Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
Ferrari? Wir möchten gern mit Ihnen beiden sprechen.«
»Simone«, wandte Alber sich ihrer Putzfrau zu, »gehst du bitte in die Küche und holst Luigi?«
Augenblicke später stand Ferrari neben Alber. Ein attraktiver, maskuliner Typ, dessen Einfalt unübersehbar war. Und wenn ihn seine Menschenkenntnis nicht gänzlich täuschte, dann lief auch etwas zwischen den beiden. Das Knistern war förmlich zu spüren. Auf Nachfrage konnte auch der Koch keinen bedeutenden Beitrag zu dem Brand auf dem Gamperhof leisten, doch das war ohnehin nur als Ouvertüre gedacht gewesen. Jetzt ging es zur Sache. »Warum waren Sie beide im Herbst bei der letzten Führung auf Burg Reifenstein?«
Nur ein leichtes Zucken um Albers Augenwinkel, doch Ferrari schrak sichtbar zusammen. »Burg Reifenstein? Wer? Wir? Ich kann mich nicht erinnern.«
Vincenzo kramte sein Notizheft aus seiner Jackentasche und blätterte darin. »Laut Aussage von Irma Patscheider haben Sie beide am vergangenen einunddreißigsten Oktober an der letzten Führung vor der Winterpause teilgenommen, zusammen mit einem gewissen Andreas Kofer und … mit Familie Gamper, mit der Sie doch eigentlich kaum Kontakt hatten. Sie sollen sich gut unterhalten haben, als Gruppe aufgetreten sein.«
Ferrari wollte etwas sagen, doch Alber war schneller. »Jetzt, wo Sie es sagen, fällt es mir auch wieder ein. Natürlich waren wir dort. Die Idee war uns bei einem lockeren Gespräch gekommen. Ich meine, wir leben hier und kennen unsere eigenen Kulturdenkmäler nicht, das ist doch eine Schande. Ich muss schließlich auch meinen Gästen Ausflugs-Tipps geben, also haben wir gedacht, wir schauen uns das mal an. Die Gampers waren wegen ihres Sohnes dabei. Für ein Kind ist so eine Burg ja was Tolles. Und der Kofer, der hat sich uns angeschlossen, weil er nichts Besseres vorhatte. Das ist alles.«
Vincenzo konnte bei Ferrari eine wachsende Nervosität ausmachen. Er musste ihn in die Enge treiben, also sprach er ihn direkt an. »Sie werden jetzt meine Frage beantworten, Signor Ferrari. Sie, werte Frau Alber, schweigen bitte. Signore, bei der ersten Führung in diesem Jahr am letzten Montag wurde im Verlies von Burg Reifenstein die Leiche von Markus Pircher gefunden. Er ist erfroren, nachdem er keineswegs freiwillig in den Kerker abgeseilt wurde. In seinen Jackentaschen haben wir genügend Gold gefunden, um sich damit eine lange Auszeit zu finanzieren. Was haben Sie dazu zu sagen?« Vincenzo war bei jedem Satz etwas lauter geworden.
Ferrari wich seinem Blick aus, sah überallhin, nur nicht ihm in die Augen. Alber setzte an, die Frage zu beantworten, doch Vincenzo ließ sie nicht zu Wort kommen. »Ich war doch deutlich genug, oder nicht? Ihr Koch wird antworten, nicht Sie. Sabine, sind Sie so gut und führen Frau Alber einen Moment hinaus? Ich möchte allein mit Signor Ferrari sprechen.«
Alber ließ sich schweigend hinausbegleiten, bedachte Luigi aber noch mit einem durchdringenden Blick, der zu sagen schien: Halt die Klappe!
Vincenzo hoffte dennoch, dass er von dem Mann die Wahrheit erfahren würde. »Schießen Sie los, Signor!«
Ferrari zögerte einen Augenblick, doch Vincenzos stechender Blick löste seine Zunge, und das Eis war gebrochen. Er redete wie ein Wasserfall und gab zu, dass seine Chefin und er Teilnehmer einer Expedition gewesen waren. Im vergangenen Herbst waren sie in die Zillertaler Alpen aufgestiegen, um nach Gold zu suchen. Eine gewisse Sara hätte zusammen mit ein paar anderen Bergsteigern die Lagerstätte des Goldes gefunden. Grundlage dafür sei ein altes Schriftstück gewesen, Aufzeichnungen eines Geologen, der die Goldader schon vor über einem Jahrhundert entdeckt hatte. Dieser hätte eine Karte angefertigt, die erahnen ließ, wo sich das Gold befand. Sara habe den Stollen gefunden, aber ihre Mitstreiter hätten sich damit begnügt, ausschließlich den oberen Bereich zu durchsuchen, weil es im unteren zu gefährlich sei. Doch Sara sei davon überzeugt gewesen, dass sich genau dort ein riesiges Goldvorkommen befand. Allerdings habe auch sie den unteren Stollenteil nicht als besonders sicher eingeschätzt und deshalb nicht persönlich an der Expedition teilnehmen wollen. Also hätten sie ein Team aus geeigneten Fachleuten zusammengestellt, um das Gold zu bergen. Auf Pirchers Anraten hin hätten sie einen älteren, aber umso erfahreneren Bergführer ins Boot geholt, Alexander Thaler. Der Weg zum Stollen sei extrem anspruchsvoll und gefährlich gewesen, etliche
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