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Goldener Reiter: Roman (German Edition)

Goldener Reiter: Roman (German Edition)

Titel: Goldener Reiter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Weins
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Auto. Die Fahrertür steht offen. Der Arzt will in das Auto einsteigen.
    Lassen Sie mich in Frieden, sagt der Arzt. Ich habe es Ihnen mehrfach gesagt. Irgendwann ist meine Geduld erschöpft.
    Du Arschloch!, brüllt meine Mutter. Sie ist rot im Gesicht, aber nicht so rot wie das Auto. Sie hält den Arzt am Kittel fest. Sie keucht. Hinter ihr rauschen die Bäume. Der Parkplatz dreht sich. Die Bäume drehen sich und der Asphalt unter meinen Füßen.
    Loslassen, sagt der Arzt. Lassen Sie meinen Arm los. Der Arzt reißt sich los. Er steigt ins Auto und wirft die Tür zu.
    Arschloch!, brüllt meine Mutter dem Wagen hinterher.
    Ich sehe meine Mutter an, die mir gegenüber am Tisch sitzt. Draußen ist ein Arzt in sein Auto gestiegen.
     
    79
    Ich sehe den Fahnen zu, wie sie im Wind flattern. Es sind sieben Fahnenmasten in einer Reihe. Mit sieben Hansaland-Fahnen daran. Sie flattern vor einem grauen Himmel, dunkle Wolken drängen sich darüber. Die Kordeln, mit denen man die Fahnen hochzieht, schlagen gegen die Fahnenmasten. Ich mag das Geräusch, wenn die Kordeln gegen die Masten schlagen. Das erinnert mich ans Meer. Es klingt, als wäre ich in einem Hafen mit Segelbooten, in einem Jachthafen. Ein Jachthafen klingt so. Das Klappern von den Kordeln auf dem Metall.
    Das Meer ist ganz in der Nähe, obwohl ich es nicht sehen kann. Ich sehe nur die Hansaland-Fahnen und die Loopingbahn vor mir. Es ist windig. Ich esse ein Cornetto Erdbeer. Ich sitze auf einer Bank. Es riecht nach Heckenrosen. Ich habe mir ein Eis gekauft.
    Meine Mutter und Mark fahren mit der Loopingbahn. Ich sitze auf einer Bank. Ich weiß nicht, in welchem Wagen Mark und meine Mutter sitzen. Ich habe nicht aufgepasst. Es sind immer zwei Wagen unterwegs.
    Ich habe keine Lust, mit der Loopingbahn zu fahren. Ich mag nicht auf dem Kopf stehen. Ich mag nicht langsam die Steigung hochkriechen und wissen, dass danach das Gefühl im Bauch kommt. Ich kenne das Gefühl aus der Wasserrutsche. Die Wasserrutsche ist nicht so gefährlich, die Steigung ist nicht so hoch. Mark und meine Mutter sind zum dritten Mal in der Loopingbahn. Meine Mutter ist noch nie Looping gefahren. Zumindest weiß ich nichts davon. Vielleicht fährt sie heimlich Looping. Dreimal hintereinander Looping, das ist nicht normal. Das macht kein normaler Mensch. Mütter fahren nicht mit der Loopingbahn. Mütter stehen draußen und gucken zu. Sie nehmen die Jacken von den Kindern und halten ihr Eis. Mütter stehen am Rand und winken.
    Ich habe mein Eis aufgegessen. Ich habe keine Lust zu winken. Ich habe die Schokolade gegessen, die unten in der Waffel ist. Mark und meine Mutter kommen aus der Loopingbahn. Sie kommen auf meine Bank zu. Ich mag ihnen nicht entgegengehen. Ich finde, sie verhalten sich nicht richtig. Meine Mutter lächelt. Sie sieht glücklich aus. Mark sieht normal aus, wie immer.
    Mensch Joni, sagt meine Mutter. Du sitzt hier bloß rum. Komm, fahr doch auch mal. Das bringt richtig Spaß. Sie guckt zur Loopingbahn, wo gerade ein Wagen im Looping steckt. Hui, macht meine Mutter.
    Nein, sage ich, keine Lust.
    Wisst ihr was, sagt meine Mutter. Ich glaube, ich fahre noch einmal. Das bringt so einen Spaß.
    Können wir nicht woanders hingehen?, frage ich. In die Westernstadt?
    Mach doch, sagt meine Mutter. Ich fahre Looping. Looping Looping Looping.
    Sie lacht. Sie sieht glücklich aus beim Lachen. Sie weiß, dass ich nicht allein in die Westernstadt gehe. Kommst du mit in die Westernstadt?, frage ich Mark.
    Weiß nicht, sagt er. Er guckt in die Heckenrosen.
    Mark fährt mit mir Looping, sagt meine Mutter. Nicht wahr, Mark? Sie legt ihm den Arm um die Schultern.
    Ich steche die Gabel in meine Torte. Ich habe ein Stück Marzipantorte genommen. Es hat angefangen zu nieseln. Wir sitzen auf der Terrasse vom Café unter einem Sonnenschirm. Meine Mutter ist achtmal hintereinander mit dem Looping gefahren. Irgendwann hat sich Mark zu mir auf die Bank gesetzt.
    Meine Mutter isst ihr zweites Stück Erdbeertorte. Sie hat uns etwas im Souvenir-Shop gekauft. Mir hat sie eine Muschelkette gekauft. Eine braune Muschelkette aus kleinen Muschelringen. Mark hat eine Schlüsselanhängerrobbe bekommen. Aus echtem Robbenfell. Sie schiebt sich die Torte in den Mund. Meine Mutter lacht.
    Klasse, sagt sie mit vollem Mund. Wisst ihr, früher bin ich nie Looping gefahren. Das habe ich mich nie getraut. Könnt ihr euch das vorstellen? Mann, war ich ein Feigling! Ein richtiger Angsthase. Genau wie Joni. Sie lacht. Ich kann

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