Goldfalke (German Edition)
rson.“ Sie wandte sich an Kiana. „Nur das Wasser ist kostenlos, wohl gemerkt, alle anderen Leistungen haben ihren Preis.“
Auf Kianas alarmierten Blick hin winkte Nesrin ab. „Bleib locker, Ki, ich habe genug Gold dabei.“
Zufrieden erhob sich die Hüterin der Oase. „Dann mache ich jetzt euer Essen fertig. Genießt euer Bad!“ Sie ging nach draußen und ließ die Zeltplane zufallen.
„Zabibie ist sehr freundlich“, meinte Kiana. „Sind die beiden Männer, die bei der Dromedarherde stehen, ihre Angehörigen?“
„N ein, das sind wohl Gäste wie wir. Sie lebt allein.“
„Hat sie denn keine Angst, so allein hier mitten in der Wüste?“
„ Na ja, sie ist nicht ganz allein, denn eigentlich ist da noch ihr Bruder, aber der ist, wie soll ich sagen, ungewöhnlich. Zabibie kommt schon zurecht. Wer frech wird, dem zeigt die Launische Palme schon, wo der Hammer hängt. Das ist die riesige Dattelpalme am Ufer, nicht zu übersehen. Du hast sie bestimmt beim Anflug bemerkt.“
„Und diese Dattelpalme kann … was?“
„Ich habe die Launische Palme selber noch nie sauer gesehen, aber Achmed hat mal versucht, gegen ihren Stamm zu pinkeln, hab ich gehört. Ganz blöde Idee! Anscheinend hat er die Geschichten über sie nicht geglaubt. Auf jeden Fall hat sie ihm einen ihrer Palmwedel voll in die Eier gehauen.“ Sie kicherte. „Und dann ist da noch Zabibies Dschinn. Der sieht zwar aus wie eine träge Qualle, hat aber erst letztes Jahr einen notgeilen Ziegenhirten ins Wasser geschmissen, als der Zabibie an die Wäsche wollte.“
Obwohl sich Kiana ganz gut an Nesrins ausländisch eingefärbte Sprache gewöhnt hatte, konnte sie nicht immer alles auf Anhieb verstehen, doch inzwischen hatte sie herausgefunden, dass sie von allen möglichen Bedeutungen einfach nur die Schamloseste annehmen musste, und schon ergaben Nesrins Worte einen Sinn.
„Aber als Schutz vor Damons Armee reicht die Palme nicht“, gab Kiana zu Bedenken.
„Nein.“ Plötzlich ernst geworden nippte Nesrin an ihrer Limonade. „Vermutlich nicht.“
Mit frisch gebadetem Wohlbehagen saßen die Mädchen unter dem Vordach des großen Zeltes, ließen ihre Haare trocknen und ihre Seelen schwingen im wunderschönen Gesang der Windspiele und der Vögel im Uferbewuchs. Soeben hatte Zabibie die Suppenteller abgeräumt und servierte nun den Reispudding mit Joghurtcreme und saftigen Weintrauben. Es war traumhaft.
Die beiden Männer, die bei der Dromedarherde gestanden hatten, kamen herein, grüßten und nahmen Platz. Beide trugen weite beigefarbene Mäntel, braune Turbane und Vollbärte. Einer war deutlich älter als der andere.
Zabibie brachte den Männern Suppe. „Darf ich euch einander vorstellen? Die Herren hier sind mein treuer Freund Eren und sein Sohn Munir, die ihre Jährlinge seit vielen Jahren bei mir tränken, bevor sie die Tiere im Bunten Basar feilbieten. Und die Damen sind Nesrin und Kiana aus dem Schimmernden Palast. Nesrin hat sich nach dem Schrecklichen Sultan erkundigt.“ Sie beugte sich zu dem älteren der beiden Männer. „Habt ihr eine Ahnung, wo er sich aufhält? Als Kameltreiber kommt ihr doch weit herum.“
Als Eren das Wort ergriff, konnte man sehen, dass sein rechter Eckzahn abgebrochen war. „Kiana, die Verwüsterin? Die vor ein paar Tagen den Bunten Basar dem Erdboden gleichgemacht hat?“ Anschaulich fegte seine rechte Hand über seine Knie hinweg.
Verbissen zwang sich Kiana, den Blick nicht b eschämt zu senken, sondern sich mit einem mutigen „Ja“ zu ihrer Verfehlung zu bekennen.
„Verdenken kann ich es dir nicht, so wie die Preise dort derzeit sind.“ Eren nickte ihr mit überraschendem Respekt zu und wandte sich dann an ihre Freundin: „Und Nesrin - den Namen kenne ich auch. Bist du etwa die Simurgh-Tochter?“
Nesrin schluckte die Weintraube h inunter, die sie im Mund hatte. „Ja, das bin ich.“ Sie pickte sich eine neue Traube.
„ Es stimmt also wirklich, was man sich erzählt?“, erkundigte sich der Mann weiter. „Dass du bei den Simurgh aufgewachsen bist?“
Als Nesrin kauend Zustimmung nuschelte, rief der jüngere Kameltreiber aus: „Das muss furchtbar gewesen sein! Allein als Mensch unter lauter Vögeln, und nur mit Schlangen als Nahrung.“
„Es gab nicht nur Schlangen“, erwiderte Nesrin. „Mein Ziehvater hat sich bemüht, auch and ere Nahrung für mich zu beschaffen. Klar war es voll öde, dass ich als Kind keine menschlichen Spielkameraden hatte, aber dafür habe ich sehr viel
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