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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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unbedingten Treue zu allem, was ihm lieb und teuer ist. Und dazu zählt eben nicht das Gold allein! Sondern auch sein Glaube und sein Stolz.
    Doch ich habe Cortés’ Worte noch nicht zu Ende übersetzt, da verzerrt sich Montezumas Antlitz erneut in maßlosem Zorn. Seine Wachen reißen ihre Waffen hervor und dringen von allen Seiten gleichzeitig auf uns ein. Auch unsere Männer ziehen ihre Schwerter und nehmen Kampfstellung ein.
    Zweifellos hätte im nächsten Moment ein schreckliches Gemetzel begonnen, doch da hebt Montezuma beide Hände und ruft aus: »Lasst die Waffen schweigen! Wer an diesem heiligen Ort sein Schwert erhebt, gehört den Göttern! Jeder, ausnahmslos! Wer er auch sei oder zu sein vorgibt – er wird geopfert werden!«
    Cortés und Montezuma messen sich mit Blicken. Unser Herr macht keinerlei Anstalten, irgendetwas zu erwidern. Doch sein Gesichtsausdruck und seine ganze starre, stolze Haltung drücken aus, dass er nichts bereut und niemals zurückweichen wird. Ganz im Gegenteil, das kann Montezuma so gut wie jeder andere von seinem Gesicht ablesen: Bei der nächsten Gelegenheit wird er das Gleiche aufs Neue versuchen.
    »Ich hatte gehofft, dass Ihr unsere Götter nicht noch einmal beleidigen würdet, Don Hernando«, sagt schließlich Montezuma, »sonst hätte ich Euch niemals hier heraufgeführt.« Einen Augenblick lang ringt er noch mit sich, dann kehrt jenes scheue Lächeln in sein Gesicht zurück. »Jeden anderen Wunsch will ich Euchvon Herzen gern erfüllen«, fährt er fort, »nur das, was Ihr eben verlangt habt, kann Euch niemals gewährt werden. Also sprecht auch nie wieder davon! Wenn Ihr aber im Palast meines Vaters einen Tempel für Eure Götter errichten wollt, so bin ich gerne bereit, Euch Zimmerer und Bildhauer und alles andere zur Verfügung zu stellen, was Ihr dafür benötigt.«
    Unser Herr schaut sinnend vor sich hin. »Ich werde darüber nachdenken«, sagt er schließlich nur und stürmt ohne ein weiteres Wort die Stufen hinab.
    Ich folge ihm, so rasch ich es auf der halsbrecherisch steilen Treppe wage. Hinter mir höre ich behände Schritte und im nächsten Moment legt sich eine Hand auf meine Schulter.
    »Warte noch, Junge«, sagt Montezuma.
    Vor Schreck wäre ich fast die Treppe hinuntergefallen. Der König der Azteken spricht mit mir – nicht nur durch mich, einen beliebigen Dolmetscher, sondern mit mir, Orteguilla de Villafuerte!
    Auf wachsweichen Knien wende ich mich um. »J-ja, Euer Gnaden?«, stammele ich. »Womit kann ich Euch dienen?«
    Montezuma sieht mich durchdringend an. »Bist du sein Sohn, Junge?«, fragt er. »Ist Don Hernando dein Vater?«
    Ich schüttele meinen Kopf. »Nein, Euer Gnaden«, murmele ich. »Aber ich wünschte, er wäre es.«
    Das Blut schießt mir in die Wangen. Habe ich das wirklich gerade gesagt?
    »Er ist ein großer Mann!«, sagt Montezuma und starrt mich noch durchdringender an. »Und er wird mein Bruder sein, weil ich das so wünsche!«
    Damit lässt er mich stehen und eilt behände weiter die Stufen hinab. Ich aber denke immer noch über seine Worte nach, als ich mit Sandoval und den anderen längst wieder in unserem Palast bin.
- 10 -
    In Windeseile hat sich unter unseren Männern herumgesprochen, dass Montezuma und Cortés oben auf der Großen Pyramide heftig zusammengestoßen sind. Von der Siegeszuversicht, die uns alle bei unserem Einmarsch in die Stadt beflügelt hat, ist seitdem nur noch wenig zu spüren.
    Ganz im Gegenteil: Mehr und mehr beschleicht uns das Gefühl, dass wir in einer ausweglosen Falle sitzen. Montezuma hat unserem Herrn schon vor Tagen eine Botschaft geschickt, unmittelbar nach jenem Zwischenfall auf der Pyramide: Eilige Regierungsgeschäfte zwängen ihn, die Stadt für unbestimmte Zeit zu verlassen. Sein Bruder Cuitláhuac werde unterdessen »wie ein Vater« für unsere Bequemlichkeit sorgen. Ausgerechnet der grimmige Militärkommandeur, der seine Feindseligkeit nicht einmal vor uns versteckt!
    Zu Tausenden belagern die Azteken nach wie vor unseren Palast, und wir wagen es kaum noch, vor die Tür zu gehen. Sie verhalten sich weder freundlich noch abweisend – sie starren uns an, als ob wir Geister wären, Spukerscheinungen, die irgendwann wieder verblassen werden. Nach wie vor versorgen uns Montezumas Diener mit Nahrung und allem, was wir von ihnen verlangen – und währenddessen beobachten sie uns auf Schritt und Tritt. »Dreihundert Diener hat Montezuma uns geschickt«, sagte Cristóbal de Tapia erst unlängst zu

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