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Berührung auflöst. Die Frage war nicht, ob Queen Elizabeth je geliebt hatte, sondern ob sie lieben konnte . Hatte sie im Herzen einen Platz für die Liebe? Oder war ihr Herz zu porös, sodass jedes Gefühl einfach hindurchsickerte?
»Mir bleibt nicht viel Zeit hier«, sagte Roosevelt. »Morgen beginnen die Spiele wieder.«
»Du könntest hierbleiben. Bei mir.«
Roosevelt schüttelte den Kopf. »Ich muss gehen. Schlussendlich werden die Menschen gewinnen. Sie gewinnen immer. Und ich werde tot sein. Ich will nur ein paar Dinge regeln, bevor ich sterben muss, und alles ist aus.«
Ist dann wirklich alles aus?, fragte sich Roosevelt. Für die Menschen gibt es vielleicht einen Himmel, aber für uns? Was gibt es für uns? Und wenn Dolce wirklich eine Transkriptorin gewesen ist, wohin ist sie dann nach ihrem Tod gegangen? Roosevelt konnte sie sich nicht an einem kalten, dunklen und einsamen Ort vorstellen. Er konnte, wollte das einfach nicht glauben.
Queen Elizabeth griff nach seiner Hand.
Nach einiger Zeit gingen sie zum Haus. In der Hütte war es kühl, und Queen Elizabeth hing Papierlaternen auf, bis die Bäume förmlich glühten. Gemeinsam saßen sie auf den Stufen, die zum Teich hinunterführten. Das Wasser war ruhig undschimmerte im Mondlicht. Boote lagen am Ufer, und Licht fiel aus den Fenstern der anderen Hütten. Eine Brise wehte über sie hinweg und trug die Klänge einer Gitarre heran, die in der Ferne gespielt wurde.
Queen Elizabeth hob den Kopf. »Hörst du die Musik?«
Roosevelt nickte. »Sie ist wunderschön.«
»Das ist Fado, Volksmusik aus Portugal. Sie ist zu unserer Musik geworden.«
»Warum?«
»Weil diese Musik die Traurigkeit zelebriert. Das alte Portugal war eine Seefahrernation, und Seefahrer sehnen sich ständig nach den geliebten Menschen, die sie zurückgelassen haben und zu denen sie vielleicht nie wieder zurückkehren. Transkriptoren empfinden ähnlich, wenn es um die Spiele geht. Unsere besten Männer gehen in die Lager, und viele kehren nicht zurück. So ist die Fado-Musik zu unserer Musik geworden. Es geht um den Verlust geliebter Menschen.«
In der Ferne hörten sie die Stimme einer Frau. Queen Elizabeth legte Roosevelt den Kopf auf die Schulter. Sie fühlte sich warm an, und ihr Haar roch leicht salzig. Gemeinsam ließen sie den Blick über das Dorf und den Teich schweifen.
Terra d’Agua. Land des Wassers. Land des Verlusts.
»Dieses Kreuz um deinen Hals«, fragte Elizabeth, »das du ständig berührst, was bedeutet es?«
»Dolce hat es mir gegeben. Es enthält die DNA unseres Sohnes.«
»Das ist seltsam«, bemerkte Queen Elizabeth.
»Was meinst du damit?«
»In meinem Leben gab es so viele schreckliche Augenblicke, dass ich gelernt habe, sie zu verdrängen. Doch nun will ich nur noch hier bei dir bleiben und meine Zeit mit dir genießen wie ein Baum, der seine Wurzeln nach dem Wasser streckt.Das Wasser gelangt durch die Wurzeln in die Blätter. Ich möchte, dass dieser Moment auf die gleiche Weise in mich strömt. Aber …« Sie stockte.
»Aber was?«, fragte Roosevelt.
»Aber wenn ich keine Seele habe, gibt es keinen Platz in meinem Inneren, an dem ich diese Gefühle aufbewahren könnte. Alles fließt aus mir heraus. Wenn du fort bist, werde ich mich dann noch an meine Gefühle erinnern können? Und ich will mich erinnern, denn ich will dich nicht wieder aus meinem Herzen verlieren. Wenn ich wüsste, dass ich eine Seele habe und dass ich meine Gefühle darin verwahren kann, könnte ich dir morgen Lebewohl sagen und hätte nicht die Angst, dich für immer zu verlieren, denn ich wüsste, dass ein Teil von dir ewig in mir weiterlebt.«
Sie schloss die Augen. Ihr Kopf lag noch immer auf Roosevelts Schulter, und die traurige Musik erklang noch immer in der Dunkelheit. Wenn es stimmte, dass alles hier nur Verzweiflung war, Verschwendung und Sinnlosigkeit, dann war Elizabeth das Einzige, an das Roosevelt sich halten konnte. Sie war nicht die leere Schneckenmuschel, die einem das Meer versprach; sie war selbst das Wasser und die ewige Schönheit des Ozeans.
Bei Sonnenaufgang begleitete Queen Elizabeth Roosevelt zum Tor von Strawberry Fields. Aus einem Leinensack über ihrer Schulter zog sie ein Schwert hervor, eine lange, schwere Klinge von fast drei Fuß Länge. Ein Muster war in das Metall graviert, und darunter stand ein Spruch auf Latein.
»Auch hier wird Tugend belohnt«, übersetzte Elizabeth die Inschrift und reichte Roosevelt das Schwert.
Und da war auch ein
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