Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
aufgenommen. Allerdings war es beim Anruf der Bozner schon kurz vor Feierabend gewesen, und der war ihm noch immer heilig. Er hatte schließlich eine Familie, die all seiner Aufmerksamkeit und Zuwendung bedurfte. Und so hatte er sich zunächst damit begnügt, Hans Berchtenbreiter zu recherchieren, und war nach eingehender Lektüre des hiesigen Telefonbuches fündig geworden. Und weil Hans Dieter Feyerabend pflichtbewusst war, schon sein ganzes Leben lang, trotz der Undankbarkeit seines Dienstherren, war er sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Er hatte den Namen dieses Mannes bei Google eingegeben. Stolz erfüllte ihn, als er herausfand, dass die Zielperson eine Firma besaß, die sich dem Im- und Export verschrieben hatte. Sie führte also Waren aus dem Ausland ein und lieferte Waren umgekehrt ins Ausland. Um was für Waren es sich dabei handelte, konnte Feyerabend nicht herausfinden. Gut, die Sache mit dem Handel hatte ihm der Kollege aus Südtirol schon erklärt, aber ein Kriminalhauptkommissar sollte sich niemals auf andere, sondern nur auf sich selbst verlassen. Mit dieser Einstellung war er schon immer gut gefahren. Sogar ein Bild von Berchtenbreiter hatte er gefunden. Recht unfreundlich sah er aus, der Herr Firmenchef. Niemand, dem man gern im Dunkeln begegnen würde. Doch was hieß das schon? Erkannte man Verbrecher etwa an ihrem Gesicht? Seine langjährige Dienstzeit, er hatte bald Dreißigjähriges, hatte ihn etwas anderes gelehrt.
Die Südtiroler Polizei vermutete einen Zusammenhang zwischen Berchtenbreiters Geschäft und Gold, das ein paar Abenteurer in den Bergen gefunden hatten. Donauwörth, ein Umschlagplatz für Schmuggelware? Äußerst unwahrscheinlich. Seine friedliche Stadt war nicht der geeignete Ort für Hehler. Da nach der erfolgreichen Recherche im Internet noch eine Viertelstunde Zeit bis zum Feierabend geblieben war, hatte er sich überlegt, wie er weiter vorgehen sollte. Sollte es sich entgegen seiner Einschätzung um eine Straftat handeln, waren eine saubere Vorbereitung und methodisches Ermitteln die sichersten Garanten für den Erfolg.
Für einen kurzen Moment hatte Feyerabend tatsächlich in Erwägung gezogen, ohne weitere Recherchen den Kollegen in Bozen mitzuteilen, dass Hans Berchtenbreiter überzeugend habe darstellen können, für den Ankauf des fraglichen Goldes nicht verantwortlich zu sein. Er habe dies sogar mit Beweisen belegen können. Bei der Vorstellung musste Feyerabend innerlich grinsen. Was war er doch für ein Schlawiner. Aber würde er es tatsächlich bringen, die Südtiroler anzuschwindeln? Manchmal war er sich selbst nicht ganz geheuer und fragte sich, wozu er fähig wäre, wenn es drauf ankäme.
Doch letzten Endes hatte sein Pflichtbewusstsein obsiegt. Es gehörte sich nicht, Kollegen die Unwahrheit zu sagen. Es war im Gegenteil seine Aufgabe, die Wahrheit herauszufinden. Nach intensiver Denkarbeit hatte Hans Dieter Feyerabend einen Plan gefasst. Er würde sich Friedrich Fackner schnappen, der ihm als Kriminalobermeister unterstellt war, und am nächsten Tag ohne Voranmeldung zu Hans Berchtenbreiters Firma für Im- und Export fahren. Das Unternehmen hatte seinen Sitz zwar keine fünfhundert Meter von der Polizeidienststelle entfernt, aber es machte mehr Eindruck, wenn man in einem Polizeiwagen vorfuhr, als wenn man zu Fuß auftauchte. Noch immer hatten die meisten Menschen Respekt vor der Staatsgewalt, was man sich, wann immer es ging, zunutze machen sollte. Außerdem war es wichtig, dass einer das Sagen hatte, und das war in diesem Fall ganz eindeutig er, weil Fackner nur im mittleren Dienst war.
Aber es gab noch einen weiteren Grund, den jungen Fackner mitzunehmen: Er musste noch viel lernen. Und dazu war die Kombination aus einem anspruchsvollen Einsatz und einem sehr erfahrenen Kollegen aus dem gehobenen Polizeivollzugsdienst bestens geeignet. Fackner sollte zuhören und mitschreiben, wenn Feyerabend auf den Busch klopfte. Nachdem er diesen ausgeklügelten Plan für gut befunden hatte, fiel ihm ein, dass es eventuell sinnvoll sein könnte, zusätzlich zu prüfen, ob es von Hans Berchtenbreiter bereits eine polizeiliche Akte gab. Nicht dass ihm der Name des Mannes bekannt vorgekommen wäre, trotzdem war nicht auszuschließen, dass ein Kollege schon gegen ihn ermittelt hatte. Gerade als Feyerabend sich in das System einloggen wollte, hatte er jedoch festgestellt, dass er wieder dabei war, Überstunden zu machen. Er hätte schon vor fünf Minuten nach Hause
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