Golem - Schicksalstraeger
ließ ihre Nackenhaare sich aufstellen. Skorns Gesicht wurde erst bleicher, als der Mond und dann dunkler als die schwärzeste Nacht oder die düsterste Sykora.
»Grundgütiger, wir müssen zu Golem! Ich gehe voraus. Kommt ihr durch die Fischpforte nach.«
Mit diesen Worten wurde Sykora von der Dunkelheit und dem Gewitter geschluckt.
»Was bedeutet das?«
»Dass unser Sohn in großer Gefahr ist und es vermutlich nicht einmal wahrhaben will.«
Die Tür am anderen Ende des Raumes flog krachend auf.
»Ich hasse dich!«, zischte Aidra ihren Vater giftig an. Sie marschierte zügigen Schrittes Richtung Ausgang, hielt dann jedoch kurz davor, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte wütend hinaus in Sykoras Gewitter.
»Du glaubst gar nicht, wie sehr ich dich hasse, Vater!«, raunte sie verächtlich und würdigte ihren Vater nicht eines weiteren Blickes. Auch sie wurde von Nacht und Wetter geschluckt. Skorn und Minchen standen einen Augenblick wie angewurzelt da. Was war nur geschehen? Wo war Pseiyun und was hatte seine Tochter vor?
Skorn und seine Gemahlin setzten sich in Bewegung, begannen nach Aidra zu suchen, bis ein Blitz direkt vor Skorn und Minchen einschlug. Sykora gebot ihnen eindeutig ihrer Anweisung zu folgen und nicht so zu trödeln. Skorn betrachtete seufzend die verkohlte Stelle im Boden, nahm Minchen an die Hand und führte sie in den Wald. Tief in ihm lag ein kleiner See. Umringt von sandigen Dünen. Das Ufer lag etwas erhöht zum Wasserspiegel. Skorn stieg einen Sandhang hinab und half seiner Frau ebenfalls herunter. Kurzerhand griff Minchen seine Hand fester und rannte auf das Ufer zu, ohne zu zögern sprangen sie gemeinsam ins Wasser.
Schuld
Sykora hatte mich in ihrer vollen Hexemontur hektisch geweckt. Mann, hatte ich mich bei ihrem Anblick verjagt! Und noch dazu hatte ich kaum geschlafen. Viel zu viel hatte ich nach dem Splitter gesucht und ich musste sagen, auch wenn ich mir sonst um kaum etwas Sorgen machte, dieser Splitter bereitete mir Kopf-und Magenschmerzen. Gut, das konnte auch vom Menschsein kommen, aber dennoch. Der Splitter lag mir echt schwer im Magen.
Als Sykoras Worte zu mir durchdrangen und ich im Stande war ihnen zu folgen, konnte ich nicht denken. Der Splitter, Pseiyun …
Wäre ich nicht gewesen, hätte ich nicht darauf bestanden den Namenlosen mitzuschleppen, wäre ich nicht so töricht gewesen, dann wäre all das nicht passiert.
Als ich hörte, wie sich Sykoras Schritte entfernten, stand ich auf. Wischte mir gedankenverloren mit der flachen Hand durchs Gesicht. Feuchtigkeit benetzte meine Hand. Ich wischte nochmals drüber. Stellte fest, dass es von den Augen kam. Und als ich meine von Tränen glitzernde Hand betrachtete, da überfiel mich der Wunsch wieder Brocken zu sein. Einfach weil ich das Gefühl hatte, dass meine steinerne Haut mich beschützte, sogar vor Dingen wie Schuld. Und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als sicher zu sein.
Meine Wunde schmerzte noch, jede Bewegung sogar. Mein Kopf zerbarst beinah, nur weil ich mir unentwegt Gedanken machte und mein Herz fühlte sich so schwer als könnte ich dessen Gewicht nicht tragen.
Als Brocken hatte ich so schlichtweg noch nie gefühlt. Vielleicht auch, weil ich nie in so einer prekären Lage war wie jetzt, aber das wollte ich nicht glauben.
Doch alles was mir als Brocken widerfahren war, hatte immer nur ein Nachspiel für mich gehabt; vielleicht noch für Silvana. Aber für die ganze Welt?! Ich schluckte.
Wäre ich Schuld, wenn Skorn seinen Sohn verlieren würde? Oder schlimmer er gegen seinen Sohn kämpfen müsste? War ich Schuld, dass der Tsurpa der Hexe wieder lebte? War ich Schuld, wenn die Welt wegen eines Splitters, den ich mir genommen und verloren hatte, dem Untergang geweiht wäre? Ich hatte doch noch nicht mal gewusst, was dieses Tor gewesen war, als ich diese Torheit begangen hatte!
Dennoch, ich hatte gespürt, dass es zur Hexe gehörte. Aber genau das hat mich so … in ihm ertrinken lassen.
Alles erschien mir auf einmal so schlecht und ausweglos. Um das alles wieder geradezubiegen, brauchte ich ein Wunder. Vielleicht reichte aber auch ein Brocken aus …
Ich konzentrierte mich darauf wie es war ein Brocken zu sein. Das grüne Licht, das mir diese Wohltat verhieß, begann flackernd zu leuchten. Brocken, dachte ich so sehr, dass mein Kopf förmlich zersprang. Brocken möchte ich sein!
Und als ich stöhnend in die Knie ging, merkte ich, dass dieser Zauber zu viel von mir verlangte. Trotzdem
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