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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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auch schwer, ihren Sohn anzusehen. Dabei drängte es sie, ihn nicht nur anzusehen, sondern sein Gesicht zu durchforschen.
    Francesco schaute fragend auf seine Mutter hinunter, mit seinen dreizehn Jahren war er bereits einen Kopf größer als sie.
    »Was ist? Ich bin mit Remo verabredet, er will mir ein Kunststück zeigen, ich muss mich beeilen. Was siehst du mich so an? Habe ich was ausgefressen?« Francesco lachte.
    Normalerweise hätte Laura mit einem verspielten Klaps auf seinen Arm geantwortet, jetzt schaute sie, kaum begegneten sich ihre Blicke, schnell wieder zu Boden, so erschrocken, als hätte er gerade tatsächlich irgendetwas angestellt.
    Francesco runzelte die Stirn und sah aus dem Fenster auf die Straße. Auf der gegenüberliegenden Seite stand der Fremde von vorhin wieder und sah zu ihm hinüber. Nun hörte Francesco endlich die Stimme seiner Mutter, sie gab ihre Bestellung auf, erleichtert wandte er sich der Bäckersfrau zu und nahm die Brote entgegen.
    Zurück auf der Straße war die Mutter dann plötzlich in Eile, sie hatte keine Zeit mehr für den Schlachter, schickte ihn mit den Broten nach Hause und eilte selber hastig weiter zum Onkel. Francesco war das nur recht, er spurtete los, Remo wartete bestimmt schon vor der Haustür.
    Im Kurzwarenladen setzte sich Laura gleich an die alte Nähmaschine im hinteren Teil des Ladens und begann, die neuen Gardinen für die Mutter zu nähen. Sie trat dabei so heftig das Pedal, dass die Mutter, die mit Nino bei einer Tasse Kaffee und einem Stück von Lauras Apfelkuchen über die letzte Kundin ratschte, sie zur Vorsicht mahnte, der Antriebsriemen könnte solch einem Tempo nicht mehr standhalten.
    Nino sah aus dem Ladenfenster auf die Straße.
    »Wahrscheinlich ein Tourist, der sich verlaufen hat«, meinte er zur Mutter und nickte zu dem Mann, der draußen vorbeiging, »vermutlich ein Deutscher.«
    Die Mutter sagte nichts, trank langsam den Kaffee und ließ sich den frischen Apfelkuchen schmecken.
    »Ja, ja, die Deutschen«, seufzte sie nach einer Weile und dachte zum ersten Mal seit Jahren an jenes Ereignis, das zu Lauras Verheiratung mit dem Sohn des Cousins ihres Mannes geführt hatte.
    »Ja, ja, die Deutschen«, seufzte die Mutter noch einmal, »Laura, setz dich doch zu uns«, rief sie dann in den hinteren Teil des Ladens.
    Aber Laura hing wie ein Jockey über seinem Pferd über der alten Nähmaschine, trieb sie mit wippendem Fuß unaufhörlich an und führte den stetig gleitenden Stoff der in Höchstgeschwindigkeit stichelnden Nadel zu, nähte ihn Bahn um Bahn zu Gardinen zusammen und blickte nicht von der Arbeit auf, bis es dämmerte.
    Die Mutter und Nino hatten schon längst das Geschäft verlassen und beim Schlachter den Lammbraten abgeholt, als Laura endlich die Ladentür abschloss, das Gitter davorschob und es verriegelte.
    Zu Hause saßen alle bereits um den Tisch und aßen zu Abend. Sie setzte sich auf ihren Platz neben Francesco, vermied es aber wieder, ihn anzusehen, und löffelte stumm die Minestrone in sich hinein, während Francesco weiter von Remo erzählte, der ihm am Nachmittag den Trick gezeigt hatte, mit dem sizilianische Taschendiebe den Touristen ihre Geldbörsen entwenden würden.
    »Angeber«, meinte Nino.
    Francesco schüttelte so energisch den Kopf, dass ihm seine kastanienbraunen Locken in die Stirn fielen: »Er ist kein Angeber. Er hat einen Onkel, der kommt aus Sizilien und der ist von Beruf Taschendieb. Er hat Remo gezeigt, wie es geht.«
    »So? Trotzdem Angeber.«
    Wieder schüttelte Francesco energisch den Kopf: »Kein Angeber. Er hat es mir gezeigt.«
    »Was hat er dir gezeigt?«, wollte Nino nun wissen.
    »Wie man einem Touristen die Brieftasche klaut, ohne dass der es bemerkt.«
    Nino lachte: »Dio mio, Francesco, da hat dir Remo aber einen Bären aufgebunden!«
    »Mir?!« Francesco fuhr empört auf: »Niemals!«
    Er sprang hoch, war mit wenigen kurzen Sprüngen nebenan und wieder zurück und ließ mit Schwung eine schwarz glänzende Brieftasche über die blank gescheuerte Tischplatte in die Mitte des Tisches sausen.
    Die Mutter, Nino und auch Laura beugten sich vor und starrten auf das rechteckige Ding aus schwarzem Krokodilleder.
    »Eine Imitation«, stellte Nino fest, der als Erster die Sprache wiederfand.
    »Nein, echt«, widersprach Francesco, ließ sich auf seinen Stuhl fallen, lehnte sich lässig zurück und klemmte einen Arm hinter die Lehne.
    »Echtes Krokodilleder«, erklärte er mit Kennermiene und Triumph in der

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