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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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mit kräftigen Rot- und Grün- und Ockertönen bemalt und leuchten in der Mittagssonne so intensiv wie die Federn der prächtigsten Urwaldvögel. »Lass am Waldrand ein Lager aufschlagen«, weist er Portocarrero an. »Doppelte Wachen, die ganze Nacht über. Werohne meine Erlaubnis das Lager verlässt, wird wegen unerlaubten Entfernens gehenkt!«
    Portocarrero salutiert grinsend und schwingt sich über Bord, noch während der Anker in den sandigen Flussgrund hinunterrasselt.
    »Gonzalo!«, ruft Cortés zur zweiten Brigantine hinüber. »Warte, bis es dunkel ist. Dann alles wie besprochen – Plan Nummer zwei.«
    Sandoval lacht und nickt. Er strahlt über das ganze Gesicht und seine Augen blitzen vor Übermut. Er winkt Diego und mir zu, wir winken lachend zurück – und im gleichen Moment wird mir klar, was Cortés vorhat. Was er mit Sandoval und wohl auch mit seinen beiden anderen Vertrauten als »Plan Nummer zwei« schon gestern besprochen hat, während wir an der Küste entlangfuhren.
    Der »Tollkühne« soll im Schutz der Nacht von den anderen Schiffen Verstärkung herbeiholen – und das nicht etwa, weil sie einen Überfall der Indianer fürchten. Ganz im Gegenteil lässt Sandovals lachende Vorfreude nur einen Schluss zu: »Plan Nummer zwei« bedeutet, dass wir die Indianerstadt angreifen werden!
    Erneut überläuft mich ein frostiger Schauder. Aber das heißt überhaupt nicht, dass ich an Cortés’ Weisheit zweifeln würde – es fehlt mir nur manchmal an der nötigen Kühnheit, um die Weisheit seiner Pläne sogleich zu erkennen.
    Der restliche Tag vergeht mit der Errichtung unseres Nachtlagers. Die kubanischen Sklaven schlagen Hunderte junger Bäume und erbauen daraus mit verblüffender Raschheit ein ganzes Rundhüttendorf. Die Hütten werden mit Palmwedeln gedeckt, und kaum ist diese Arbeit getan, da wird der Himmel schwarz und ein gewaltiger Sturzregeln prasselt auf uns nieder. Diego und ich flüchten uns mit Cortés und Sandoval in eine der Hütten. Hier drinnen ist es düster und eng und es riecht nach frisch geschlagenemHolz. Durch die scheinbar achtlos übereinandergeworfenen Palmzweige dringt kein einziger Regentropfen.
    »Genauso wasserdicht«, sagt Sandoval und deutet lachend nach oben, »wie Plan Nummer zwei!«
    Gerade in diesem Moment tritt Francisco de Morla ein, mit finsterer Miene und bis auf die Haut durchnässt. »Wozu der Aufwand, Commandante?«, knurrt er. »Ein ganzes Dorf für eine Nacht! Warum habt Ihr nicht befohlen, dass wir die Nacht auf den Schiffen an der Küste verbringen und morgen früh hierher zurückkehren – wenn Ihr schon unbedingt Proviant von den Wilden kaufen wollt?«
    Obwohl die Hütte kaum drei mal drei Schritte misst, geht Cortés mit raschen Schritten auf und ab, wie es seine Gewohnheit ist.
    »Du verstehst immer noch nicht, Francisco«, sagt er im Tonfall milden Tadels. »Und vor allem hast du etwas Wichtiges übersehen: Dieses Hüttendorf, wie du es nennst, ist für unseren Spähtrupp viel zu groß geraten. Rechne einmal nach: Wir können hier glatt dreimal so viele Männer unterbringen, wie heute früh mit uns aufgebrochen sind. Sogar für Artilleristen haben wir Platz genug, ganz zu schweigen von den Armbrustschützen.«
    Er bleibt vor Morla stehen und schaut zu dem um eine halbe Haupteslänge Größeren empor. Doch wenn Cortés seinen Kopf in den Nacken legt, sieht das seltsamerweise immer so aus, als schaue er auf sein Gegenüber hinunter.
    »Nur wenn wir auch noch die Pferde herbeiholen wollten«, fügt er mit sanfter Stimme hinzu, »würde es etwas eng werden. Aber diese Wunderwaffen halten wir fürs Erste noch geheim.«
    Velazquez’ Neffe starrt unseren Herrn an. Sein Gesicht drückt Wut und Verwirrung aus, dann allmähliches Begreifen und noch mehr Wut. »Ihr wollt also«, stößt er hervor, »im Schutz der Dunkelheit weitere Kompanien von der Küste hierher verlegen? Mitsamt Armbrustschützen und Artillerie? In dieses Hüttendorf? Aber zu welchem Zweck?«
    Cortés wirft Sandoval einen raschen Blick zu. »Liegt das nicht auf der Hand, Francisco?«, gibt er zurück und schüttelt den Kopf. »Truthahn und Mais für siebenhundert Mann – glaubst du wirklich, dass sie uns morgen früh so viel Proviant liefern werden?« Er legt erneut seinen Kopf in den Nacken und mustert Francisco de Morla wie einen begriffsstutzigen Schüler. »Wir müssen Geduld aufbringen, bis sie unsere Wünsche schließlich doch noch erfüllen. Morgen werden sie uns nicht einmal zwanzig

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