Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall

Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall

Titel: Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
Vom Netzwerk:
Gänsehaut, Wärmeschauer durchfluteten ihn, er weinte vor Glück. Eng umschlungen standen die beiden im strömenden Regen und schmusten auch bei den nächsten tempogeladenen Hardrock-Stücken weiter.
    Ohne Rücksicht auf Tannenbergs romantische Zeitreise machte sich plötzlich sein Handy mit Vibrationsalarm bemerkbar. Er zuckte zusammen und griff sich mit fahrigen Händen in die Innentasche seines Sakkos. Es war die Zentrale, die ihn darüber informierte, dass man die gesuchte Roswitha Junke in der Caritas-Einrichtung in der Logenstraße aufgespürt habe.
    Umgehend machte sich der Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission zu Fuß auf den Weg in das Obdachlosenasyl, das sich nur einen Steinwurf vom Quartier Latin entfernt in der unmittelbaren Nähe des Bahnhofs befand. Vor einem halben Jahr war er schon einmal dort gewesen und hatte im Zuge der Totschlag-Ermittlungen Zeugen befragt. Er hatte damals die Erfahrung gemacht, dass es sehr sinnvoll war, sich zuerst einmal mit der Leiterin des Übernachtungsheims über ihre jeweiligen Gäste zu unterhalten und sich dadurch über die verschiedenen Obdachlosen bereits im Vorfeld der anschließenden Befragung wichtige Informationen zu besorgen.
    Die freundliche, sehr robust und burschikos wirkende Caritas-Mitarbeiterin empfing Tannenberg in ihrem Büro im Erdgeschoss.
    »Ja, natürlich hab ich den Alfred Tauber gekannt. Zu dem man hier aber nur ›Bomben-Fredi‹ gesagt hat, weil er, sobald er morgens unser Haus verlassen hatte, immer als erstes zu Aldi ging und sich ’ne Zwei-Liter-Flasche, also eben so ’ne Bombe, Rotweinfusel, gekauft hat.«
    »Was war das für’n Typ?«
    »Der Bomben-Fredi war’n Einzelgänger, der hier immer nur im Notfall übernachtet hat. Wenn’s draußen zu kalt war oder es ihm total dreckig ging. Ansonsten wollte der mit seinen Kollegen nichts zu tun haben. Außer mit der Rosi. Mit der ist er manchmal gemeinsam morgens losgegangen – zur Stichmaloche …«
    »Wohin?«
    »Zur Stichmaloche.« Schlagartig wurde ihr klar, dass Tannenberg mit diesem Begriff aus der Berbersprache nichts anzufangen wusste. »Ach so, Herr Kommissar, Sie verstehen das Wort ›Stichmaloche‹ nicht. Das heißt ›betteln‹ – im Gegensatz zur ›Knochenmaloche‹, was man mit körperlicher Arbeit gleichsetzen könnte.«
    »Wieder was dazugelernt! Kannten die beiden sich schon lange?«
    »Der Fredi und die Rosi?«
    »Ja.«
    »Ich glaub eigentlich nicht. Die Rosi kam etwa im September. Ich glaub aus Frankfurt.« Sie warf die Stirn in Falten, riss die Augenbrauen hoch und presste die Lippen zusammen. »Und der Bomben-Fredi kam aus Stuttgart, wenn ich mich nicht irre. Jedenfalls kam er später als die Rosi, so Mitte, Ende Oktober.«
    »Gut. Danke! Dann schauen wir uns die junge Dame jetzt mal etwas genauer an.«
    »Ich weiß allerdings nicht, ob eine Befragung in ihrem jetzigen Zustand etwas bringt, denn sie hat sich, bevor sie hierher gekommen ist, total abgefüllt. Das machen die Leute oft so, weil bei uns striktes Alkoholverbot herrscht. Normalerweise nehmen wir die dann ja gar nicht auf, wenn sie betrunken sind. Aber was sollen wir denn bei diesen Außentemperaturen mit ihnen machen. Sie wegschicken? Wir müssen ihnen doch Unterschlupf gewähren. Erst vor ein paar Tagen ist doch mitten in der Stadt ein Obdachloser direkt vor einem Pfarrhaus tot aufgefunden worden – erfroren unter einer als Weihnachtsbaum geschmückten Tanne!«
    »Ja, ja, ich hab’s mitgekriegt. Traurige Sache! Aber ich probier’s trotzdem einfach mal mit der Rosi«, entgegnete der Kriminalbeamte und folgte der Leiterin in einen anderen Raum, der ihn irgendwie an eine kleine Kapelle erinnerte. Vielleicht hing es an dem großen Holzkreuz an der Wand oder an der brennenden schlohweißen Kerze, die auf dem runden Tisch rechts neben Roswitha Junke stand.
    Im ersten Moment erschrak Tannenberg, als er dieses menschliche Wrack zum ersten Mal sah, das sich anscheinend nur mit Mühe auf einem schlichten Kiefernstuhl halten konnte. Er setzte sich ihr direkt gegenüber. Die Caritas-Bedienstete dagegen blieb an der Tür stehen, so als wolle sie eine mögliche Flucht der Obdachlosen verhindern, zu der diese aber aufgrund ihres ramponierten körperlichen Zustandes überhaupt nicht fähig gewesen wäre.
    Rosi war anscheinend sturzbetrunken und konnte Tannenberg deshalb gar nicht richtig wahrnehmen. Bevor er sich an sie mit einer Frage wandte, betrachtete er sich die vor ihm sitzende Frau in aller Ruhe: Mit

Weitere Kostenlose Bücher