Goldstein
Hemdkragen und Krawatte wieder zurecht. »Alles, was du wissen musst, ist Folgendes: Du wirst sie heil wiedersehen, wenn du einen Auftrag für uns erledigst.«
»Was soll das sein? Soll ich auch einen umbringen? Das ist es doch, was ihr macht, nicht wahr?«
»Es ist ganz einfach. Du wirst alles vergessen, was du bislang über mich herausgefunden hast – oder meinst, herausgefunden zu haben. Glauben wird dir ohnehin kein Mensch. Und dann, das ist der wichtige Teil, also hör gut zu! Dann wirst du dafür sorgen, dass Abraham Goldstein endlich festgenommen und unter Anklage gestellt wird. Wegen des Mordes an Hugo Lenz, Rudolf Höller, Gerhard Kubicki und Jochen Kuschke. Ach ja, und Eberhard Kallweit, den hätte ich beinahe vergessen.«
»Wie wär’s? Soll ich nicht gleich noch Emil Kuhfeld und Gustav Stresemann obendrauf packen? Im Dutzend billiger?«
»An deiner Stelle würde ich die Sache etwas ernster nehmen. Ich mache hier keine Witze.«
»Und was soll das jetzt im Ernst heißen? Dass Charly freigelassen wird, wenn das Urteil über Goldstein gesprochen wird? Willst du sie ein halbes Jahr irgendwo einsperren?«
»Es reicht, wenn Goldstein endlich festgenommen und in den genannten Fällen gegen ihn Anklage erhoben wird.« Tornow schaute Rath in die Augen. »Es liegt also ganz an dir, wie lange die Ärmste noch eingesperrt ist. Ich an deiner Stelle würde mich aber etwas beeilen!«
»Wehe, ihr krümmt ihr auch nur ein Haar!«
»Niemand tut ihr was. Wir vergreifen uns nicht an Frauen. Allerdings«, sagte er, »könnte es sein, dass sie in der nächsten Zeit keinen Schlaf bekommt, das ist auf die Dauer etwas ungesund. Wie gesagt: Du solltest dich beeilen.«
Rath schaute den Kommissaranwärter an. Was war das für ein Mensch? Warum tat er das?
»Damit kommt ihr nie im Leben durch!«, sagte er.
Tornow lachte. »Das hat eine dir bekannte Frau auch gesagt. Ihr irrt euch. Ihr wisst nicht, über welche Verbindungen wir verfügen. Ich rate dir, vorsichtig zu sein.«
Rath schüttelte den Kopf, er wusste nichts mehr zu sagen.
»Ach, und noch etwas ...« Tornow lächelte sein Lächeln, doch diesmal erschien es Rath wie ein teuflisches Grinsen. »... es klingt etwas komisch, das einem Polizisten zu sagen, aber natürlich gilt das auch in diesem Fall: Keine Polizei, wenn du dein Mädchen lebend wiedersehen willst und keinen Ärger möchtest. Wir regeln das allein unter uns!«
Rath ließ Tornow stehen und verließ den Waschraum. Er knallte die Tür, so laut er konnte.
112
E rnst Gennat saß auf der Terrasse des Café Josty vor seinem Stachelbeerkuchen und wusste nicht, wie ihm geschah. Meist war er es selbst, der seinen Untergebenen Kuchen ausgab, der umgekehrte Fall war eher selten.
»Sie wollen mich doch wohl nicht bestechen, Herr Kommissar?«
»Keine Sorge. Auf diese Idee würde ich nie kommen. Lassen Sie es sich schmecken, Herr Kriminalrat.«
Rath hatte nur noch Hut und Mantel geholt und sein Büro dann verlassen, ohne ein weiteres Wort an Gräf zu richten oder an die Sekretärin. Sollte Tornow das erklären. Bevor er das Präsidium verließ, hatte er dem Kommissariat für Straßenverkehrsangelegenheiten noch einen Besuch abgestattet. Die Auskunft seines speziellen Freundes von heute Morgen hatte ihn eher beunruhigt; er hatte ihm eingebläut, diese Information niemand anderem zu geben. Bei dem Halter der schwarzen Limousine, mit der Charly entführt worden war, handelte es sich um einen Mann, den Rath kannte. Rudi Scheer hatte früher die Waffenkammer am Alex geleitet, bis man dahintergekommen war, dass er zu einem Waffenschmugglerring gehörte, den rechtsgerichtete Kreise in Polizei und Reichswehr betrieben. Scheer war kaltgestellt, doch nicht bestraft worden. Schon damals hatte Rath das für einen Fehler gehalten.
Gennat rührte seinen Kuchen nicht an. »Ich wäre Ihnen dankbar, Herr Kommissar«, sagte er, »wenn Sie mir erst einmal sagen, warum Sie mich zu diesem mysteriösen Treffen hier ins Josty gebeten haben. Am Telefon haben Sie den Eindruck erweckt, als gehe es um Leben und Tod.«
»Ich fürchte, das tut es auch.«
Und dann erzählte Rath dem Buddha alles, was zu erzählen war. Gennat hörte so gebannt zu, dass er sogar vergaß, seinen Kuchen zu essen.
»Aber auf diese Erpressung wollen Sie sich doch nicht einlassen«, sagte er, als Rath geendet hatte. »Beweise fälschen!« Er klang ehrlich entrüstet.
»Ich habe einen anderen Plan. Aber der funktioniert nicht ohne Ihre Unterstützung. Als
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