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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Landstraße, sah ich ein Schild im Fenster, das frische Sandwiches anpries. Spontan parkte ich den Wagen, betrat den Laden und bestellte mir bei der Frau an der Imbißtheke hinten im Laden Thunfisch auf Roggenbrot. Wir plauderten beiläufig, während sie sich mit der Sandwichzubereitung beschäftigte und meine Dillgurke in ein Stück Wachspapier wickelte, damit sie nicht das ganze Brot matschig mache, wie sie sagte. Hinter mir waren zwei oder drei andere Kunden und fuhren mit kleinen Einkaufswägelchen die Gänge auf und ab. Kein Mensch drehte sich nach mir um oder widmete mir auch nur die geringste Aufmerksamkeit.
    Ich erzählte ihr, daß ich soeben in der Kirche drüben gewesen sei. Sie zeigte sich wenig neugierig darauf, wer ich war oder warum ich den Pfarrer und seine Frau besuchte. Die Erwähnung Guy Maleks rief weder beklommenes Schweigen noch spontane Auskünfte über seine Vergangenheit oder seinen Charakter hervor.
    »Der Ort hier macht einen netten Eindruck«, sagte ich, als sie mir mein Mittagessen über die Theke reichte. Ich gab ihr einen Zehner, und sie tippte den Betrag in die Kasse ein.
    »Wenn Sie solche Orte mögen«, sagte sie. »Für meinen Geschmack ist es zu ruhig, aber mein Mann ist hier geboren und hat darauf bestanden, daß wir wieder herziehen. Ich haue ja gern ein bißchen auf den Putz, aber das Aufregendste, was wir hier zustande kriegen, ist ab und zu ein Wohltätigkeitsbasar. Puuuh.« Sie fächelte sich selbst scherzhaft Luft zu, als wäre die Faszination, die von gebrauchten Kleidern ausging, fast zuviel für sie. »Brauchen Sie einen Bon?« fragte sie, während sie sieben Eindollarnoten und das Kleingeld abzählte.
    »Ja, bitte.«
    Sie riß den Kassenzettel ab und reichte ihn mir. »Machen Sie es gut.«
    »Danke. Sie auch«, sagte ich.
    Ich aß beim Fahren und steuerte mit einer Hand, während ich abwechselnd von der Dillgurke und dem Thunfischsandwich abbiß. Im Preis eingeschlossen war eine Tüte Kartoffelchips, die ich ebenfalls futterte und mir dabei überlegte, daß ich damit wohl sämtliche notwendigen Nahrungsmittelgruppen abdeckte. Ich hatte vergessen, Guy nach dem Mädchennamen seiner Mutter zu fragen, aber in Wahrheit hegte ich keinerlei Zweifel daran, daß er der war, als der er sich ausgab. Er erinnerte mich an Jack, dessen Farben und Gesichtszüge ganz ähnlich waren. Donovan und Bennet mußten nach dem einen Elternteil geschlagen sein, während Guy und Jack mehr dem anderen ähnelten. Trotz meines Zynismus ertappte ich mich dabei, daß ich Guy Maleks Besserung und seine Zugehörigkeit zur Jubilee Evangelical Church für bare Münze nahm. Natürlich war es möglich, daß er und der Pfarrer zwei gleichermaßen findige Betrüger waren, die sich eine Lügengeschichte für jeden Fremden ausgedacht hatten, der vorbeikam, aber ich konnte beim besten Willen nichts dergleichen erkennen, und ich glaubte auch nicht, daß irgendwelche finsteren Machenschaften im Gange waren. Falls das beschauliche Marcella das Hauptquartier irgendeiner Sekte von Neonazis, Satanisten oder Motorradrowdys war, so war mir das jedenfalls entgangen.
    Erst als ich an Santa Maria vorbei war und auf der 101 in Richtung Süden fuhr, fiel mir auf, daß Guy Malek mit keinem Wort danach gefragt hatte, wie hoch sein Anteil am Nachlaß wäre. Vermutlich hätte ich es ihm von mir aus sagen sollen. Zumindest hätte ich ihm eine ungefähre Zahl nennen können, doch die Frage war nie aufgeworfen worden, und ich war viel zu beschäftigt damit, für meinen Bericht an Donovan Guys Lebensumstände zu ergründen. Er hatte sich emotional auf den Tod seines Vaters und die verlorene Gelegenheit, alles wiedergutzumachen, konzentriert. In seinen Augen war offensichtlich jeder Profit nebensächlich. Auch gut. Ich nahm an, daß sich Tasha mit ihm in Verbindung setzen würde, dann konnte sie ihm die Einzelheiten erläutern.
    Ich traf ohne Zwischenfall um zwei Uhr nachmittags in Santa Teresa ein. Da ich früher zurückgekommen war als vermutet, ging ich ins Büro, tippte meine Notizen ab und legte sie in die Akte ein. Ich hinterließ zwei telefonische Mitteilungen, eine in Tashas Büro und eine auf dem Anrufbeantworter der Maleks. Ich berechnete meine Stunden, die Entfernung und verschiedene Ausgaben und schrieb eine Rechnung für meine Dienste, an die ich den Kassenzettel für das Thunfischsandwich heftete. Morgen würde ich den getippten Bericht über meine Erkenntnisse hinzufügen und ein Exemplar an Tasha und eines an Donovan

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