. Sie ging mit mir zum Arzt in der britischen Botschaft, wo ich ohnmächtig wurde, als er fertig war. Jetzt geht es mir viel besser, und das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass ich vielleicht nie Kinder bekommen kann. Das macht mich sehr traurig.
Carie gibt mir Klavierunterricht. Sie hatte recht, Musik hilft heilen und bringt mich Gott näher. Seit wir Kinder waren, wollte ich Klavierspielen lernen. Für mich ist wirklich ein Traum in Erfüllung gegangen.
Carie hat mir die Verantwortung für die Grundschüler übertragen. Hat sie Dir erzählt, dass unsere Kirchenschule erweitert wurde? Bald werden wir eine Mittelschule haben. Anstatt drei Klassen gibt es jetzt fünf. Die Schule ist inzwischen so populär, dass sogar einige Einheimische ihre Töchter zu uns schicken. Du erinnerst Dich sicher noch, wie schwierig es war, Bauernfamilien zu überzeugen, ihre Kinder etwas lernen zu lassen. Dieses Jahr mussten wir sogar einige Bewerber abweisen, weil wir nicht genug Platz hatten. Papa hat das Problem dem Gouverneur von Jiangsu unterbreitet, der daraufhin versprach, ein Stück Land für die Erweiterung der Schule bereitzustellen. Zimmermann Chan wird die Bauarbeiten
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