Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
Belieben an der Nase herumführen. Mit einem Durchsuchungsbeschluss hätten sie diese Beweise möglicherweise finden können. In Form weiterer wertvoller Fundstücke oder kleiner handlicher Ampullen, deren Inhalt seine Gegner aus dem Feld räumen konnten. Das wären zwar noch immer keine Beweise gewesen, aber immerhin hinreichend stichhaltige Indizien, um den Mann in Untersuchungshaft zu nehmen. Vincenzo hatte noch einen Versuch. »Entschuldigung, aber dürfte ich bitte Ihre Toilette benutzen?«
Kofer wies mit der Hand zur Eingangshalle. »Die zweite Tür links. Dort befindet sich das kleine Bad.«
Das kleine Bad mit barrierefreier Großraumdusche, Eckbadewanne und Bidet war größer als Vincenzos Badezimmer, dessen komfortable Größe seinerzeit einer der Gründe gewesen war, warum er sich für die Wohnung entschieden hatte. Er fragte sich, wie wohl Kofers großes Bad aussehen mochte. Es gab einen Spiegel- sowie einen großen Stehschrank mit Rolladentür. Er öffnete beide der Reihe nach. Rasierwasser, mehrere Eaux de Toilette, Handtücher, Kopfschmerztabletten, ein paar Zeitschriften. Keine Schlafmittel. Was nicht hieß, dass Kofer sie nicht woanders, zum Beispiel in seinem großen Badezimmer, aufbewahrte, der Palast war schließlich riesig genug.
Enttäuscht kehrte Vincenzo in die Wohnhalle zurück und versuchte es mit einer direkten Frage. »Herr Kofer, nehmen Sie eigentlich Schlafmittel?«
Der Museumsdirektor lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Nein. Waren also Schlafmittel in dem Wasser? Ich kenne mich damit zwar nicht aus, aber kann nicht jeder so etwas rezeptfrei in der Apotheke kaufen?«
Ein weiterer Punkt für Kofer. Genau das hatte Reiterer auch gesagt. Dennoch wäre es ein Hinweis gewesen, ein weiterer kleiner Puzzlestein. Vielleicht ließ sich der Museumsdirektor wenigstens ein bisschen verunsichern. »Sie haben nicht gerade einen überschaubaren Lebensstil. Das riesige Haus mit phantastischer Einrichtung, maßgeschneiderte Anzüge, wenn ich mich nicht irre. Dazu der Porsche, alles in allem nicht übel. Dafür müsste ich ziemlich lange arbeiten. Und dabei habe ich den Eindruck, dass es mit Ihrem Museum gar nicht so gut läuft. Woher haben Sie das Geld für all das? Waren es vielleicht doch mehr als fünf Kilo Gold?«
Andreas Kofer zuckte mit der Schulter. »So edel, wie sie aussieht, ist die Einrichtung gar nicht. Die Küche war ein Ausstellungsstück. Beamer und Lautsprecher habe ich bei Ebay ersteigert. Man muss nur etwas Geduld haben, dann kann man auch ein Schnäppchen machen. Der Porsche ist geleast, aber das habe ich Ihnen schon erzählt, und von dem Haus machen Sie sich falsche Vorstellungen, Commissario. Bei Ihnen in Bozen ist Wohnraum teuer, aber hier oben, im hintersten Pflerschtal, wirft man Ihnen Häuser und Grundstücke geradezu nach. Sie sind auf der falschen Fährte. Tut mir leid.«
24
Donauwörth, Freitag, 27. April
Kriminalhauptkommissar Hans Dieter Feyerabend saß an seinem Schreibtisch und blickte voller Verdruss aus dem Fenster. Das miese Wetter passte zu seinem hässlichen spartanischen Büro. War das der Dank seines Dienstherren für zig Jahre treuer Ergebenheit? Furnierholz und Kunststoff? Ein Rechner, mit dem selbst sein Enkel, der gerade erst acht geworden war und sich auf alles Technische stürzte, nicht spielen würde? Zudem machte ihn dieses Wetter fertig. Es war viel zu kalt, von Sonne und Frühling keine Spur, dauernd regnete es. Wäre man im Süden, da sähe es schon anders aus. Man musste nur über die Alpen fahren, schon war man mitten im Sommer. So wie in Südtirol, wo er noch nie gewesen war. Schön musste es da sein. Und man sprach sogar Deutsch, obwohl Südtirol in Italien lag. Der Kollege, der ihn aus Bozen angerufen hatte, hatte ihm in fast akzentfreiem Deutsch erklärt, dass das mit der Geschichte Südtirols und dem Zweiten Weltkrieg zusammenhing. Das hatte er nicht gewusst, aber er war schon in der Schule schlecht in Geschichte gewesen.
Trotz des neu erworbenen Wissens war Feyerabend nicht gerade begeistert von der Anfrage der Kollegen aus Südtirol. Es widerstrebte ihm schon aus Prinzip, im Auftrag einer ausländischen Behörde gegen einen Landsmann zu ermitteln. Sicherlich hätte er das Ansinnen ablehnen können, andererseits war es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, Kollegen zu helfen, egal woher sie kamen. Und wie hieß es doch so schön? Man traf sich im Leben immer zwei Mal. Also hatte Feyerabend noch am Vortag die Ermittlungen
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