Goldkehlchen: Kriminalroman (German Edition)
Mensch, der Skelettteile stiehlt und Wasser vergiftet«, dachte Kroll laut nach.
»Und der Füllfederhalter klaut«, ergänzte die Assistentin.
Kroll sah die Jungs mit einem strengen Blick an. »Nein, das glaube ich nicht. Die Sache mit dem Füller hat damit nicht das Geringste zu tun.«
»Ich muss sofort Dr. Callidus informieren«, sagte Anja Gans aufgeregt und ging zum Haus.
»Ja, ähm, wir gehen dann auch mal«, stammelte Paul.
Kroll war betont freundlich. »Warum denn so eilig? Ihr habt doch keine Schule. Lasst uns noch ein bisschen reden.«
Paul und Georg sahen sich verstohlen an. »Natürlich. Wenn Sie noch mit uns reden wollen … Von uns aus gern.«
»Ja«, bestätigte Paul etwas zu lässig. »Was wollen Sie denn wissen?«
»Als Erstes würde mich interessieren, warum ihr heute hier seid.«
Paul und Georg sahen sich wieder an. Dann kam Georg die zündende Idee. »Ich hatte mein Handy hier vergessen.« Er holte es aus seiner Jackentasche und hielt es in die Höhe.
Kroll glaubte den Sängern kein Wort. Er ließ es sich aber nicht anmerken. »Ach so, ein Handy ist in euerm Alter natürlich sehr wichtig. Das verstehe ich schon.«
»Sind Sie mit Ihren Ermittlungen schon weitergekommen?«, fragte Paul, um ihnen ein bisschen Entlastung zu verschaffen.
»Wir tappen noch völlig im Dunkeln. Ich hoffe, dass heute Nachmittag die ersten Laborergebnisse vorliegen. Dann wissen wir hoffentlich mehr.« Kroll lächelte. »Ist halt nicht so einfach, wenn das Opfer schon über 250 Jahre tot ist. Und für die Aktion mit dem Wasserspender gibt es auch keine Zeugen.«
Georg malte mit seinem Schuh Halbkreise auf den Boden. »Was mich mal interessieren würde, wenn ich Sie mal was fragen darf?«
»Na klar«, ermutigte ihn Kroll.
»Nehmen wir mal an, Sie finden im Labor DNA-Spuren von dem Täter, also an Bachs Grab in der Thomaskirche und an dem Wasserspender. Was wissen Sie dann?«
»Na ja. Als Erstes wissen wir natürlich, ob es sich um einen oder vielleicht um zwei Täter handelt. Die DNA ist da todsicher, die beseitigt alle Zweifel. Und dann wissen wir natürlich auch, ob wir einen Mann oder eine Frau suchen.«
»Und sonst nichts?«
»Wir gehen dann routinemäßig unsere Dateien durch und prüfen, ob die DNA bei uns registriert ist. Aber das wäre natürlich ein Zufall. Da habe ich in unserem Fall wenig Hoffnung.«
»Mehr können Sie mit der DNA nicht anfangen?«, hakte Georg nach. »Können Sie nicht Verwandte ermitteln oder so?«
Kroll war verwundert über die Frage. »Wir können anhand der DNA schon herausfinden, ob eine Person mit einer anderen verwandt ist, besonders im Verhältnis der Eltern zum Kind. Aber dafür brauchen wir Vergleichsmaterial. Warum willst du das wissen?«
»Nur so.«
Kroll beschloss, beim Thema zu bleiben. »Aber ihr habt recht. Die DNA-Analyse ist für uns ein ganz wichtiges Hilfsmittel. Die Bedeutung hat mit dem Fortschreiten der Technik noch mehr zugenommen.«
Kroll bückte sich, hob einen Stein auf und gab ihn Georg. »Hier, wirf den mal weg.«
Georg sah den Polizisten irritiert an, tat dann aber, worum er ihn gebeten hatte.
»Stell dir mal vor, du hättest den Stein jetzt in einen See geworfen. Wenn wir den nach drei Tagen aus dem Wasser holen würden, fänden wir noch Schweißrückstände mit verwertbarer DNA. Im Salzwasser würde das nicht funktionieren, aber mit Süßwasser in einem stehenden Gewässer kriegen unsere Techniker das hin.«
»Echt?«, fragte Paul ungläubig. »Aber dann muss man sich doch die ganze Mühe mit dem Abwischen von Fingerabdrücken gar nicht machen, den Schweiß verreibt man dann doch nur, oder?«
»Genauso ist es«, bestätigte Kroll. »Ich muss jetzt gehen.«
»Wie ist dein Deo bei Frau Gans angekommen?«, wollte Wiggins wissen, als Kroll wieder das Büro betreten hatte.
»Super gut! Nun ja … , sie konnte das nur nicht so zeigen. Die Frau ist sehr zurückhaltend. Da kommst du mit der Macho-Masche nicht weiter. Da ist Sensibilität gefragt.«
»Aha«, gab sich Wiggins lernwillig. »Und was war der Grund für die Aufregung der schönen Frau?«
»Callidus’ Füller lag plötzlich auf ihrem Schreibtisch.« Kroll kramte den Plastikbeutel mit dem Fundstück heraus. »Den müssen wir schnell ins Labor bringen. Hätte ich jetzt fast vergessen.«
Wiggins sah seinen Kollegen erstaunt an. Es war eigentlich nicht Krolls Art, wichtige Beweisstücke zu vergessen. »Jetzt mal langsam, Kroll. Was ist denn passiert? Du bist doch sonst an
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