Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
Kaiserslauterer Mordkommission arbeitete, stammelnd: »Ja … Chef …, gerne … Sehr gerne sogar!«
»Schön. Aber da gibt es ein kleines Problem.«
»Welches denn?«, fragte Fouquet sofort mit offenem Mund nach, denn er verstand nun überhaupt nichts mehr.
Tannenberg druckste verlegen herum, bis er schließlich etwas gebar, was ihn anscheinend schon länger beschäftigte: »Du heißt doch Adalbert.«
»Ja, Chef.«
»Das kann ich aber nicht sagen. Was hältst du davon, wenn ich Albert zu dir sage.«
»Natürlich, klar! So haben die mich früher schon in der Schule genannt!«, bemerkte Fouquet erleichtert und ging seinerseits mutig in die Offensive. »Mir geht’s übrigens genauso.«
»Womit?«, fragte Tannenberg nun seinerseits verblüfft und setzte sich zögerlich wieder in Bewegung.
»Chef, mit Ihrem – Entschuldigung – deinem Vornamen.«
»Wieso?«
»Weil ich gern Wolf sagen möchte, nicht Wolfram.«
»Was gefällt dir denn nicht an meinem Vornamen?«, wollte der altgediente Kripobeamte wissen und blickte dabei Fouquet forsch in die Augen.
Dabei bemerkte er die mit einer dünnen, bräunlichen Eisschicht überzogene Pfütze vor seinem linken Schuh nicht, in die er mit voller Wucht hineintrat.
»Verdammter Mist!«, fluchte er.
Aber Tannenberg hatte Glück im Unglück, denn es spritzte zwar eine Ladung trübes, schmutzigbraunes Wasser in die Höhe, aber da er seinen Fuß in einer Blitzreaktion reflexartig nach oben gerissen hatte, blieb der Baumwollsocken und damit auch sein Fuß trocken.
»Wolf passt einfach viel besser zum Leiter einer Mordkommission als Wolfram«, schob Fouquet nach.
»So, findest du? Da haben sich unsere Eltern mit unseren Vornamen ja wirklich ganz schön einen gegeben! Weiß du was, Albert, mir gefällt Wolfram auch nicht«, sagte Tannenberg mit dampfendem Atem in die kalte Novemberluft hinein und schlug seinem Kollegen dabei kumpelhaft auf die Schulter.
»Chef … Oh, nein, nicht schon wieder! Da brauch ich bestimmt noch eine Weile, bis ich mich daran gewöhnt habe. Also: Wolf, da vorne muss es sein. An diese vier Bänke und die Tische erinnere ich mich nämlich noch gut.«
Die beiden Männer beschleunigten ihren Schritt und erreichten wenig später, heftig nach Atem ringend, den höchsten Punkt des Kahlenbergs, der wegen der Sitzmöglichkeiten ein beliebtes Ausflugsziel für die Leute aus der nahe gelegenen Siedlung darstellte.
Der junge Kripobeamte hatte doch etwas mehr Mühe, sich zu orientieren, als er zunächst angenommen hatte.
»Wir sind ja auf dem breiten Weg hier hochgefahren. Außerdem hat da noch kein Schnee gelegen. Jetzt sieht irgendwie alles so gleich aus«, sagte er, während er sich suchend umblickte.
»Komm, streng dich an!«
Fouquet schloss kurz die Augen und spielte in Gedanken nochmals konzentriert die Situation durch, in der er sich an dem Tag befunden hatte, als er und seine Kollegen hier oben auf dem Gipfel des Kahlenbergs von einem aufgeregten Rentner erwartet wurden, dessen Hund den Leichnam gefunden hatte.
»Ich glaube, es war vom Weg aus gesehen genau senkrecht hinter den Bänken, vielleicht 100 Meter davon entfernt, direkt vor einem kleinen Felsen«, meinte er sich nun erinnern zu können.
Noch bevor diese letzten Worte den Mund seines Kollegen verlassen hatten, war Tannenberg bereits losgestapft und fand auch ziemlich schnell ein etwa hüfttiefes, schneebedecktes Erdloch, unmittelbar neben einem zerklüfteten, mit zahlreichen kleinen Eiszapfen behangenen Sandsteinfelsen.
»Dass hier ein Mensch gelebt hat, ist einfach unglaublich! Wie ein Tier …«, bemerkte er kopfschüttelnd. »Was für ein Armutszeugnis für eine reiche Wohlstandsgesellschaft! Bringen wir es denn nicht einmal fertig, solchen armen Schluckern wenigstens einen warmen Schlafplatz zur Verfügung zu stellen?«
»Es gibt doch diese Obdachlosenunterkünfte …«
»Aber anscheinend viel zu wenige!«, schimpfte Tannenberg los.
»Wolf, jetzt reg dich doch nicht so auf«, erprobte Fouquet sich in der neuen Anredeform. »Es gibt viele Penner, die wollen gar nicht in solche Unterkünfte. Die wollen ihre Freiheit und ihre Ruhe haben. Außerdem haben die oft panische Angst, in diesen Obdachlosenheimen beklaut zu werden.«
Tannenberg beruhigte sich wieder ein wenig. »Wenn du Recht hast, dann könnte es doch sein, dass der arme Penner – wie hieß der noch mal?«
»Tauber, Alfred Tauber.«
»Also, dass der Mann seine Habseligkeiten im Wald aufbewahrt hat. Was genau habt ihr
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