Goldschatz
weiter?«, zischte Ace. Seit er durch die Fernsehnachrichten die Hoffnung aufgegeben hatte, dass man sie aus Mangel an Motiven von der Liste der Verdächtigen streichen würde, war er unerträglich.
»Ich habe nachgedacht«, sagte sie ruhig. »Vor zwei Jahren war Kimberly so en vogue, dass wir sie verkleiden mussten, wenn wir mit ihr rausgingen. Wir mussten ihr einen falschen Schnauzbart ankleben und sie in Männerkleidung stecken, damit sie nicht erkannt wurde.«
»Was hast du eigentlich für Freunde?«
Sie ignorierte seine Frage und ging zu der Kommode gegenüber dem Bett. Nach kurzer Suche holte sie mit einem triumphierenden Lächeln einen überdimensional breiten Schal aus schwarzer Kunstseide heraus, den sie sich um den Kopf und den Oberkörper schlang. Sie sah aus wie eine verschleierte Muslimin.
Ace musterte sie einen Moment blinzelnd, verschwand dann im Bad und kehrte mit einer großen Flasche Selbstbräuner zurück. Er verteilte das Gel auf Gesicht und Händen. »Du bist gar nicht so blöd, habe ich Recht?«, sagte er leise und Fiona war froh, dass der Schleier ihr breites Grinsen verbarg. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich das letzte Mal so sehr über ein Kompliment gefreut hatte.
Hiernach übernahm Ace wieder das Kommando. Da der Schal nur ihre obere Körperhälfte verdeckte und sie keinen langen schwarzen Rock hatte, waren ihre Hose und die alten Turnschuhe zu sehen. »Wir nehmen den Wagen meines Freundes«, erklärte er und ging in die Küche hinüber. Fiona folgte ihm. Er begann, Lebensmittel aus den Schränken in Papiertüten zu packen. »Wir nehmen so viel mit, wie wir können, weil wir mit unserem Geld haushalten müssen. Wie viel Bares hast du bei dir?« Als er auch Reinigungsmittel aus dem Spind räumte, ging Fiona durch den Kopf, dass ihr neues Versteck offenbar keinen Reinigungsservice hatte. »Rund 50 Dollar«, antwortete sie. »Ich wollte mir hier mit meiner Scheckkarte Geld am Automaten ziehen, bin aber nicht dazu gekommen.«
»Na großartig. Ich habe aus demselben Grund nur 20 Dollar in der Tasche. Das muss reichen, so lange, wie ...«, er warf ihr einen Blick zu, »... wie es eben geht. Bist du fertig?«
»Ich denke schon«, entgegnete sie, machte jedoch keine Anstalten, das Haus zu verlassen, sondern ließ sich Stattdessen auf einen Barhocker sinken. »Ich muss zugeben, dass ich ...»
Sie wollte sagen, dass sie Angst hatte, aber Ace ließ ihr dazu keine Gelegenheit. Er zog sie zu sich heran und küsste sie hart auf den Mund. Es war kein leidenschaftlicher Kuss. Es war ein Kuss, der Mut machen sollte - und ihr verriet, dass er sich nicht weniger fürchtete als sie, dass er aber der Ansicht war, es sei besser, wenn sie das Wort nicht aussprachen.
Es funktionierte. Als Ace zurücktrat und sie erneut musterte, wusste sie, dass er sie wieder auffordern würde, sich zu entscheiden, was sie tun wollte. Er zwang sie zu nichts; er überließ es ihr, völlig frei eine Entscheidung zu fällen.
Sie stand auf, straffte die Schultern und holte tief Luft. »Ich bin bereit, wenn du so weit bist, Sahib.«
Ace lachte. »Ich glaube, das ist Hindi und nicht Arabisch.«
»Wie auch immer. Gehen wir.«
Ihre Verkleidung war einigermaßen überzeugend. In der Garage stieg Ace in den dunkelblauen Chevrolet des Hausbesitzers und ließ den Jeep zurück. Fiona wickelte sich noch einmal in den schwarzen Schal und befestigte den »Schleier« mit einer Sicherheitsnadel, die sie im Bad gefunden hatte.
Als sie aus der Garage fuhren, fluchte Ace plötzlich. »Verdammt! Ich wollte eigentlich mehr von diesem Bräunungszeug auftragen. Ich möchte so dunkel aussehen wie möglich.«
Fiona sah eine Weile zu, wie er mit der Flasche und dem Steuer hantierte; dann nahm sie ihm den Selbstbräuner aus der Hand und verteilte das Gel auf seinem Gesicht. Er hatte eine schöne Haut und seine Körperwärme strömte über ihre Fingerspitzen ihren Arm entlang.
Nach einer Weile warf er ihr aus den Augenwinkeln einen Blick zu und sie fragte in einem Tonfall, der ihn zum Lachen brachte: »Macht dich das an?«
»Nicht direkt. Autsch! Pass auf deine Fingernägel auf!«
»Entschuldige.« Da sah sie plötzlich, wie Ace’ Züge erstarrten, und folgte seinem Blick.
Vor ihnen war eine Straßensperre errichtet worden, die aus sechs Wagen der Staatspolizei bestand und mindestens einem Dutzend Polizisten mit Gewehren.
Fiona ließ sich in ihren eigenen Sitz zurücksinken.
»Was würde deine Freundin Kimberly jetzt tun?«,
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