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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ob alle Aussagen stichhaltig sind.«
    »Anders ausgedrückt, Sie wollen es mir nicht sagen.«
    Frostiges Lächeln. »Stimmt.«
    »Na gut. Ich werde Ihnen auf jeden Fall helfen, so gut ich kann.«
    »Das würde uns freuen.«
    Sie machte keinerlei Anstalten, das Gespräch zu beenden, was mich aus dem Konzept brachte. In meinen Augen war unsere Unterhaltung beendet. Sie hatte alle ihre Fragen gestellt, und ich hatte ihr gesagt, was ich wußte. Hier hatte Detective Bo wer das Sagen, und ich mußte nach ihrer Pfeife tanzen. In der unerwarteten Pause merkte ich, daß nun sie es war, die ins Stottern geriet.
    Sie sagte: »Ich habe gehört, daß Sie eine Beziehung mit Lieutenant Robb haben.«
    Ich blinzelte sie ungläubig an. »Hat er Ihnen das erzählt?«
    »Jemand anders. Wir leben leider in einer kleinen Stadt, die noch kleiner wird, wenn es sich um Polizeibeamte dreht. Es stimmt also nicht?«
    »Tja, ich hatte eine Beziehung mit ihm, aber das ist vorbei«, antwortete ich. »Warum fragen Sie?«
    Ihr Gesichtsausdruck erfuhr abrupt eine deutliche Wandlung. Die sorgfältig gewahrte Neutralität verschwand, und binnen eines Sekundenbruchteils wechselte ihre Miene von nichtssagend zu feuerrot.
    Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück. »Sind Sie in ihn verschossen ?«
    »Ich bin zweimal mit ihm ausgegangen«, sagte sie vorsichtig.
    »Ohhh, verstehe. Jetzt kapiere ich«, sagte ich. »Hören Sie, ich mag Jonah gern, aber zwischen uns ist es ein für allemal vorbei. Ich bin die geringste Ihrer Sorgen. Zerbrechen Sie sich lieber den Kopf über diese gräßliche Camilla.«
    Detective Betsy Bower hatte jede berufsbedingte Pose aufgegeben. »Aber sie lebt mit einem anderen Mann zusammen, und sie ist schwanger.«
    Ich hob die Hand. »Glauben Sie mir. In der unendlichen Geschichte von Jonah und Camilla hat die bloße Existenz dieses Kindes keinerlei Auswirkungen auf ihre Beziehung. Auch wenn er so tut, als wäre er geheilt, er ist es nicht, glauben Sie mir. Camilla und Jonah sind dermaßen ineinander verstrickt, daß ich gar nicht weiß, was es bräuchte, um ihre Verbindung zu sprengen. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, muß ich allerdings sagen, daß Sie vielleicht doch recht gute Chancen haben.«
    »Glauben Sie wirklich?«
    »Warum nicht? Ich war immer viel zu sehr mit meinen eigenen Verlassensängsten beschäftigt. Es war mir zuwider, in ihrem kleinen Theaterstück eine Nebenrolle zu spielen. Das ist ein Fall von Klammern seit der siebten Klasse. Liebe seit der Mittelstufe. Ich kam dagegen nicht an. Mir fehlt die emotionale Kraft. Sie sehen aus, als könnten Sie damit fertig werden. Haben Sie Probleme mit Ihrem Selbstbewußtsein? Kauen Sie an den Nägeln? Sind Sie Bettnässerin? Eifersüchtig oder unsicher?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht im geringsten.«
    »Wie steht’s mit Ihrer Konfliktfähigkeit?«
    »Ich streite gern«, sagte sie.
    »Tja, dann machen Sie sich schon mal bereit, denn meiner Erfahrung nach ist er ihr so lange egal, bis eine andere auf der Bildfläche erscheint. Und spielen Sie um Gottes willen nicht nach den Regeln. Camilla geht aufs Ganze.«
    »Danke. Ich werd’s mir merken. Wir hören voneinander.«
    »Ich kann es gar nicht erwarten.«
    Draußen auf der Straße hatte ich das Gefühl, als wäre ich aus einem finsteren Tunnel aufgetaucht. Das Sonnenlicht war grell und alle Farben von ungeheurer Intensität. Neun schwarzweiße Streifenwagen standen hintereinander am Bordstein. Auf der anderen Straßenseite zog sich eine Reihe kleiner kalifornischer Bungalows entlang, die in nicht zusammenpassenden Pastellfarben gestrichen waren. Blühende Pflanzen in Fuchsienrot, Orange und Magenta hoben sich schrill vom lebhaften Grün der jungen Blätter ab. Ich ließ mein Auto auf dem öffentlichen Parkplatz stehen und ging die restlichen Blocks zur Arbeit zu Fuß.
    Ich betrat die Räume von Kingman und Ives durch die nicht gekennzeichnete Seitentür. Dann schloß ich die Tür zu meinem Büro auf und ging hinein, den Blick auf den Fußboden gerichtet. Auf dem Teppich lag ein einfacher weißer Umschlag in Normgröße, auf dessen Vorderseite mit Schreibmaschine mein Name und meine Adresse geschrieben waren. Der Poststempel stammte aus Santa Teresa und war vom Montag nachmittag. Beunruhigt stellte ich meine Tasche auf den Tisch, holte Baders Akte heraus und legte sie oben auf den Büroschrank. Ich ging zu dem Brief zurück und hob ihn vorsichtig auf. Ich legte ihn mitten auf meinen Tisch, wobei ich ihn nur an den Ecken

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