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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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Antworten, aber nicht, um zu verstehen, was er ihr antwortete, sondern ob er ihr antwortete. Denn ihre Fragen enthielten Botschaften, geheime Andeutungen ihrer Liebe, die er verstehen konnte und auf die er antworten musste, wenn auch er sie liebte.
    Oft lag sie nachts wach und sah sein Gesicht vor sich, wenn er ihr antwortete. Ihre Sehnsucht und ihre Leidenschaft, so geheim sie tagsüber blieben, so befreit waren sie in ihren Träumen, nachts erfuhr sie, was sie sich wünschte, und immer öfter kam er ihr im Hinübergleiten in den Schlaf nahe, fand sie sich an seinen Lippen, sank sie in seine Arme, beugte er sich über sie.
    Ihre Fragen wurden bald drängender. Er nahm sich immer mehr Zeit, erklärte ihr ausgiebig und mit einer sich steigernden Erregung die Fortschritte, die er machte, ja, einmal schrieb er für sie die leicht veränderte Formel, die er gerade gefunden und die ihn jetzt in Meilenstiefeln voranbringen würde, auf ein Blatt Papier. Und als sie sich darüberbeugte, um zu lesen, stand er so nahe bei ihr, sie glaubte, er wolle sie umarmen, und wandte sich ihm zu und sank an seine Brust, er drückte sie heftig, ließ sie jedoch gleich wieder los, sodass sie in ihrer Hingabe leicht taumelte.
    »Wir schaffen es! Bald haben wir es geschafft, und dann erfüllen sich unsere Träume«, rief er.
    Sie war ein wenig erschrocken über die Heftigkeit seiner Gefühle gewesen. Doch dann beugte er sich über die Formel und schien völlig vergessen zu haben, dass sie neben ihm stand. Er schien noch nicht einmal zu bemerken, dass sie die Goldmacherei verließ, weil der Diplomingenieur August Lowicki, den sie nicht anwesend wusste, plötzlich aus einer der Milchglaskabinen herausgetreten war.
    Nachts spürte sie seinen Körper, dessen Abdruck durch alle Kleidung hindurch auf ihrer Haut war. Sie berührte ihn und verschmolz mit ihm.
    In ihr sei ein unvorstellbarer Tumult ausgebrochen, als Hubert den Aufenthalt mit dem kleinen Franz im Gewölbe verbot, hatte sie Liane erzählt und in seltsamer Klarheit ein noch nie gedachtes Bild für ihr Befinden damals gefunden: Sie habe sich gefühlt, wie sich ein Fisch fühlen musste, wenn er im Sturm von einer Welle an Land geworfen wurde.
    »Und du weißt nicht, ob er dich auch geliebt und wie du gelitten hat?«, hatte Liane gefragt.
    »Nur in meinen Träumen haben wir uns geliebt«, hatte sie geantwortet, bis sich alle Illusionen endgültig auflösten.
    Bei ihrem letzten Besuch hatte ihr Liane am Ende all ihrer Erinnerungen an den Goldmacher von einem Goldkern erzählt, einem Nugget of Gold, wie ihn die buddhistischen Mönche auch nennen, den jeder Mensch besitzen würde.
    »Vielleicht bist du auf der Suche nach diesem Goldkern gewesen und hast geglaubt, ihn durch den Goldmacher zu finden«, hatte sie gemeint. Sie war so erschöpft, dass sie noch während des Gesprächs eingeschlafen und erst wieder aufgewacht war, als es bereits dämmerte.
    Alexandra hörte das Geräusch eines Autos, das in die Einfahrt fuhr, richtete sich in ihrem Stuhl auf und beugte sich vor. Es war der kleine kanariengelbe Wagen des Hausmeisterpaars, die vom Einkauf zurückkehrten, nicht der rote Flitzer von Liane. Dann hörte sie die Hausmeisterfrau in der Küche mit den Vorbereitungen für das Mittagessen beginnen und hatte plötzlich großen Hunger, sie sah sich bereits in der Essdiele am Tisch sitzen, Liane saß gegenüber und erzählte von dem Goldkern.
    Als sie den Riesling geöffnet hatte, Liane jedoch noch immer nicht eingetroffen war, denn es war nicht Freitag, wie der Hausmeister bereits festgestellt hatte, trat die Hausmeisterfrau hinter Alexandra und bat sie zu Tisch. Doch Alexandra saß bereits an einem gedeckten Tisch, wenn auch in einer anderen Welt. Sie selbst hätte diese andere Welt in Anlehnung an das Tibetanische Totenbuch, das sie in den letzten Jahren genauer studiert hatte, das Zwischenreich genannt. Ein Reich zwischen Erde und Himmel.
    Die Hausmeisterfrau erschrak. Obwohl sie auf diesen Augenblick vorbereitet gewesen war, wusste sie nicht, was sie jetzt tun sollte. Sie lief aus der Wohnung und rief nach ihrem Mann.

5.
    Das Rauschen schmuggelte sich früh am Morgen als Versprechen in ihren Schlaf und für einen Augenblick wurde sie im Wachwerden vom vertrauten leisen Wellenschlag des Meeres begleitet. Bis Lexa erkannte, es war das Rauschen des frühmorgendlichen Verkehrs, und sie war auf dem Amselhof, nicht in ihrem Bett zu Hause in Sydney, oberhalb der lang gezogenen Bucht am Pazifik.

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