Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
sehen ein bisschen blass um die Nase aus. Hält Barbara Sie immer noch auf Diät?«
Marzoli brummte vernehmlich. »Diät ist untertrieben. Ich kriege nur noch am Wochenende Fleisch. Abends gibt es Gemüseeintöpfe, Salat, hin und wieder Pasta und, ob Sie es glauben oder nicht, Tofu!«
»Sie tun mir leid, Ispettore, wirklich.« Vincenzos Bedauern war echt. »Tofu ist der reinste Psychoterror. Kennt Ihre Frau denn gar kein Erbarmen?«
»Aber wieso?«, meldete sich Mauracher zu Wort. »Tofu kann auch lecker sein. Ich verwende es oft zum Kochen. Curry-Gemüse mit Tofu, Kürbis-Tofu-Pfanne, ein schöner Auflauf mit Pasta, Brokkoli und Tofu oder ein köstlicher Tofu-Döner, man kann alles damit machen. Kaum ein Lebensmittel ist so vielfältig. Vielleicht kennt Ihre Frau ja nur nicht die richtigen Rezepte, Ispettore Marzoli. Soll ich mal eine Auswahl für Sie zusammenstellen?«
Einem Reflex folgend griff Marzoli bei Maurachers Worten in die Etagere und schob sich zwei Cantuccini gleichzeitig in den Mund. Kauend nuschelte er: »Kein Wunder, dass Sie so klein und zierlich sind, wenn Sie sich so ernähren. Essen Sie mal lieber Fleisch, Lasagne und Nachspeisen, die es in sich haben. Sie können sich das doch erlauben.« Er kicherte. »Was mir allerdings guttut, ist Barbaras Verwirrung, dass ich trotzdem nicht abnehme. Sie hat ja keine Ahnung, dass ich auf der Arbeit pfundweise Mandelgebäck vertilge. Und solange sie mich mit dieser Bohnenpampe quält, werde ich damit auch nicht aufhören.«
Der Commissario musste laut lachen. Er mochte seinen Kollegen von Tag zu Tag lieber. Ein liebender Ehemann und Vater, selten schlecht gelaunt, und wenn doch, dann ließ er es nicht an anderen aus, und materiell mit wenig zufrieden. Ein Mensch, der – wenn man ihn nicht gerade auf die ihm aufgezwungene Diät ansprach – in sich ruhte. Sicherlich hatte seine Barbara ihren Anteil daran. Vincenzo beneidete Marzoli darum, um sein Leben, seine glückliche Familie, seine einfache und bescheidene Lebensphilosophie. Beim Gedanken an Gianna und das bevorstehende Wochenende spürte er einen Stich im Magen. Hoffentlich verspekulierte er sich nicht mit seinen Romantikplänen. »Okay, dann wenden wir uns mal wieder unserem Fall zu. Bevor wir aufbrechen, erzähle ich euch noch kurz, was Reiterer und Paci herausgefunden haben. In ihren Ergebnissen gibt es ein Detail, das euch sicherlich genauso überraschen wird wie mich. Habt ihr in der Zwischenzeit denn schon etwas über den verschwundenen Schlüssel der Burg Reifenstein herausgefunden?«
Marzoli schüttelte den Kopf. »Bis jetzt Fehlanzeige. Fünf Schmiede haben wir noch nicht erreicht, und von den anderen hat niemand in der fraglichen Zeit so einen Auftrag angenommen. Ich glaube kaum, dass es uns bei den übrigen anders ergehen wird. Vielleicht hatte Frau Patscheider den Schlüssel ja wirklich nur verloren.«
Vincenzo blickte nachdenklich durch den Ispettore hindurch. »Vielleicht.«
* * *
Pflerschtal
Das Hotel Christine lag im hinteren Pflerschtal, idyllisch nahe des Pflerscherbachs, der die umliegenden Gletscher entwässerte. Christine Alber empfing die Polizisten in der Gaststube, in der bereits Getränke und Snacks für sie bereitstanden. Die Besitzerin des Hotels war elegant gekleidet, Vincenzo schätzte sie auf Mitte vierzig, vielleicht auch ein paar Jährchen älter. Jedenfalls war sie sehr attraktiv und weiblich mit einer starken Aura. Und trotzdem war sie ihm nicht sympathisch. Ihre Freundlichkeit wirkte aufgesetzt, in ihrem Blick lag etwas Lauerndes.
»Ich nehme an, Sie kommen wegen des Unglücks auf dem Gamperhof?«
Vincenzo beobachtete Alber genau, versuchte, etwas aus ihrer Miene abzulesen. »Wie kommen Sie darauf?«
Alber zog die Augenbrauen hoch. »Nun, Sie sind im Pflerschtal, und das Feuer auf dem Gamperhof ist das Schlimmste, was in unserem Tal seit Ewigkeiten passiert ist. Worum sollte es sonst gehen?«
Vincenzo nickte. »Sie haben recht. Was können Sie uns dazu sagen?«
Alber zuckte mit den Schultern. »Eigentlich nichts. Natürlich kannte ich die Familie, aber wir hatten kaum Kontakt. Ich habe gehört, dass es ein tragisches Unglück war, weil sie den Kamin haben brennen lassen. Aber warum interessiert sich die Polizei für so etwas? Oh, stört es Sie, wenn meine Putzfrau hier während unserer Unterhaltung ihrer Arbeit nachgeht?«
Eine typische, nichtssagende Antwort. Vincenzo spürte, dass sie mehr wusste. »Nein, das stört uns nicht. Wo ist Ihr Koch, Luigi
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