Goldfalke (German Edition)
auf seinen Schultern hockten und mit ihren winzigen Stacheln wippten.
Die Männer, die der Wesir mitgebracht hatte, waren allesamt grau gekleidete Menschenfresser. Sie nahmen draußen im Treppengang Aufstellung. Damit war endgültig der einzige Fluchtweg verschlossen wie ein Flaschenhals durch einen Korken.
„Was willst du, Chunkar?“, fragte Damon, und es klang nicht e rfreut.
Der Wesir hob beschwichtigend die Hände. „Ich war nur um deine Sicherheit besorgt, erhabener Gebieter! Als ich hörte, dass diese kleine Hexe hier eingedrungen ist, musste ich sichergehen, dass dir nichts geschieht.“
„Das ist lächerlich!“ Der Zorn verletzten Stolzes schwelte im Raum. „Sie ist nur ein kleines, armseliges Ding! Was immer dein Dschinn dir an Gerüchten über sie zugetragen hat, sie sind, wie du zweifellos selbst sehen kannst, maßlos übertrieben.“
Chunkar zog den Kopf ein. „Aber sie ist gefährlich, mein Sultan ! Sie und ihre beiden Helfershelfer haben unsere westlichen Verbände unter Wasser gesetzt, sie grausam ertrinken lassen und …“
„Na wenn schon!“ Als würde Damon eine Fliege verjagen, wischte er den Einwand seines Wesirs beiseite. „Warum langweilst du mich mit etwas, das ich schon weiß?“ Erneut streckte er die Hand nach Kiana aus. „Gib mir jetzt den Schleier, meine Liebe!“
E ine Schlange kam durch die Wand.
Die Seidentapete riss einfach auf, etwas Sand rieselte heraus, und die Schlange fiel zu Boden. Eine armdicke, graue Natter, die schnurstracks auf Damon zuschlängelte.
Der Löwen-Sultan zögerte nicht lange. Ein Feue rstrahl aus der Wandfackel entlud sich auf das Tier. Zuckend verbrannte es zu Damons Füßen. Doch durch das Loch in der Tapete kamen weitere Schlangen.
Die beiden Skorpione auf Chunkars Schultern stel lten ihre Schwänze steil auf. Der Wesir zog seinen Krummdolch aus der reich verzierten Scheide an seinem Gürtel, doch mühelos tötete sein Sultan jede Schlange, die aus dem Loch hervor kroch, bevor Chunkar einen einzigen Stich machen konnte.
Offensichtlich waren die Schlangen für Damon keine Gefahr. Dafür lebten sie nicht lange genug. Aber sie waren eine Ablenkung. Kiana spürte, dass das alles war, was sie an Chancen bekommen würde. Mit einem Sprung war sie bei Damon, warf ihm den Schleier über den Kopf und sprang zur Seite, als Chunkar seinen Dolch nach ihr stieß.
Der Schleier hing ziemlich schräg auf Damon und bedeckte nur seinen Kopf und eine Schu lter. Kianas Stimme war ein einziges Krächzen: „Damon, verteidige mich!“
Oh Gott, was, wenn man ein Za uberwort brauchte, um die Kräfte des Lähmenden Schleiers zu nutzen? Was, wenn diese Kräfte bei Damon nicht wirkten? Kiana fühlte sich selber wie gelähmt. Was, wenn ...
Aber Damon gehorchte. Blitzschnell schoss er den Feuerstrahl auf Chunkar ab. Zielgenau, obwohl Damon durch den dicken schwarzen Stoff bestimmt kaum etwas sehen konnte. Außer vielleicht Chunkars Füße.
Der Wesir wollte aufkreischen, man sah seinem aufgerissenen Mund deutlich an, dass er au fkreischen wollte, doch bevor er nur einen Ton herausbrachte, fuhr der Feuerstrahl wie ein glühender Speer durch Chunkars stämmigen Bauch hindurch und verschmorte die Wand dahinter.
Der Wesir stürzte zu Boden. Sein Mund blieb offen, ein stummer Todesschrei. Der Geruch nach verbrannter Seide und verkohltem Fleisch breitete sich aus, als das Leben aus Chunkars fassungslosen Augen wich. Die beiden kleinen Skorpione fielen von dem Toten ab und flüchteten unter einen Frisiertisch.
Einer der Menschenfresser tauchte im Türrahmen auf. Mit gezücktem Dolch sprang er auf Kiana zu.
Die Nähe des Todes ließ Kianas Stimme ins Schrille u mschlagen: „ Damon, verteidige uns! “ Sie packte die Hand ihrer Mutter.
Der Feuerstrahl glühte auf, und der Menschenfresser starb, als das Feuer ihn in die Brust traf.
An dere Graugewandete zwängten sich herein. Sie wirkten momentan orientierungslos, führerlos, ratlos. Und fielen den Feuerstößen aus der Hand ihres Gebieters zum Opfer.
„Jetzt raus hier!“ Ein zarter Spross neu gekeimter Hoffnung festigte Kianas Stimme. „Geh voran, Damon, führe uns den schnellsten Weg nach oben und bekämpfe jeden, der sich uns in den Weg stellt! Und lass nicht zu, dass man dir den Schleier vom Kopf zieht!“ Sie zerrte ihre Mutter auf die Beine und hinter sich her zur Tür.
Die Menschenfresser draußen im Gang wichen zurück, während ihr Herr auf dem Weg nach oben nacheinander alle Wandfackeln in Feuerbögen
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