Goldstück: Roman (German Edition)
Chirurgen einfach einpflanzen, und schon sieht es aus, als hätte man einen Waschbrettbauch.«
Lachend stößt Daniel mir einen Ellbogen in die Seite. »Na, hören Sie mal! Solche unlauteren Mittel habe ich selbstverständlich nicht nötig!«
»Ist ja schon gut«, beschwichtige ich ihn und boxe leicht zurück. »Ihr Privat-Coach wollte nur einen konstruktiven Vorschlag machen.«
»Vielen Dank, sehr konstruktiv«, erwidert er und tut leicht eingeschnappt.
»Den Riesenberg Euroscheine finde ich aber auch nicht schlecht«, merke ich dann an. »Davon können Sie mir gerne ein paar abgeben, sobald sie eintreffen.«
»Das mache ich doch glatt.«
Versonnen betrachten wir weiter Daniels Wunsch-Wand. Seltsamerweise hat er auch ein paar symbolische Babyfotos aufgeklebt, weil er unbedingt mal Kinder möchte, aber nirgends findet sich das Foto einer Frau, die für eine Partnerin stehen könnte. Ich habe mich nicht getraut, ihn darauf hinzuweisen, schließlich ist es seine Wunsch-Wand, auf die er kleben kann, was er will. Aber gewundert hat es mich schon. Ebenso wie der weiße Fleck, der genau in der Mitte der Fotos frei geblieben ist, sehr geheimnisvoll, der Herr Unverzagt, das muss ich schon sagen!
»Das hat echt Spaß gemacht«, meint Daniel, dreht den Kopf zur Seite und sieht mich direkt an. »Und es wäre wirklich schön, wenn auch nur ein paar dieser Wünsche in Erfüllung gehen würden.«
»Warten Sie es einfach ab«, erkläre ich. »Ich kenne eine Menge Leute, die auf die Methode mit der Wunsch-Wand schwören.« Na ja, »kennen« ist vielleicht zu viel gesagt, ich habe mich gestern Abend ja nur durch ein paar Bücher gearbeitet und die Erfahrungsberichte der Autoren gelesen. »Einer meiner Klienten«, versuche ich mein neuerworbenes Wissen in einen fiktiven Fall zu kleiden, »hat sich auch so eine Wunsch-Wand gebaut und unter anderem aus einer Zeitschrift ein Foto aufgeklebt, das sein Traumhaus symbolisieren sollte. Jeden Tag hat er von seinem Schreibtisch aus auf die Wand geguckt und sich vorgestellt, wie es wäre, dort zu leben. Dann ist er umgezogen, und die Wunsch-Wand verschwand ein paar Jahre lang in einem Karton, den er nicht mehr auspackte.«
»Und dann?«
»Irgendwann bezog er mit seiner Familie ein neues Haus
und holte dabei wieder die Kartons hervor, die er bis dahin eingelagert hatte. So auch den mit der Wunsch-Wand. Er nahm sie heraus und sah sie sich seit Jahren zum ersten Mal wieder an. Während er die Wand betrachtete, traute er seinen Augen kaum: Er war in genau das Haus gezogen, das er Jahre zuvor aufgeklebt hatte! Nicht nur in eines, das dem Foto auf seiner Wand sehr ähnlich war. Nein, es war ganz genau dieses spezielle Haus!«
»Das denken Sie sich doch jetzt nur aus!«, ruft Daniel.
»Nein, es ist wirklich wahr.«
»Dann bin ich ja mal gespannt, ob ich diesen Palast auf Mallorca bekomme!«
»Das glaube ich jetzt eher nicht«, stelle ich trocken fest.
»Wieso?«
»Haben Sie mal die Bildunterschrift gelesen?«
»Nö. Was steht denn da?«
Ich stehe auf und bedeute Daniel, mir zu folgen. Gemeinsam stehen wir vor der Wand und lesen den kleingedruckten Text, der auf dem Foto steht.
»Oh«, sagt Daniel.
»Ja, oh«, stimme ich zu. »Sie haben sich da ganz bescheiden die Sommerresidenz der spanischen Königsfamilie ausgesucht. Glaube nicht, dass die demnächst ausziehen müssen.«
»Och, wissen Sie, ich sag immer: Think big! Wer weiß, was die Finanzkrise aus der königlichen Privatschatulle gemacht hat. Vielleicht ist Juan Carlos ja gerade klamm.«
»Okay, wenn er anruft, wissen Sie Bescheid.«
Dann müssen wir beide so sehr lachen, dass uns die Tränen kommen, wir können gar nicht mehr aufhören, sondern stehen nur vor Daniels Wunsch-Wand und schütten uns aus vor lauter Lachen.
Ein Klingeln unterbricht unser Gelächter, jemand hat vorn am Eingang zum Bürobereich geschellt. Ich drehe mich um und
erkenne Stefan, der versucht, über den oberen Rand des Milchglases hinweg ins Büro zu schielen. Mist! Den kann ich jetzt überhaupt nicht hier gebrauchen.
»Entschuldigen Sie mich kurz?«, sage ich zu Daniel. »Da draußen scheint ein Klient zu stehen.«
»Klar, kein Problem.«
Eilig laufe ich zur Tür, öffne sie und schlüpfe hinaus. »Hi, Stefan«, begrüße ich ihn.
»Hi. Wie geht’s?«
»Danke, gut. Und dir?«
»Ging schon mal schlechter«, erwidert er. »Aber auch schon mal besser.«
»Ja, das kenne ich. Was gibt es denn?«
»Ich wollte eigentlich nur Kikis Kartons
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