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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Beerdigung statt? Hat das schon jemand gesagt?«
    »Es ist die Rede von Montag, aber nur für die Familie und enge Freunde. Die Öffentlichkeit ist nicht zugelassen.«
    »Verständlich. Sie haben bestimmt genug von dem ganzen Medienrummel.«
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    »Eigentlich nicht. Ich habe vor einer Weile mit Christie gesprochen und ihr gesagt, daß ich diese Unterlagen zurückbringen würde. Sie sagte, ich solle sie in Baders Arbeitszimmer legen. Ich kann dann allein zur Vordertür hinausgehen, wenn ich das erledigt habe.«
    »Wie Sie wünschen«, sagte sie. »Gehen Sie über die Hintertreppe. Wissen Sie, wie man zum Arbeitszimmer kommt?«
    »Klar. Ich bin schon einmal dort gewesen. Was backen Sie eigentlich?«
    »Zitronen-Pfundkuchen.«
    »Klingt gut«, sagte ich.
    Ich eilte mit dem Aktendeckel in der Hand die Hintertreppe hinauf und verlangsamte meinen Schritt, als ich den oberen Treppenabsatz erreicht hatte. Dieser rückwärtige Flur war auf reine Zweckmäßigkeit beschränkt, und so lagen weder Teppiche auf dem Fußboden, noch hingen Vorhänge an den Fenstern. Dieses Herrenhaus war in einer Epoche gebaut worden, als die Reichen noch Dienstboten hatten, die im Haus lebten und winzige Stuben und Kammern bewohnten, in abgelegene Flügel des Hauses gedrängt oder in Dachgeschosse gequetscht, die man in mehrere kleine Zimmer unterteilt hatte. Vorsichtig öffnete ich eine Tür zu meiner Linken. Eine schmale Treppe führte weiter nach oben und verlor sich in der Finsternis. Leise schloß ich die Tür wieder und ging weiter, wobei ich in einen großen Wäscheschrank und eine Kammer mit einer antiken Kommode spähte. Der Korridor machte einen Neunzig-Grad-Knick nach rechts und mündete durch einen von schweren Damastvorhängen verborgenen Bogendurchgang in den Hauptflur.
    In der Mitte des Korridors erkannte ich das polierte Geländer der Haupttreppe. Jenseits des Treppenabsatzes lag ein weiterer Flügel des Hauses, der ein Spiegelbild dessen darstellte, in dem ich mich soeben befand. Ein breiter orientalischer Läufer bedeckte die gesamte Länge des düsteren Flurs. Am anderen Ende ließen Damastvorhänge einen Bogendurchgang und eine zweite Treppe vermuten. Die Tapete war in gedämpften Farben gehalten, ein dezentes Blumenmuster, das sich endlos wiederholte. In regelmäßigen Abständen hingen tulpenförmige Kristalleuchten an der Wand. Vermutlich hatte man sie installiert, als das Haus gebaut wurde, und sie irgendwann von Gas auf Strom umgerüstet.
    Zu meiner Linken befanden sich drei Türen, die alle mit einem riesigen X aus Plastikband zur Tatortabsperrung versiegelt waren. Ich mußte vermuten, daß eine dieser Türen in Guys Zimmer führte, eine in Jacks und eine in das Badezimmer, das die beiden verband. Auf der rechten Seite waren noch zwei Türen. Ich wußte, daß die zweite in Baders Suite führte: Schlafzimmer, Bad und Arbeitszimmer. Die mir am nächsten gelegene Tür war verschlossen. Ich warf rasch einen Blick hinter mich, um mich zu vergewissern, daß Enid mir nicht gefolgt war. Im ganzen Haus herrschte Stille. Ich legte meine Hand auf den Türknauf und drehte vorsichtig daran. Abgesperrt.
    Tja, was nun? Das Schloß war ein einfaches, altmodisches Modell, das nur einen ganz gewöhnlichen Schlüssel erforderte, wie er vermutlich an jeder Tür hier oben paßte. Ich spähte in beiden Richtungen den Flur hinab. Ich durfte keine Zeit verlieren. Baders Suite lag am nächsten. Im Eilschritt ging ich zu seinem Schlafzimmer hinüber und probierte den Türknauf. Dieses Zimmer war unverschlossen. Ich spähte um die Tür herum. Auf der anderen Seite ragte unübersehbar ein Schlüssel aus dem Schlüsselloch. Ich zog ihn heraus und eilte wieder zu Bennets Zimmer. Dort steckte ich den Schlüssel ins Schloß und versuchte ihn umzudrehen. Ich spürte, wie er hängenblieb, doch das Schloß hatte ein gewisses Spiel. Mit gleichmäßigem Druck rüttelte ich sachte an der Tür. Es dauerte fast eine halbe Minute, doch auf einmal gab der Schlüssel nach, und ich war drinnen.

21

    Rasch sah ich mich im Zimmer um und versuchte, soviel wie möglich aufzunehmen. Zwei Tischlampen waren eingeschaltet. Das hier mußte Bennets Zimmer sein. Er besaß immer noch sämtliche Requisiten der Hobbys seiner Jugendzeit. Modellflugzeuge, Modellautos, stapelweise alte Comic-Hefte, frühe Ausgaben von MAD und Trophäen aus der Little League. An der Wand hing Jimmy Durante, annähernd ähnlich im »Malen nach Zahlen«-Verfahren

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