Goldmacher (German Edition)
Auswüchsen, wie sie sagte, nicht belasten.
»Ich muss aber über diese Auswüchse reden, sonst werde ich verrückt!«, explodierte Franz.
»Nicht mit mir. Und besser auch nicht mit Alexandra, sie könnte noch einen Rückfall in ihre Alkoholsucht erleiden«, mahnte Rosi.
Niemals würde er Alexandra gegenüber den Namen Lowicki erwähnen, rief Franz aus: »Er war und ist ihr Feind, er hat den Goldmacher nicht nur verleumdet, er hat ihn verraten! Wie meinen Vater jetzt auch!«
Das Telefon klingelte. Lexa war dran, die Franz an die Spende für den Druck von Flugblättern erinnern wollte.
»Völlig vergessen«, sagte Franz und erklärte seiner überraschten Tochter dann, dass er den Scheck am Wochenende persönlich in Berlin vorbeibringen wolle. Seltsam beruhigt legte er danach den Hörer auf, froh, mit Lexa reden zu können, sie über die Lüge aufklären zu können, über die grassierende Geisteskrankheit. Er musste wenigstens seine Kinder davor schützen.
8.
Es war das erste Mal, dass Franz dann mit dem Flugzeug nach Berlin reiste, die ehemalige Hauptstadt lag nicht auf seiner Reiseroute. Vor gut zehn Jahren hatte er aus purer Neugier eine Autofahrt durch die DDR nach Berlin unternommen, die ein ähnliches Unwohlsein in ihm ausgelöst hatte wie jetzt die turbulente Landung durch Gewitterwolken auf einem Flughafen mitten in einem Häusermeer. Seine Neugier auf Berlin war gering.
Von Tempelhof aus fuhr er in einem Taxi zum Hilton-Hotel. Von dort könne er das Amerika-Haus, vor dem er mit Lexa und Franzi verabredet war, zu Fuß in fünf Minuten erreichen, hatte seine Sekretärin herausgefunden.
Sein Zimmer lag im zehnten Stock des Hotels. Er hatte von dort nicht nur einen wunderbaren Panoramablick über Berlin, vor allem sah er auch in den Zoo, der wie der Flughafen mitten in der Stadt lag. Er schaute hinunter und glaubte, Affen zu erkennen, dann tauschte er sein Jackett gegen einen dünnen Pullover, schnappte sich seinen Regenmantel und ließ sich an der Rezeption den Weg beschreiben. Nach nur wenigen Hundert Metern wurde er von dem nun ausbrechenden Gewitter überrascht. Er hielt ein Taxi an und versprach dem Fahrer ein gutes Trinkgeld für die kurze Strecke.
Schon von Weitem erkannte er Lexa und Franzi, sie standen unter dem Vordach eines flachen, hellgrauen Gebäudes mit der Fahne der Vereinigten Staaten von Amerika. Eingehüllt in ihre Parkas, drückten sich beide unter einem Regenschirm eng aneinander. Franz ließ das Taxi halten und winkte seinen Töchtern, in den Wagen einzusteigen.
»Wir müssen auf unsere Ablösung warten«, riefen sie ihm zu und rührten sich nicht vom Fleck.
Franz zahlte, sprang aus dem Taxi und in ihre Mitte, das Wasser tropfte vom Schirm in den Kragen seines Regenmantels. Er stellte ihn hoch.
»Sie sollten uns schon vor einer halben Stunde ablösen«, erklärte Lexa, »diese Penner!«, fluchte sie.
Franzi sprang immer wieder vor, um Passanten ein Flugblatt hinzuhalten. Keiner griff danach, im Gewitterregen hasteten alle einfach schnell vorbei. Franzi wollte trotzdem ausharren, das Flugblatt informierte über die Kinder in Vietnam, sie würde sich als Verräterin an diesen Kindern fühlen, gäbe sie jetzt nur wegen eines Gewitters auf und weil Peter und Christoph sich nicht blicken ließen, sagte sie.
Franz blieb nichts anderes übrig, als mit seinen Töchtern unter dem viel zu kleinen Schirm auszuharren. Nach einer weiteren halben Stunde vergeblichen Wartens im Regen verstauten seine Töchter dann doch endlich den Reststapel mit Flugblättern in ihren Umhängetaschen, schimpften dabei wieder über Peter und Christoph, diese Penner, und fragten sich, welche Ausrede sie dieses Mal wohl vorbrächten. Eine Fahrt im Taxi, die Franz anbot, lehnten sie, obwohl sie ziemlich durchnässt waren, mit der Begründung ab, dass sie keine verwöhnten Bürgertöchter wären. Notgedrungen schloss Franz sich ihnen an und fuhr zum ersten Mal seit unendlich langer Zeit wieder in einem Bus.
Er saß seinen Töchtern gegenüber. Ihre Gesichter waren feucht vom Regen und vom Saum ihrer Parkas tropfte das Wasser auf den Boden. Sie fröstelten, die Luft war merklich abgekühlt.
»Ihr schaut’s aus wie räudige Katzen, ihr werdet euch erkälten«, meinte er.
»Wir steigen gleich in die heiße Badewanne, Paula hat bestimmt schon das Wasser eingelassen«, sagte Lexa.
»Wir fahren zu Paula?!«, fragte Franz überrascht.
»Ja«, sagte Lexa nur.
»Darauf bin ich nicht vorbereitet«, sagte Franz und
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