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Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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drehte sich nun langsam die Alabasterkugel.
    Das Siegel war Teil ihres Seelenbilds geworden.
    Das Siegel gehört nun dir, Seelenherrin , sagte Ys.
    »Es gehört mir?«, fragte Sanara verwirrt. »Es ist in mir. Sollte ich es nicht zerstören?«
    Ys lachte leise. Wieder fühlte Sanara sich an das Lachen von Sternen erinnert.
    Das Siegel ist in der geschaffenen Welt sichtbar. Du hast es gesehen. Und doch existiert es auch in den Nebeln der Jenseitigen Leere.
    »Wie kann das sein?«, wollte Sanara wissen.
    Nichts, was ich erschaffe, ist nur in der wirklichen Welt oder nur in den Nebeln. Das ist eine Trennung, die mein Geliebter und ich etablierten, als wir die Herrschaft über die Welt an unsere Söhne abgaben. Diese wollten sich die Welt aufteilen. Dabei wollten sie gerecht sein, und so wurden Tod und Leben getrennt, auf dass jeder der Mondzwillinge einen Anteil an diesem Mysterium des Seins erhielte.
    Doch was ich schaffe, existiert immer in beiden Welten, sowohl im Tod als auch im Leben. Es ist dasselbe. Du kannst es nehmen. Du bist der Tod, aber du trägst auch das Leben in dir.
    Sanara nickte langsam. »Ihr habt es mir und dem Geliebten meiner Seele schon gesagt«, murmelte sie. »Damals, als Ihr ihn und mich zu Euch rieft. ›Du kannst es nicht allein, Sohn des Vanar. Sie kann es nicht allein. Das Siegel ist sowohl in der Leere, in der Syth lebt, als auch hier in dieser Welt. Kein Herr des Lebens könnte es ohne einen finden, der den Nebeln befiehlt. Kein Seelenherr könnte es bergen, ohne dass sein Geist ans Leben gebunden würde. Ich habe euch gewählt. Nur ihr werdet das vollbringen können, doch einer nicht ohne den anderen.‹«
    Ys nickte. So ist es.
    »Dann kann es nicht zerstört werden?«, fragte Sanara.
    Ich schuf das Siegel aus den Elementen der Erde, der Luft, des Wassers und des Feuers, denen ich Form verlieh wie einst der Welt selbst, um Syth an seinem Tun und Wesen zu hindern. Doch ich kann nichts ohne ihn schaffen, und so musste er es segnen, um es wirksam werden zu lassen. Er tat es, da er den Kummer nicht ertrug, den sein Tun und Wesen mir zufügten, indem er die Welt verließ und in die Leere ging.
    Nun habe ich es freigegeben. Doch wiederum muss er diese Gabe segnen. Reise in den Süden der Welt. Nur in der Wohnstatt meines Geliebten konnte das Siegel seinen Sinn erfüllen, und nur dort kann es nun zerstört werden.
    »Ich verstehe«, murmelte Sanara. »Ich muss es ihm bringen, denn er ist gebunden. – Es ist ein weiter Weg in den Süden der Welt«, sagte sie dann. »Aber ich werde tun, was Ihr verlangt, damit die Welt ihren Frieden wiedererlangt!«
    Sei gesegnet, Geschöpf.
    Ys beugte sich vor. Ein kühler, aber erfrischender Hauch traf Sanara auf die Stirn. Trost und Friede breiteten sich in ihr aus, der Schatten einer Ruhe, wie ein Kind sie empfinden mochte, wenn die Mutter es zu Bett brachte. Sie schloss die Augen und spürte dem Gefühl nach, das ihr Kraft und Mut zu geben schien.
    Dann spürte sie erneut ihren Körper. Neuer Mut und Zuversicht flossen in sie, als erhielte sie neues Blut, das sie bis in die Fingerspitzen hinein erfüllte.
    Einen Augenblick später waren die Nebel verschwunden, das Lied, das in Sanara erklungen war, fort. Als sie die Augen öffnete, sah sie im Licht beider Sonnen einen letzen silbrig-goldenen Funken wie einen Gruß um das Haupt der Statue schweben.
    Die Kugel auf dem Altar war fort.
    Als Sanara erneut auf das Haupt der Statue blickte, war dahinter nur die Weiße Sonne zu sehen.
    Der Abstieg ins Tal ging schneller vonstatten, auch wenn er kaum weniger anstrengend war als der Aufstieg. Während die Weiße Sonne im Untergehen begriffen war, passierten sie die kleine Höhle, in der sie die letzte Nacht verbracht hatten, doch sie hielten nicht an. Schon bald spürte Sanara die Abwärtsbewegung in den Beinen so stark, dass sie fürchtete, selbst Telarions Kräuter würden an diesem Abend den Schmerz in den Waden nicht sonderlich lindern können.
    In den folgenden Tagen kamen sie nur langsam voran. Doch der Pfad wurde bequemer, sobald sie die Brücke erreicht hatten, die den Oberlauf des Sorinas überspannte. Auch wenn er bergig und steinig war, die Weisen und auch die Elben von Larondar hatten ihn ausgebaut. Es war gefährlich, dessen war Sanara sich bewusst, doch es ging nicht anders. Telarion hatten die Magien der Nebel, die er hatte stützen müssen, erschöpft. Er sammelte nur langsam wieder Kraft. Zwar war er immer noch stärker und ausdauernder als sie,

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