Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
die Vincenzo auf sechzig Quadratmeter schätzte. Ohne die zusätzliche Kaminecke. Ein Tresen trennte die Wohnhalle von der geräumigen Essküche, deren Boden aus cremefarbenem Marmor war, der sich auch auf dem Tresen wiederfand. Wenn ihn nicht alles täuschte, stammte die Küche von Warendorf. Purer Luxus. Als Vincenzo die Kaffeemaschine auf der Arbeitsplatte neben der Spüle erblickte, musste er grinsen. Dasselbe Modell, das auch Reiterers Büro aufwertete. Durch eine große Fensterfront konnte man auf ein gärtnergepflegtes Grundstück mit gemauertem Gartenhaus und Fischteich blicken. Die Möbel, allesamt aus dunklem Holz, erweckten wie alles in dem Haus den Eindruck, sündhaft teuer gewesen zu sein. Obwohl die Einrichtung stimmig war, konnte Vincenzo sich nicht vorstellen, sich hier wohlzufühlen. Alles war ihm zu geplant, zu sauber, strahlte Kälte und Distanz aus. Ein kurzer Blick zu Marzoli und Mauracher reichte, um zu wissen, dass es seinen Kollegen nicht anders ging. Wenn Marzoli sich unbehaglich fühlte, neigte er dazu, seine Finger zu reiben – so wie jetzt. Mauracher demonstrierte bewusstes Desinteresse beim Anblick der protzigen Einrichtung, indem sie beide Hände tief in den Taschen ihrer viel zu weiten Jeans vergraben hatte und gelangweilt aus dem Fenster schaute.
Was Vincenzo in dieser Inszenierung eines Wohnzimmers nicht entdeckt hatte, war ein Fernseher. »Sie wohnen recht fürstlich, Herr Kofer, wenn ich das mal anmerken darf. Allerdings vermisse ich einen Fernseher. Verzichten Sie bewusst darauf?«
Der Museumsdirektor lächelte. Er fühlte sich geschmeichelt. Jetzt erkannten auch die Beamten, dass er es zu etwas gebracht hatte. »Natürlich sehe ich gern fern.« Kofer griff sich zwei Fernbedienungen, die auf einem kleinen Beistelltisch lagen, und drückte auf beiden einen Knopf. Mit einem leisen Surren senkten sich gleichzeitig ein Beamer hinter dem größeren Ledersofa und eine Leinwand auf der gegenüberliegenden Seite herab. »Das ist ein Beamer von Epson. 3-D, versteht sich. Sagenhafte Bildqualität. Und die Lautsprecher dort«, Kofer zeigte auf mehrere Boxen hinter dem Sofa und unter der Leinwand, die so winzig waren, dass sie Vincenzo entgangen waren, »sorgen für ein einzigartiges Klangerlebnis. Lassen Sie sich nicht davon täuschen, dass sie so klein sind. Die haben richtig Power! Ins Kino gehe ich schon lange nicht mehr. Soll ich Ihnen alles mal vorführen?«
Vincenzo hob beide Hände. »Vielen Dank für das Angebot, aber leider gestattet das unsere Zeit nicht. Wir würden Ihnen lieber noch ein paar Fragen stellen.«
Enttäuscht ließ Kofer Beamer und Leinwand wieder verschwinden und wies dann auf die Sitzgruppe. »Nehmen Sie bitte Platz. Kann ich Ihnen etwas anbieten?«
Noch bevor Vincenzo saß, hatte er Kofers Angebot auch schon abgelehnt und konfrontierte ihn mit den Erkenntnissen der Spurensicherung. »Wir haben auf der Wasserflasche Ihre Fingerabdrücke gefunden. Ich nehme an, Sie wissen, von welcher Flasche ich spreche? Haben Sie etwas dazu zu sagen?«
Der Museumsbesitzer setzte sich auf den einzigen Sessel und schlug die Beine übereinander. Wenn ihn die indirekte Anschuldigung verunsicherte, ließ er es sich nicht anmerken. »Dass Sie meine Fingerabdrücke wahrscheinlich überall in diesem Hotel finden werden«, antwortete er ruhig und sachlich. Von der Aufregung beim Empfang war keine Spur mehr. »Auf Tischen, Stühlen, Flaschen, Gläsern, Kleiderbügeln und, nicht zu vergessen …«, er hielt kurz inne, »auch auf diversen Klobrillen. Ich bin oft dort.«
Vincenzo quittierte Kofers Witz mit einem Lächeln. »Vielen Dank für dieses umfassende Geständnis. Allerdings geht es uns vorrangig um die besagte Wasserflasche. Ich wüsste zu gern, warum wir Ihre Fingerabdrücke ausgerechnet darauf gefunden haben. Da Sie zu den wenigen Überlebenden Ihres goldigen Abenteuers zählen, drängt sich der Verdacht auf, dass Sie bestrebt sind, die letzen möglichen Zeugen zu beseitigen.«
Kofer schüttelte den Kopf. »Sie irren sich. Ich habe niemanden umgebracht. Kapitalverbrechen werden fast immer aufgeklärt. Warum sollte ich für ein paar Tausend Euro so ein Risiko eingehen? Ich habe keine Ahnung, wie das Zeug in Christines Wasserflasche gekommen ist, kann Ihnen aber mit Bestimmtheit sagen, dass ich nichts damit zu tun habe. Und bevor Sie fragen: Christine selbst hat mir davon erzählt.«
Vincenzo ärgerte sich. Solange es keine handfesten Beweise gab, konnte Kofer sie nach
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