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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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blendeten ihn, ein Kreis bildete sich, man gratulierte, jemand fragte ihn, ob er Tagebuch geführt habe. Dann sah er, wie Anton aus dem Kreis trat. Er sah auch, wie ihm, als er kurz darauf den Konferenzraum verließ, eine Frau folgte. Er erkannte in ihr Luzie Mayer, die neue Chefin der kleinen, aber feinen Werbeagentur. Sie wird wissen wollen, wer mein Nachfolger ist, dachte Hans-Ulrich. Das hatte sie ihn bereits gefragt, und er hatte geantwortet, nur der allwissende Anton Bluhm könne ihr darauf eine Antwort geben.
    Der Fahrstuhl war überfüllt, jemand verglich die Enge mit jener in japanischen U-Bahnen zur Rushhour. Trotzdem atmete Anton auf, die Verabschiedung von Hans-Ulrich hatte sein noch fragiles Gleichgewicht durchaus gefährdet. Wie befreit schlenderte er jetzt die Straße hinunter, es war früher Abend, der Verkehr staute sich, die Geschäfte waren überfüllt.
    Mit dem Engels-Zitat konnte er den Schlussstrich ziehen unter Hans-Ulrich Hacker. Er musste nicht mehr aufrechnen oder abrechnen oder nachrechnen, die Rechnung war ausgeglichen.
    »Ihr Zitat ist ein bisschen in die Jahre gekommen, ein bisschen unmodern formuliert, würde ich sagen«, sagte eine Frauenstimme neben ihm, »darf ich Sie ein Stück begleiten?«, fragte sie dann.
    Anton blieb stehen, die Frau neben ihm auch. Sie hielt ihren Kopf leicht schräg und schaute ihn an, ihr Lächeln war nicht fragend, es wirkte fordernd.
    »Wohin wollen Sie mich denn begleiten?«, fragte Anton.
    Die Frau neben ihm schaute an sich hinunter und auf ihre hochhackigen Pumps. Sie sahen nicht besonders bequem aus.
    »An der Kreuzung links, dann zwei Mal rechts«, schlug sie vor.
    »Zum Austernkeller?«
    Sie nickte und Anton folgte ihr unwillkürlich.
    Sie wirkte sportlich, trainiert. Mitte vierzig, schätzte Anton. Sie trug ein modisches, rehbraunes Kostüm mit engem Rock und taillierter schultergepolsterter Jacke. Ihre Haarfarbe passte zum Kostüm, war einen Ton leuchtender mit helleren Strähnen, die in ihr Gesicht fielen. Im Gegensatz zu ihrer Erscheinung wirkte ihr Gesicht eher unauffällig, doch ihrem intensiven Blick konnte man sich nicht entziehen.
    »Wir kennen uns nicht?«, fragte er, als er neben ihr herging.
    »Nicht direkt«, sagte sie und stellte sich ihm vor: »Luzie Mayer«, daraufhin nannte sie den Namen der Agentur.
    »Dann haben Sie mit Hans-Ulrich Hacker zu tun«, schloss Anton.
    »Seit Kurzem. Ich würde mich gern mit Ihnen über die menschliche Natur unterhalten, über das Manifest, wie Sie das Zitat genannt haben.«
    »Im Separee?«, fragte Anton, sie standen vor dem Austernkeller.
    »Warum nicht«, sagte sie, schaute ihn mit leicht schräg gehaltenem Kopf auffordernd an und ging voraus. Anton folgte ihr. Neugierig.
    Um diese Zeit war das Restaurant noch wenig besucht. Sie bekamen in einem der Separees mit mehreren Tischen einen Platz. Anton bestellte, wie in früheren Zeiten mit Franz, Champagner und Austern. Luzie schaute auf ihre Armbanduhr, sie habe später noch einen Termin, sagte sie und übersetzte dann das Zitat in die heutige Zeit, wie sie es nannte, in der das, was einer will, der andere auch wolle, und am Ende wollten es alle. Danach sagte sie unvermittelt: »Sie hatten übrigens Erfolg, er ist zu ihr zurückgekehrt.«
    Anton war froh, dass der Kellner gerade den Champagner und die Austern servierte, er verstand nicht im Geringsten, wovon sie sprach. Es klang verwirrt und irritierte ihn, er musterte sie so unauffällig wie möglich. Als der Kellner sich zurückgezogen hatte, sagte er: »Ich verstehe Sie nicht.«
    Luzie erklärte es ihm. Eigentlich sei sie froh gewesen, dass es Anton gelungen sei, Franz und Rosi wieder zusammenzubringen, sagte sie und hob das Champagnerglas: »Auf den braven Franz.«
    Nein, darauf wolle er nicht anstoßen, sagte nun Anton, und er fühle sich von ihr getäuscht.
    Das sei nun einmal ein wichtiger Aspekt ihres Berufs, die Täuschung, erwiderte sie und amüsierte sich offensichtlich über ihn.
    »Und? Was denken Sie jetzt?«, wollte sie dann wissen, als Anton sie anstarrte, noch damit beschäftigt, in der Frau ihm gegenüber die frühere Geliebte von Franz zu erkennen.
    »Soll ich es Ihnen verraten? Sie überlegen, ob Sie Sex mit mir haben werden. Wie Franz.«
    Anton dachte nach.
    »Stimmt«, sagte er schließlich, obwohl er nicht daran gedacht hatte, doch ihr Spiel gefiel ihm plötzlich. Er hatte schon lange nicht mehr im Sinne des Homo ludens, wie Hans-Ulrich es nennen würde, gespielt.
    »Ich will

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