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Goldfalke (German Edition)

Goldfalke (German Edition)

Titel: Goldfalke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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verwandelte und sie auf die Graugewandeten abschoss. Mit schauriger Ruhe metzelte Damon seine Getreuen nieder.
    Kiana blieb dicht hinter ihm, stieg atemlos vor Grauen über die Leichen hinweg, zog ihre Mutter mit sich und merkte, dass mit dieser etwas passierte. Mit jeder Treppenstufe wurden Elinas schlurfende Schritte kräftiger. Wacher. Mit jeder Treppenstufe löste sich die Starre, in der Elina gefangen war, ein bisschen mehr. Mit jeder Treppenstufe strömte ein bisschen mehr Leben in sie zurück.
    Al s sie im Erdgeschoss angelangten, veränderte sich die Lage schlagartig. Denn nun eilten mehrere Skorpionkrieger herbei und versuchten mit selbstmörderischer Besessenheit, den Schleier vom Kopf ihres Gebieters zu ziehen. Damons Feuer schmorte sich einen grausigen Weg durch die Skorpionleiber hindurch und setzte Wandbehänge in Brand, aber immer mehr Skorpione rückten nach. Es war abzusehen, dass es einem von ihnen früher oder später gelingen würde, den Schleier zu fassen zu kriegen.
    Elinas bisher schlaffe Finger erwachten, regten sich, verschränkten sich mit Kianas, übernahmen jetzt die Führung, stark und sicher. Wie Mutterfinger. Auf einmal war es Kiana, die hinter ihrer Mutter hergezogen wurde, als Elina den Sultan überholte, anmutig unter seinen Feuerstößen hindurchtauchte und den Gang hinter dem Thronsaal entlang rannte, zu schnell, als dass die überraschten Skorpione reagieren konnten. Ohne ihr Tempo zu verringern, riss sie mit ihrer freien Hand ein mit Löwenornamenten besticktes Seidentuch von der Wand und nahm es mit sich.
    „Töte jeden, der uns folgen will!“, konnte Kiana Damon gerade noch zuschreien, als am Ende des Gangs zwei Ghule mit erhobenen Speeren auftauchten und Elina zwangen, in den Treppenschacht auszuweichen, der in den Hauptturm führte. Mit seiner fleischigen Pranke griff einer der Ghule nach Kiana, bevor sich ein Feuerstrahl durch seinen gedrungenen Leib fraß. Kiana schaute nicht zurück, hörte nur, wie der andere Ghul seine verblüffte Wut herausschrie, bis das Gebrüll schlagartig erstarb. Elina rannte noch schneller die Treppe hoch.
    Und Kiana stolperte hinter ihr her. „Moment!“, japste sie. „Wenn wir den Turm hinauf rennen, sind wir in der Falle. Wir haben keinen fliegenden Teppich, um von dort zu entkommen.“
    „ Wir brauchen keinen.“ Diese Worte Elinas übertönten kaum die Rufe der Menschenfresser im Erdgeschoss, und dennoch waren sie mit einer solchen Entschlossenheit gesprochen, dass Kiana entgegen aller Bedenken ihrer Mutter folgte. Immer weiter den Turm hinauf. Ihre Hand schmerzte bereits von Elinas festem Griff. Auch Elina keuchte immer stärker, stürmte aber unaufhaltsam weiter die Treppe hoch. Immer höher.
    Nach u nzähligen Treppenstufen fühlten sich Kianas Beine bleischwer an. Durch die Anstrengung wurde ihr so schwindlig, dass sie fast den Eindruck bekam, die Wand des kahlen Treppengangs würde auf sie zukommen.
    Drei Treppenstufen später begriff sie, dass sich die Wand ringsum tatsächlich bewegte, vor und zurück, vor und zurück, wie ein würgender Schlund. Schon stießen Kianas Ellbogen beidseitig an diese Wand an, was ihre ermatteten Schritte über die Belastungsgrenze hinaus beschleunigte.
    Nach Ewigkeiten erreichte sie mit Elina die Turmspitze. Dort lag noch immer Kianas Tasche, die sie beim Einstieg in den „Brunnen“ liegen gelassen hatte. Sie wollte gerade danach greifen, als sich der Treppenschacht so weit verengte, dass sie befürchtete, er würde sie zerquetschen. Da sprang ihre Mutter aus dem Ausguckfenster in die Tiefe.
    U nd zog Kiana mit sich.
    Kianas Schrei starb noch im Entstehen, als sie auf eine harte Fläche prallte. Ein paar geschnappte Atemzüge vergingen, bis sie merkte, dass sie bäuchlings auf dem seidenen Wandbehang lag, den ihre Mutter mitgenommen hatte. Steif wie ein Brett schwamm das dünne Gewebe in der Luft, beschleunigte und flog davon, als wäre es ein fliegender Teppich, offensichtlich gesteuert von Elina, die neben ihrer Tochter kniete.
    Wie ein straffe r Bürstenstrich kämmte der Fahrtwind Kianas Haare nach hinten. Der dünne Wandbehang flog so schnell, wie sie es bei keinem Teppich jemals erlebt hatte. Was ihr eine Ahnung davon vermittelte, über was für Zauberkräfte ihre Mutter verfügte.
    Ein vorsichtiger Blick nach hinten zeigte Kiana, dass die Sonne bereits halb hinter dem Horizont verschwunden war. Und dass niemand ihnen folgte. Offenbar waren die Graugewandeten noch immer mit ihrem Sultan

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