Golem stiller Bruder
Tohuwabohu herrschte, Schubladen waren herausgerissen und umgekippt, zerbrochenes Geschirr lag auf dem Fußboden, der mit Mehl und Grieß und Grütze bedeckt war wie mit Sand, Jankel sah gebratene Hühner, gesottene Eier, Knödel, Honigkuchen, gehackte Zwiebeln und geschälte Knoblauchzehen. In dem ganzen Durcheinander saßen die Köchin und drei Dienstmägde am Tisch.
»Was sollen wir nun mit den Broten?«, sagte Henia, die Köchin. Jankel kannte sie schon, er hatte sie gesehen, als sie zu Mendel gekommen war, um das Brot zu bestellen. Sie war eine ältere Frau mit sehr schönen, schwarzen Augen, die jetzt rot und dick waren vom Weinen.
»Was ist geschehen?«, fragte Jankel und stellte den schweren Korb ab.
Immer wieder vom Schluchzen unterbrochen, erzählte die Köchin, wie sie am frühen Morgen schon mit den Vorbereitungen für das geplante Fest begonnen hatten. »Alle haben geholfen, sogar der Stallknecht, er hat Holz herbeigeschleppt und sich ums Feuer gekümmert, Riwkele hat das Gemüse für die Suppe geschnitten und ich habe die Füllungen für die Gänse vorbereitet.« Ihr Gesicht wurde rot vor Empörung, sie deutete zum Fenster. »Drei Gänse, drei fette Gänse haben sie einfach auf die Straße geworfen, als wären es drei verfaulte Kohlrüben, verstehst du?« Sie schüttelte fassungslos den Kopf.
»Und dann?«, fragte Jankel und begann, die Brote aus dem Henkelkorb auf den Tisch zu legen.
»Und dann?«, wiederholte die Köchin. »Und dann? Dann sind sie gekommen, diese Judenfeinde, der Zorn des Ewigen komme über sie. Sie haben an die Tür geklopft. Nein, nicht geklopft, geschlagen haben sie, mit Fäusten und Knüppeln haben sie draufgeschlagen. Ich habe die Gänse liegen gelassen und bin rausgelaufen. Jojne, der Diener, hat ihnen die Tür aufgemacht und sie sind hereingestürmt, und einer hat dem armen Jojne einen solchen Hieb versetzt, dass er jetzt drüben im Salon liegt und sich nicht mehr rühren kann. Ein paar Soldaten liefen sofort in den Keller, andere rannten hinauf zu den Privatgemächern und die übrigen haben hier angefangen. Sie suchen, haben sie gesagt, und als ich sie fragte, was sie suchen, haben sie mich einfach zur Seite gestoßen. Von wegen Suchen! Sie haben alles verwüstet, schau dich doch bloß um, wie es hier aussieht.« Sie machte eine weite Handbewegung, wie um ihn auf den Zustand der Küche aufmerksam zu machen. Doch Jankel hätte mit Blindheit geschlagen sein müssen, um das wilde Durcheinander nicht bemerkt zu haben.
»Und so sieht es überall aus, im ganzen Haus«, fuhr die Köchin fort, und wieder fing sie an, laut zu weinen und sich die Haare zu raufen. »Unser guter, lieber Herr«, schluchzte sie. »Der Ewige, gelobt sei er, gewähre ihm seinen Schutz und schicke ihm seine Engel zu Hilfe, um ihn aus den Händen seiner Feinde zu befreien.«
Jankel legte den letzten Brotlaib auf den Tisch. »Und dann?«, fragte er. »Was geschah dann?«
Die Köchin weinte so sehr, dass sie kein Wort herausbrachte.
Eine der Mägde ergriff das Wort: »Und dann sind die Soldaten mit der Leiche des kleinen Mädchens aus dem Keller gekommen, und die von oben haben Reb Meisl die Treppe heruntergeprügelt.«
»Hat jemand von euch dieses Mädchen erkannt?«, fragte Jankel.
Die Mägde schüttelten die Köpfe, und die Köchin rief: »Woher sollen wir die Kleine kennen? Hier im Haus hat es nie Kinder gegeben, du weißt doch, dass Reb Meisl und seiner Frau Nachkommen versagt geblieben sind. Nein, das Mädchen haben wir nie gesehen, und so, wie sie aussieht, ist sie bestimmt eine Fremde, keine von uns.«
Eine der Mägde, dieselbe, die bereits vorhin gesprochen hatte, sagte: »Sie haben behauptet, Reb Meisl hätte das Kind ermordet.«
»Aber was ist das für ein Kind und wo kommt es her?«, fragte Jankel.
Die Köchin hob die Schultern. »Vielleicht hat es sich in unserem Keller versteckt, um in Ruhe sterben zu können, so wie man das von Katzen kennt. Oder sie haben die Leiche selbst mitgebracht, damit sie so tun können, als hätten sie sie gefunden. Ich sage dir: Mit Unheil gehen sie schwanger und sie gebären Verderben .«
»Jedenfalls ist das eine Verleumdung, das hat er nicht getan, unser Herr«, sagte die Magd, sie schlug die Hände vors Gesicht und weinte.
»Natürlich nicht«, rief die Köchin. »Dass du so etwas überhaupt aussprechen kannst.« Sie beschimpfte die arme Magd, sie redete sich in Rage, sprang auf und schrie: »Los, aufräumen! Wir wollen doch nicht zulassen, dass unsere
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