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Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Licht in dieser Farbe gemieden, denn man sagte, es stärke die Kräfte des Chaos und der Zerstörung und sei ein Diener des Schöpfergeistes der Veränderung. Doch hier schien man es willkommen zu heißen.
    Wieder erinnerte sich Sinan daran, dass er sich in der Nähe des Berges Farokant und damit des Heiligtums der Tiefe befand. Der Sage nach wohnte dort Syth, einer der beiden Schöpfergeister, die die Welt erschaffen hatten. Der Süden war seine Himmelsrichtung, die Hitze, die Wüste, in der alles verdarb oder schneller lebte. So wie der Norden der Ys gehörte, Syths Gegenpart, der Schöpfergeist der Harmonie und des Friedens. Als Sinan sich daran erinnerte, spürte er so etwas wie Furcht – nein, verbesserte er sich, Ehrfurcht war das bessere Wort – in sich.
    Er war neugierig, ob die Nähe des Heiligtums noch andere Auswirkungen auf das Leben hier in Farokant hatte, und beschloss, danach zu fragen.
    Doch zunächst war wichtig, dass er einen Unterschlupf für dieNacht fand – und idealerweise eine Mahlzeit. Er war zu stolz, wieder zu den Nomaden zurückzukehren und sie erneut um Aufnahme zu bitten. Er wusste, Adhasar und die Seinen hätten es getan, und doch war Sinan der Gedanke, wieder in die Nähe von Mohdavat zu kommen, unangenehm.
    So fragte er sich zur Gasse der Schmiede hindurch. Sie war nicht schwer zu finden, schon ein paar Straßen entfernt begann es nach dem schweren Steinöl zu riechen, in dem die heißen Werkstücke abgekühlt wurden, und nach glühendem Schwarzstein sowie dem Holz der Damiabäume, mit denen die Essen befeuert wurden und deren Haine zusammen mit Gärten voller Rekarbäume vor der Stadt lagen.
    Sinans Herz tat einen Sprung vor Freude, weil er hoffte, schon bald wieder wenigstens kleinere Schmiedearbeiten verrichten zu können. Als er näher kam, mischten sich in den kräftigen Geruch auch harte, metallische Klänge der Hämmer auf den Ambossen. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht wurde sein Schritt langsamer, während ein Blick auf die Meister fiel, die ihrer Arbeit nachgingen. Eine Werkstatt reihte sich an die andere, in einigen wurden Waffen gefertigt, in anderen Gegenstände für den täglichen Gebrauch; Kannen, Krüge, Karaffen, Tabletts. In einer oder zwei Werkstätten saßen Goldschmiede und stellten Geschmeide und anderen Zierrat her.
    Vor einer der offenen Werkstätten blieb er stehen.
    Dort war ein Schmied zu sehen, der einem Gehilfen beibrachte, wie der Hammer zu halten war, um eine Klinge auszuschmieden. Weder der Meister noch sein Lehrling waren von Akusu gezeichnet, doch das war es nicht, was Sinan überlegen ließ, diesen Mann zu fragen, ob er einen weiteren Gehilfen – womöglich einen vom Dunkelmond gesegneten – gebrauchen könne. Es war auch nicht die Haut, die hell und wie die seine mit Sommerflecken übersät war; auch nicht das blonde Haar, das zusammen mit seiner Hautzeichnung den Schmiedemeister als einen Guzari auswies. Es war die Freundlichkeit und Geduld, mit der er den Gehilfen, der offenbar noch nicht lange bei ihm war, in die Geheimnisse seiner Kunst einweihte. In diesem Mann wohnte Rechtschaffenheit, das konnte Sinan in seinen honigfarbenen Augen erkennen.
    »Du musst den Hammer so festhalten«, sagte der Schmied gerade und machte es dem Lehrling vor. »Sonst rutscht er ab, und die volle Kraft des Schlags trifft nicht das Werkstück.«
    Der Lehrling runzelte die Stirn, fasste den Hammergriff nach und begann von Neuem. Doch seine Schläge waren schwach. Mit einem Anflug von Bitterkeit dachte Sinan, dass seine Hammerschläge wahrscheinlich derzeit nicht mehr Kraft besaßen als die des Lehrlings, auch wenn er sicher vieles durch die magischen Gesänge, die man ihm im Tempel des Westens beigebracht hatte, würde wettmachen können.
    Als hätte der Junge seine Gedanken gelesen, wandte er sich nach ein paar Schlägen, nach denen sein Herr das Werkstück, die gebogene Klinge eines großen Erntemessers, in die glühende Esse hinter ihnen gelegt hatte, wieder an seinen Meister.
    »Niavash, stimmt es, dass man bei den Shisans des Abends Gesänge lernen konnte, die die Schmiedekunst zu einer magischen Handlung erheben?«
    Der Schmied lächelte. Dabei ließ er die Klinge nicht aus den Augen, um den Zeitpunkt abzupassen, sobald der Stahl wieder die richtige Temperatur hatte. »Das ist wahr. Man sagt sich, dass dort im Tempel jeder Gesang aufgezeichnet war, den Akusu je seinen Schülern eingab. Doch das Kloster wurde vor Jahren zerstört. Heute leben dort nur noch

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