Goldmacher (German Edition)
bestellte. Ihre erste Alpenüberquerung lag vor ihr, und das im Schneegestöber, sie brauchte eine Nervenstärkung.
Als Franz den schneekettenbewehrten Borgward den kurvenreichen Brennerpass hinauflenkte, während die Schneeflocken sich immer dichter auf die Windschutzscheibe legten und die Sicht, trotz der in Höchstgeschwindigkeit arbeitenden Scheibenwischer, immer schlechter wurde, erinnerte sich Franz plötzlich überdeutlich an seinen ersten Fallschirmabsprung bei Monte Cassino. Und auch die Begegnung mit dem Mädchen in Rom am Tag vor diesem ersten Einsatz tauchte vor seinem inneren Auge auf. Er gab unwillkürlich Gas und der Wagen rutschte aus der Spur, woraufhin Rosi aufschrie, sein innerer Film riss sofort ab und er steuerte den Wagen wieder konzentriert.
Auf der italienischen Seite der Alpen fuhren sie dann in den Frühlingsbeginn hinein, die Luft war lau, Bäume und Blumen blühten.
Sie übernachteten in einer Pension am Gardasee und nahmen am nächsten Morgen auf der sonnenbeschienenen Terrasse mit anderen deutschen Touristen das Frühstück ein, bevor sie über Verona weiter Richtung Rom fuhren. Der Verkehr auf den Landstraßen wurde dichter, es waren vor allem Autos aus der Bundesrepublik, die sie sahen.
»Es sind die Frauen«, erklärte Franz Rosi diesen unübersehbaren Andrang aus Deutschland, das hätten ihm die Kollegen in der Bank erzählt, die Frauen würde es nach Italien ziehen.
»Wegen amore? «, fragte Rosi.
Franz schaute irritiert: »Amore?«
Rosi lachte.
Wenige Tage darauf saßen Franz und Rosi in Rom unterhalb der Spanischen Treppe in einem Café. Die Tische und Stühle standen bereits vor dem Café auf der Straße.
Franz lehnte sich vorsichtig gegen die zierliche Lehne des Stuhls und legte den Kopf in den Nacken, er hielt sein Gesicht in die angenehm wärmenden Sonnenstrahlen und wieder erschien ihm das römische Mädchen vor seinem inneren Auge, er sah es vor sich, sah, wie es sich umdrehte, ihn anlächelte, bevor er mit jähem Ruck hochsprang, nach dem Kellner rief, die Lirescheine für due Espressi unter den Rand der Untertasse schob, sich Rosis Hand griff und mit ihr, die ihm überrascht, aber auch neugierig folgte, zu einer der Pferdekutschen ging, die in der Nähe auf Fahrgäste warteten.
»Ich muss dir etwas zeigen«, erklärte er und begann schon, mit dem Kutscher zu verhandeln.
Bei dem Namen Trastevere schüttelte der Kutscher den Kopf, zählte wortreich und ausladend gestikulierend die Stationen der Fahrt auf, zu denen er bereit war, und schloss kategorisch mit Trastevere no, woraufhin Franz einen Tausendlireschein nach dem anderen aus seiner Brieftasche zog, bis der Mann schließlich wortlos das Bündel zusammenrollte und verstaute. Franz half Rosi, die ihn erwartungsvoll ansah, in die Kutsche.
Während der etwas holprigen Fahrt erzählte er ihr, wie er sich am Tag vor seinem ersten Einsatz im Anschluss an die Messe im Petersdom in das Viertel Trastevere verlaufen hatte und dort in einen Hinterhalt geraten war. An diesen Ort würde der Kutscher sie jetzt bringen, er wolle ihn in Friedenszeiten wiedersehen. Das Mädchen verschwieg er.
»In einen Hinterhalt?«, wiederholte Rosi, und ihre Miene verdüsterte sich. Sie wollte das alte Rom besichtigen, das Forum Romanum, das Kolosseum der Gladiatorenkämpfe und die vielen Brunnen, die Fontana di Trevi, die Piazza Navona, alles, was sie bisher nur aus dem Reiseführer kannte. Von einem Stadtteil mit Namen Trastevere stand nichts darin. Den Ort eines Hinterhalts aufzusuchen, der im Krieg Franz gegolten hatte, das lag außerhalb ihres Rom-Besichtigungsprogramms. Sie protestierte.
Doch Franz war so sehr damit beschäftigt, Wege, die er vielleicht gegangen war, wiederzuerkennen, dass er weder auf Rosis Protest noch auf ihre Enttäuschung achtete.
Als er den Kutscher schließlich an einer der Brücken über den Tiber, die er als den Übergang zu dem Gewirr von schmalen Straßen und kleinen Gassen wiedererkannt zu haben glaubte, anhalten ließ, weigerte sich Rosi auszusteigen. Sie würde warten, bis er von der Besichtigung seines Hinterhalts zurückkehre, sagte sie, einigermaßen verärgert.
Franz versuchte nicht, Rosi umzustimmen, er nickte bloß hastig und machte sich dann auf den Weg.
Über größere und kleinere Umwege näherte sich Franz seinem Ziel, während Laura ihre Näharbeit beendete und nun den neuen Rock anprobierte. Sie drehte und wendete sich vor dem Spiegel, um seine Passform zu begutachten, sie wollte ihn
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