Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition)
rumgekommen«, bemerkte Paul.
»Und hatte keine Zeit, sich um Ludwig zu kümmern«, stellte Georg nüchtern fest.
»Er durfte sich nicht um Ludwig kümmern«, korrigierte ihn Paul. »Lass uns doch mal gucken, ob wir erfahren, wo der wohnt.«
Sie lasen weiter die zahlreichen Zeitungsartikel, die sie im Netz finden konnten. Bei einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung fragte der Journalist, es war ein gewisser Günther Hirte, den neuen Werksleiter, ob er schon in Leipzig heimisch geworden sei. Dr. Fleischer bejahte diese Frage und erzählte, dass er schon eine sehr schöne Wohnung in der Tschaikowskistraße gefunden habe. »Jetzt müssen wir nur noch die Hausnummer rauskriegen«, strahlte Georg. »Die Tschaikowskistraße ist nicht allzu lang. Wir fahren da gleich mal hin und klappern die Klingelschilder ab!«
Kroll hatte Toni von der Hundestaffel abgeholt und joggte mit ihm durch den Auenwald. Toni war der beste Spürhund in ganz Sachsen. Kroll hatte sich schon vor Jahren mit dem Schäferhund angefreundet. Er hatte ihn als Welpen zu sich genommen, weil Tonis Herrchen einem Verbrechen zum Opfer gefallen war. Kroll hatte natürlich keine Zeit, sich um das Tier zu kümmern, und so entstand schnell der Gedanke, Toni bei der Polizei ausbilden zu lassen. Und der Hund erwies sich als Glücksgriff. Er lernte schnell und hatte einen ausgesprochen guten Spürsinn. Kroll hatte, wann immer er es einrichten konnte, die Ausbildung begleitet. Die beiden hatten sich nie aus den Augen verloren. Toni war jedes Mal außer sich vor Freude, wenn Kroll ihn zum Laufen abholte.
Kroll liebte es, im Auenwald zu laufen. Er kannte kein anderes Waldgebiet, in dem es so viel Wasser gab. Er wählte bewusst die Wege, die an kleinen und größeren Flüssen entlangliefen. Hier konnte er am besten entspannen und an der frischen Luft seine Gedanken kreisen lassen. Er hoffte, dass ihm auch eine gute Idee für seinen neuen Fall in den Kopf kommen würde, aber seine Erwartungen wurden enttäuscht. Nur der Verdacht, dass Paul und Georg etwas im Schilde führten, verfestigte sich mehr und mehr. Er würde sie im Auge behalten müssen.
Toni rannte natürlich nicht über die befestigten Wege, sondern eroberte den Wald querfeldein. Es gab kaum einen Busch, der nicht beschnuppert wurde, und keinen Wasserlauf, in den er nicht hineinsprang. Toni war ein guter Schwimmer. Er blieb nie lange von Kroll entfernt, spätestens nach zwei Minuten Abwesenheit kreuzte er wieder den Weg seines Herrchens.
Nach gut einer Stunde hatten sie wieder den kleinen Parkplatz am Forsthaus Raschwitz in Markkleeberg erreicht. Kroll machte noch einige Dehnübungen und holte eine Wasserflasche aus seinem Auto. Toni nutzte die verbleibende Zeit, um noch ein wenig herumzustöbern.
»Toni!«, hörte Kroll eine ihm nicht unbekannte Frauenstimme rufen. »Na, komm mal her, mein Guter!«
Toni reagierte sofort. Er drehte sich um und rannte erneut in den Wald. Wenig später tauchte er gemeinsam mit einer jungen Frau in weißer Laufkleidung auf. Sie hatte ihre langen schwarzen Haare mit einem Stirnband sportgerecht gebändigt.
Als sie Kroll erreicht hatte, streichelte sie den Hund überschwänglich. »Dass man dich mal wieder trifft, ist ja super! Dein Herrchen hat es ja nicht nötig, mal anzurufen oder eine SMS zu beantworten.«
»Hallo, Kati!«, begrüßte Kroll sie.
Sie lächelte Kroll an, während sie heftig den Hals des Hundes streichelte. Toni genoss die Liebkosungen und reckte bereitwillig seinen Kopf nach oben. Kati schien Kroll die Funkstille nicht übel zu nehmen. »Schön, euch zu sehen! Ich hoffe, es geht dir gut, Kroll.«
»An so einem herrlichen Tag, nach einem schönen Lauf? Und wenn man dann noch so liebe Menschen trifft, wie könnte es einem dann schlecht gehen?«
»Jetzt hör aber bloß auf!«, fuhr ihn Kati, immer noch lächelnd, an. »Du hast seit Monaten nichts mehr von dir hören lassen. Wenn ich nicht ab und zu andere Quellen hätte, dann wüsste ich nicht einmal, ob du überhaupt noch lebst.«
»Du meinst bestimmt die komische Berichterstattung über den Raub von Bachs rechter Hand.«
Kati lächelte geheimnisvoll, während sie sich jetzt Tonis Kopf widmete. Mit ihrer flachen Hand strich sie ihm liebevoll das Fell zurück. »Nein, ich lese doch nur die Süddeutsche. Und so weit hast du es leider noch nicht gebracht.«
»Bist du dir da ganz sicher? Vielleicht hast du bloß nicht richtig hingeguckt?«
Kati ließ den Hund los und stand auf. Sie gab Kroll
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