Goldfalke (German Edition)
pustend die Luft aus. „Wie schräg ist der Typ denn drauf?“
Amir presste die Lippen zusammen und schaute starr ger adeaus, was Kiana zeigte, dass er genau verstanden hatte, wovon sie redete. „Ich werde dich begleiten“, bestimmte er.
„Echt jetzt?“ Nesrin verschränkte die Arme. „Wir haben die ganze Nacht durchgemacht, schon vergessen? Haben wir da nicht ein bisschen Abchillen verdient?“
In einer Geste, die fast schon wie eine Gewohnheit wirkte, legte sich Amirs Hand um den Griff des Vierklingendolches in seinem Gürtel. Nun, da alle Außenklingen eingefahren waren, wirkte die Waffe wie ein Schwert in einer kostbaren Scheide. „Ich bin viel zu aufgedreht, um jetzt zu schlafen. Aber du musst nicht mit, Nesrin. Ich beschütze Kiana schon.“
„ Nein, nein, schon okay. Klar gehe ich auch mit. Wir sind ein Team, oder? Außerdem: Wenn ich hier bleiben würde, hätte ich Angst, was zu verpassen. Ihr seid doch noch da, wenn wir zurückkommen, oder, Papi?“
„ Wenn ich es richtig verstanden habe“, antwortete der Riesenvogel, „geht es darum, ein Menschenleben vor einem sinnlosen Tod zu retten. Wenn du zu dieser Rettung etwas beitragen kannst, meine Tochter, solltest du es tun. Können wir auch helfen?“
„Nein, Papi, ich denke, wenn ihr in der Trüben Welt auftaucht, kriegen alle dort vo ll die Krise. Wir müssen ja nur einem durchgeknallten Jungen den Zünder wegnehmen. Nachdem wir heute Nacht dem Schrecklichen Sultan kräftig eins auf die Backe gehauen haben, werden wir das auch noch schaffen.“
„Dann wü nschen wir euch viel Erfolg“, erwiderte ihr Ziehvater. „Selbstverständlich warten wir hier auf euch. Schließlich gibt es mit unseren Freunden hier im Palast viel zu besprechen.“
„Willst du dich nicht zuerst mit einem Frühstück stä rken, Kind“, schlug Oma vor, „bevor du dich in ein weiteres Abenteuer stürzt? Das Mahl, das Avas dienstbare Geister uns bereiteten, mundet vorzüglich.“
„Nein danke, Oma “, entgegnete Nesrin. „Von gegrillten Schlangen muss ich immer pupsen.“
„Wer nicht?“, meinte Miro. „Aber wir sind im Fre ien, also sei’s drum!“
Kurze Zeit später saßen Fatima, Amir, Kiana sowie Nesrin mit Baski auf ihren Teppichen und flogen über die Wüste, die im Morgenrot wie aufgefrischt wirkte. Als hätte jemand über Nacht die scharfen Bruchkanten der Sanddünen nachgezogen, um die Schrecken der vergangenen Schlacht zu übermalen. Es war die Tageszeit, in der die Wüste noch mit sich reden ließ, weil sie von der schläfrigen Sonne nur sachte berührt und noch nicht gemartert wurde.
„Brauchst du überhaupt noch einen fliegenden Te ppich, Ki?“, fragte Nesrin. „Du kannst doch ab jetzt immer deine coole Vogelnummer abziehen.“
Müde winkte Kiana ab. „Mit dem Falken zu verschmelzen hat mich so viel Kraft gekostet, dass ich nach kurzer Zeit kaum noch die Flügel heben konnte. Ich denke, das muss ich erst üben.“ Aber nicht jetzt. Jetzt brauchte sie ihre ganze Kraft. Das Einzige, was ihr inzwischen fast schon mühelos gelang, war, durch die Augen des Goldfalken zu schauen. Alles andere würde sie heute überfordern.
Goldfalke - Seit Kiana dieses Wort aus dem Munde ihrer Mutter gehört hatte, wusste sie in ihrem Herzen, dass dies ihr wahrer, geheimer Name war, das letzte Stück des Rätsels über die neun Teile ihrer eigenen Persönlichkeit.
Sie ließ ihren Dschinn höher steigen und einen weiten Kreis ziehen, genoss die Vogelsicht auf die Weite der Wüste und suchte dabei den Horizont ab, konnte aber vom Bunten Basar weit und breit noch nichts erkennen. Kein verräterischer Farbklecks, kein Aufblitzen von Metall, gar nichts. Es war ihr schleierhaft, wie Nesrin beziehungsweise Baski mit traumwandlerischer Leichtigkeit den Weg … Was war das?
Angezogen von einer ungewöhnlichen Bewegung dre hte der Falke den Kopf und entdeckte ein helles Feuer, das wie ein Komet über den Morgenhimmel schoss - der Brandadler.
Farid.
Er flog in die Richtung, in der, da war sich Kiana halbwegs sicher, die Ruine der Karawanserei lag. Was wollte er da draußen, und dann noch in dieser, wie sie nun wusste, kraftraubenden Vogelform? Suchte er seinen Vater?
Der brennende Adler wandte ihr den Blick zu. Zwar konnte es Kiana auf die Entfernung hin selbst mit Falkenaugen nicht genau erkennen, doch es musste so sein, denn sie spürte das Feuer dieses Blicks bis unter die Rippen. Auf einmal erschien die Wüste heißer. Heißer und heller und …
„Pass doch
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