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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Schwarzhut. Er hatte dem alten Mann seine letzten Wünsche erfüllt. Alle beide.
    Während die Familie des Toten am Grab stand und die Beileidsbekundungen entgegennahm, beobachtete Abe zwei Männer, die nicht dazuzugehören schienen. Die Trauergemeinde mochte die Gojim in ihnen sehen und sie deshalb neugierig anschauen, Abe erkannte die Cops in ihnen. Detective Rath hatten sie nicht geschickt, niemanden von denen, die er bereits kannte. Wahrscheinlich, damit er sie nicht gleich entdeckte. Nun aber war es genau andersherum: Sie hatten ihn noch nicht erkannt, weil sie ihn noch nie zuvor gesehen hatten. Die schwarze Trauerkleidung, die Abe sich besorgt hatte, machte ihn beinahe unsichtbar in der Masse. Und da die meisten auf einer Beerdigung ihren Kopf senkten, hatten sie sein Gesicht unter der Hutkrempe auch noch nicht sehen können. Bislang hatten die beiden keinen sonderlich aufmerksamen Eindruck gemacht, doch nun, da die Beerdigung sich ihrem Ende zuneigte, schienen sie förmlich aufzuwachen; sie setzten sich noch vor der Trauergemeinde in Bewegung. Abe musste aufpassen, er durfte sie nicht unterschätzen.
    Die Trauergemeinde hatte den Rückweg angetreten. Er hielt sich wieder möglichst fern von der Familie, die diesmal hinten ging. So näherten sie sich langsam dem Eingangsgebäude, einer großen Anlage mit einer weiteren Trauerhalle und anderen Nebengebäuden. Und dann sah er die beiden Detectives wieder, sie hatten Aufstellung genommen in dem Säulengang, der aus dem Friedhof hinausführte, und musterten jeden, der das Gelände verließ, aufs Genaueste.
    Abe ließ sich erst einmal zurückfallen, um Zeit zu gewinnen, weiter hinein in die Menge der Trauernden, die ihn deckte wie ein wandelnder Schutzschild. Er konnte dort nicht hinaus, nicht jetzt. Auch wenn die Kerle ihn noch nie gesehen hatten, sie würden ihnerkennen, sobald er direkt vor ihnen stünde. Diese vermaledeite Zeichnung!
    Zunächst einmal stellte Abe sich vor den Wasserbecken an, wo die Trauernden ihre Hände wuschen vor dem Verlassen des Friedhofs. Und während er noch darauf wartete, an die Reihe zu kommen, und dabei immer wieder zur Säulenhalle schielte mit den beiden Wachhunden, hatte er einen Einfall, wie er sich aus der Trauergemeinde stehlen konnte, ohne aufzufallen.
    Er war nicht der einzige Trauergast, den es nach der langen Beerdigung zu den Toiletten getrieben hatte, dennoch fand er eine freie Kabine. Er schob den Riegel vor, setzte sich auf den Klodeckel und begann zu warten. Er wusste, dass er viel Geduld mitbringen musste, aber die hatte er. Zunächst herrschte da draußen noch ein ganz schöner Rummel, nach und nach aber dünnten die Geräusche aus, bis schließlich nur noch das Tropfen eines Wasserhahns von den Fliesen widerhallte.
    Abe blieb noch eine ganze Weile sitzen, er wollte sichergehen, dass die beiden Detectives ihre Arbeit auch wirklich für erledigt betrachtet hatten und verschwunden waren. Und was, wenn nicht? Er befühlte die Remington in seiner Jacke. Er wusste, dass er sie nicht auf den Friedhof hätte mitnehmen dürfen, aber er glaubte, dass sein Großvater es ihm nicht übel nehmen würde, dass er Verständnis hätte für die Situation seines Enkels, könnte er ihn hier sehen. Und vielleicht tat er das ja sogar.
    Als er dem Tropfen des Wasserhahns mindestens fünfzehn Minuten gelauscht hatte – die sich angefühlt hatten wie Stunden –, stand er endlich auf. Er hoffte, sich den Weg nicht freischießen zu müssen, nicht auf einem Friedhof, aber zur Not würde er auch das tun, wenn sie ihm keine andere Wahl ließen. Seine Beine waren schon eingeschlafen vom langen Sitzen. Er wartete noch einen Moment, bis er wieder Leben in ihnen spürte, dann öffnete er die Tür und trat aus der Kabine.
    Es schien alles gut zu gehen, doch als er in den Waschraum trat, erschrak er fast zu Tode.
    Er hatte ihn überhaupt nicht kommen hören, er musste so leise gewesen sein wie ein Geist.
    Der Mann mit dem schwarzen Bart und dem schwarzen Hut, der gerade die Tür geöffnet hatte, schaute ihn überrascht an, abernicht feindselig. Eher neugierig. Fast so wie vor wenigen Tagen auf der Straße am Krankenhaus. Er sagte nichts, doch Abe konnte es sehen, seine Augen sagten alles: Joseph Flegenheimer wusste genau, wem er da gegenüberstand.
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    E ntschuldigen Sie die späte Störung ...« Der Mann vor ihrer Tür war nicht wirklich zerknirscht, er tat nur so. Er hätte auch noch später geklingelt, wenn es nötig gewesen wäre. »Bitte

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