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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Inspektion E gelandet.«
    »Soso.«
    »Sie war Nackttänzerin in einem illegalen Nachtclub. Bis man dort von ihrer Nebentätigkeit erfuhr und sie feuerte.«
    »Sie sind erstaunlich gut informiert.«
    »Das A und O guter Polizeiarbeit.«
    »Und was soll ich für Sie tun?«
    »Ich brauche möglichst alle Informationen über Fräulein Bosetzky. Und ich würde gern ihren Verbindungsmann sprechen. Wer hat sie seinerzeit rekrutiert, wird sie heute noch eingesetzt, und wenn ja, wo? All diese Fragen.«
    Während er sprach, merkte Rath immer mehr, dass es ein Fehler gewesen war, hier einfach hineinzuspazieren und jemanden wie Werner Lanke um Hilfe zu bitten. Dem Kriminalrat war förmlich anzusehen, wie sehr er seine Macht genoss und noch mehr die Hilflosigkeit seines Gegenübers.
    »Sie sprechen hier über Dinge, die höchster Geheimhaltung unterliegen. Interna der Inspektion E, und ich ...«
    »Ich spreche hier von einer Ermittlung, in der Fräulein Bosetzky als Zeugin eine wichtige Rolle spielen könnte.«
    »Wenn es so wichtig ist, dann wird Kriminalrat Gennat ja mit Sicherheit einen Antrag auf Akteneinsicht stellen. Von Inspektionsleiter zu Inspektionsleiter.« Lanke beendete die Audienz abrupt. Er stand auf und griff zum Mantel. »Und wenn Sie mich jetztbitte entschuldigen wollen. Ich möchte Staatsanwalt Rosanski nicht warten lassen.«
    Lanke setzte seinen Hut auf, warf einen schwarzen Mantel über seine krumme Gestalt und sah nun wirklich wie ein Geier aus. Ein Geier mit Hut. Rath folgte ihm hinaus auf den Gang, wo der Kriminalrat es nicht versäumte, sein Büro abzuschließen, demonstrativ, als wolle er Rath zeigen, wie wenig er ihm über den Weg traute. Der Chef der Sitte tippte noch kurz an seinen Hut, dann ging er, gebeugt wie immer, den Gang hinunter und verschwand im Treppenhaus des Lichthofes, wo wahrscheinlich schon sein Wagen wartete.
    Erika Voss war bereits da, als Rath sein Büro betrat. Überrascht schaute sie erst ihn an und dann Kirie. Der Hund wedelte mit dem Schwanz; er mochte die Sekretärin.
    »Herr Kommissar«, sagte sie und legte den Telefonhörer, den sie gerade abgenommen hatte, wieder zurück auf die Gabel, »Sie arbeiten wieder im Büro?«
    »Ja«, sagte Rath und hängte Hut und Mantel an den Haken. »Die Sache mit Goldstein hat sich fürs Erste erledigt.«
    »Goldstein?«
    »So heißt der Mann, den wir observiert haben.« Auch der Sekretärin hatte Rath nichts von dem Geheimauftrag erzählt. Nicht einmal, dass sie im Excelsior im Einsatz waren.
    Erika Voss schaute überrascht und vergaß sogar, die erwartungsvoll vor ihr stehende Kirie zu streicheln, dann holte sie eine zerlesene Zeitung aus ihrer Handtasche. Der Tag , ein Revolverblatt aus dem Hause Scherl, dessen bemerkenswerteste Erfindung die rot unterstrichene Überschrift war.
    »Die lese ich jeden Morgen in der Bahn«, sagte sie und blätterte ein wenig, schob die aufgeschlagene Zeitung dann über den Tisch und tippte mit dem Zeigefinger auf einen Artikel. »Meinen Sie etwa diesen Goldstein?«
    Rath starrte auf die Zeitung und glaubte, seinen Augen nicht zu trauen. Er kam sich vor wie in einem bösen Traum. Er las genau die Schlagzeile, die Doktor Weiß hatte vermeiden wollen.
    Jüdischer Gangster für den feigen Mord im Humboldthain verantwortlich?
    Darunter hatte die Zeitung eine Zeichnung abgedruckt, die unverwechselbar das Porträt von Abraham Goldstein darstellte, Rath erkannte den Stil des Polizeizeichners, dessen Dienste er auch schon in Anspruch genommen hatte. Und dann überflog er den Artikel. Ein SA-Mann, am Mittwochmorgen mit tödlichen Stichverletzungen und einer Schusswunde im Humboldthain gefunden; Zeugen, die übereinstimmend den Mann beschrieben, der als Abraham Goldstein identifiziert worden sei, ein jüdisch-amerikanischer Gangster, der in Berlin, offenbar ungestört von der Polizei, sein Unwesen treiben könne.
    59
    E r hatte sich immer noch nicht gemeldet. Kein Wort der Entschuldigung, nichts. Nicht einmal seine Sachen hatte er abgeholt. Was für ein dämlicher Kerl! Sie hätte nicht gedacht, dass es noch einmal so weit mit ihnen beiden kommen würde. Eigentlich hatte sie sich sogar geschworen, dass es zu solch einer Situation nie wieder kommen würde.
    Was war nur los mit Gereon?
    Zugegeben, sie hatte ihn am Mittwochabend sitzen gelassen, und das war nicht nett. Hatte ihn einfach abserviert und war allein nach Hause gefahren, weil sie es nicht mehr ausgehalten hatte – die Sprachlosigkeit nicht, die zwischen ihnen

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