Goldschatz
irgendwo, kein Bild an den Wänden. Im hellen Mondlicht war leicht zu erkennen, dass das Haus so sorgfältig aufgeräumt worden war, dass es aussah, als wäre es nie bewohnt worden.
»Und was jetzt, Mr. Superhirn?«, zischte Suzie, stemmte die Hände in die Seiten und funkelte Ace an, als wäre er allein verantwortlich für ihrer aller Probleme.
»Woher soll ich das wissen? Ich habe in Ornithologie promoviert, nicht in Mord.«
»Ich möchte mal wissen, wie sie es geschafft haben, das Haus so kurzfristig und unauffällig zu räumen«, sagte Fiona. »Als ich in meine jetzige Wohnung gezogen bin, hat es drei Tage gedauert, alles einzupacken, und ich besitze kein ganzes Haus voll Möbel. Vielleicht... Oh!« Sie schnappte nach Luft.
»Was ist denn?«, fragte Ace alarmiert.
»Ich hätte gestern die Miete überweisen müssen. Die werfen mich raus, wenn ich nicht pünktlich zahle!«
Ace seufzte verächtlich. »Machen wir, dass wir von hier wegkommen.«
»Ganz deiner Meinung«, sagte Suzie und schüttelte sich.
»Ich finde es unheimlich hier.«
Die beiden Frauen warteten draußen, wobei sie sich immer wieder nervös umblickten und zusammenzuckten, sobald nur irgendwo Laub im Wind raschelte. Währenddessen schleppte Ace die in Tücher gewickelte Leiche ins Haus, deponierte sie dort auf dem Boden und zog dann beim Hinausgehen die Tür hinter sich ins Schloss. Anschließend kehrten sie alle ebenso leise wie eilig zurück zu ihrem Haus.
Ace verriegelte die Haustür und lehnte sich dann mit dem Rücken dagegen. »Ich schlage vor, dass wir uns jetzt alle eine Mütze Schlaf gönnen. Wir müssen morgen früh los zu unserem Picknick.« Letzteres sagte er wegen ihrer unsichtbaren Zuhörer - wer immer sie sein mochten.
Sie waren sich einig, obgleich nicht mehr viel von der Nacht übrig war und ihnen in ihrem Leben nie weniger nach schlafen zu Mute gewesen war.
Bald stellte sich die Frage, wer wo schlafen sollte. Ace traute Suzie nicht über den Weg und wollte deshalb nicht, dass sie die Nacht allein in einem Zimmer verbrachte. Also sollten Fiona und Suzie in Fionas Schlafzimmer schlafen, während Ace für sich allein blieb. Allerdings wusste er nach einem Blick auf sein Bett, in dem bis vor kurzem noch Rose’ Leiche gelegen hatte, dass er die Nacht auf keinen Fall in diesem Raum verbringen wollte.
Unter anderen Umständen hätte Fiona sich ein paar bissige Bemerkungen zu seinem Unbehagen nicht verkneifen können, aber sie wollte nicht mit Suzie allein bleiben. Tatsächlich fragte sie sich, welche Rolle Suzie wirklich vor all den Jahren gespielt hatte, damals, als es den Männern nicht gelungen war, die Löwen zu finden.
Letztlich legten sie sich alle zusammen in ein Bett, Suzie in der Mitte. Und Suzie war die Einzige von ihnen, die tatsächlich etwas schlief.
»Du brauchst morgen nicht mitzukommen«, flüsterte Ace über die schlafende Suzie hinweg. »Du kannst auch hier warten.«
»Um so zu enden wie Rose?«, entgegnete Fiona ebenso leise.
»Ich könnte dich...«, er holte tief Luft, »...zu Jeremy bringen.«
»Und du könntest zu Lisa gehen.« Hierauf schwiegen sie beide. Es kam ihnen vor, als hätten sie diese Menschen in einem anderen Leben gekannt. Als Fiona darüber nachdachte, wurde ihr bewusst, dass sie sich nicht einmal mehr genau an Kimberly erinnern konnte. Real erschienen ihr jetzt Ace, seine Vögel, sein Park und all das, was sie in den vergangenen Tagen erfahren hatte.
»Ich bin nicht stolz auf das, was ich ihr angetan habe«, sagte Ace nach einer Weile. »Sie ist ein liebenswerter Mensch und sie liebt mich.«
Und ich etwa nicht? wollte Fiona erwidern, aber das durfte sie nicht einmal denken, geschweige denn aussprechen. Sie standen unter großem Stress und wer konnte sagen, was sie füreinander empfinden würden, wenn Normalität in ihrer beider Leben zurückkehrte.
»Wenn du wieder in New York bist, glaubst du, dass du dann je nach Florida zurückkehren wirst? Oder denkst du, dass du diesen Staat zu sehr hassen wirst, um wiederzukommen?«, fragte er leise.
Suzie ersparte Fiona eine Erwiderung. »Könntet ihr beide vielleicht ein paar Stunden den Mund halten, damit wenigstens einer von uns etwas schlafen kann?«
Fiona sagte nichts mehr, aber sie schlief auch nicht. Manchmal muss erst etwas Furchtbares geschehen, um einen Menschen zu zwingen, sein Leben kritisch zu betrachten. Wenn jemand Fiona vor drei Monaten gefragt hätte, ob sie glücklich sei, hätte sie ohne große Überlegung bejaht. Sie war
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