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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Montezuma hat befohlen, Euch ein Hüttendorf zu errichten. Die Diener, die wir mitgebracht haben, werden sich sogleich an die Arbeit machen.«
    Teudile versetzte einem der Zeichner, die zu unseren Füßen kauerten, einen Fußtritt. Er sprang auf und lief zu einer Gruppe kräftig aussehender Männer hinüber.
    »Ihr werdet Lebensmittel erhalten, so viel ihr benötigt«, fuhr Cuitlalpitoc in beschwörendem Tonfall fort. »Sämtliche Diener stehen zu Eurer Verfügung, solange Ihr Gäste unseres Herrschers seid. Sie werden für Euch kochen und in jeder Hinsicht für Eure Bequemlichkeit sorgen.«
    »Richtet Montezuma auch hierfür meinen Dank aus«, antwortete Cortés. »Und kommt morgen wieder – dann könnt Ihr mit uns die Ostermesse zu Ehren des allmächtigen Gottes feiern. Auch werdet ihr wundersame Dinge zu sehen bekommen, und ich will, dass Ihr Eurem Herrscher von alledem genauestens Bericht erstattet.«
    Cuitlalpitoc und Teudile versprachen, alles so auszuführen, wie Cortés es wünschte. Unter vielerlei Verneigungen und Bekundungen der Dankbarkeit und Ehrfurcht zogen sie sich zurück. Drei Diener folgten ihnen, einer mit der Mütze in der Hand, der zweite mit dem Stuhl, der dritte mit den zusammengerollten Zeichenblättern.
    Unterdessen schwärmten die Diener, die Teudile uns überlassen hatte, in den nahe gelegenen Wald aus. Sie schnitten Äste ab, kehrten im Laufschritt zurück und errichteten im Handumdrehen Hunderte Rundhütten. Jeder Einzelne der mehr als zweitausend Männer und Frauen schien ganz genau zu wissen, welche Handgriffe er auszuführen hatte. Nur sechs oder sieben von ihnen beteiligten sich an diesen Arbeiten nicht.
    In ihren spinnwebgrauen Gewändern rannten sie rastlos auf dem Platz umher. Jeder für sich, unablässig in Bewegung, mit wehenden Gewändern und Haaren. Aus irgendeinem Grund spürte ich sofort, dass es Zauberer waren.
- 6 -
    Tags darauf spazierten Diego und ich kreuz und quer im Hüttendorf herum und Carlita wich nicht von unserer Seite. Eigentlich war es andersherum, nur konnte ich das Diego natürlich nicht sagen. So beschwor ich ihn bloß im Stillen, mich endlich mit Carapitzli allein zu lassen, aber er bekam nichts davon mit.
    Wir Pagen trugen noch unsere schwarzen Feiertagsgewänder, von der feierlichen Ostermesse, die Cortés eben zusammen mit fünf unserer Patres zelebriert hatte. Die Tische, die sonst dem Goldhandel dienten, waren zusammengeschoben, mit weißenTüchern verhüllt und so zu einem großen Altar umgewandelt worden. Teudile und Cuitlalpitoc hatten an dem Gottesdienst teilgenommen, außerdem sämtliche zweitausend Diener. »Nimm dieses Bildnis der Muttergottes«, hatte Cortés schließlich zu Cuitlalpitoc gesagt und ihm eine geschnitzte Madonna überreicht, »und überbringe es Montezuma! Er soll es im prächtigsten seiner Tempel aufstellen, es wird ihm Glück bringen. Und wenn ich erst in Tenochtitlan bin, werde ich dort zusammen mit ihm beten.«
    Vom Strand her erklangen nun Hufgeklapper und vielstimmiges Wiehern. Die Indianer stießen Rufe des Erstaunens aus und rannten zum Meer hinab – alle zweitausend Mann in gestrecktem Lauf, jedenfalls hörte es sich von hier oben aus so an. Ich hatte am Vorabend schon mitbekommen, was Cortés dort veranstalten wollte, um den Tributeintreiber und den Abgesandten noch stärker zu beeindrucken. Alvarado und Sandoval sollten zwei Reiterscharen in voller Rüstung anführen, die sich am Strand einen Schaukampf lieferten, mit funkelnden Schwertern und unzähligen scheppernden Glöckchen am Zaumzeug der Pferde. Anschließend würden die Artilleristen unsere Geschütze abfeuern und natürlich würden die Indianer wiederum außer sich sein vor Schreck über den Donnerknall. Die Zeichner würden auch dieses Spektakel auf ihren Blättern festhalten und Cuitlalpitoc würde seinem König von den schimmernden Zentauren und den donnernden und blitzenden Geschützen erzählen.
    Aber wozu das alles, wozu? Mit dieser Frage quälte ich mich herum und nicht einmal Carlitas Nähe konnte mich richtig aufmuntern. Vor der Messe hatte Cortés nochmals einige Worte mit Teudile und Cuitlalpitoc gewechselt und sich dabei auch nebenher nach der Größe von Montezumas Streitmacht erkundigt.
    »Zwölf mal hunderttausend Mann!«, hatte Cuitlalpitoc ohne Zögern erwidert. Selbst Sandoval war ein wenig blass geworden, nachdem Malinali und Aguilar diese ungeheure Zahl übersetzt hatten. Cortés aber war mit seinem stillen Lächeln darüber

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