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Golem und Dschinn: Roman (German Edition)

Golem und Dschinn: Roman (German Edition)

Titel: Golem und Dschinn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Wecker
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was mich inspiriert!« Und nachdem er geschworen hatte, in einer Woche wiederzukommen, um Arbeelys Vorschläge zu prüfen, ging er.
    »Mein Gott«, sagte Arbeely zum Dschinn und stöhnte, »der Mann ist wahnsinnig! Wir sollen einen Hauseingang mit einer Weißblechdecke verkleiden, nur du und ich, und sie muss auch noch außergewöhnlich sein. Wir können unsere andere Arbeit nicht einen Monat lang liegen lassen, während wir die Decke machen. Wenn er wiederkommt –
falls
er wiederkommt –, werden wir ihm erklären, dass wir nicht dazu in der Lage sind, und damit hat es sich.«
    Es graupelte oder schneite nahezu ununterbrochen, und als der Dschinn die Werkstatt verließ, hatte er sich damit abgefunden, den Abend zu Hause zu verbringen. Dort angekommen, blieb er eine Weile im Eingang stehen und blickte zur Decke empor. Und tatsächlich, sie bestand aus Blech, und die Platten war so unauffällig, wie Maloof sie beschrieben hatte: knapp vierzig Zentimeter im Quadrat, ein schlichtes Medaillon aus konzentrischen Kreisen darauf geprägt. Jedes Quadrat war mit Ruß und Schmutz verschmiert; die Kanten waren verrostet. Je länger der Dschinn hinaufschaute, umso mehr wünschte er sich, er hätte gar nicht erst hingesehen.
    Er schloss sich in seiner Wohnung ein und arbeitete an den kleinen Figuren, doch er war zu zerstreut, um wirklich etwas zu zustande zu bringen. Er blickte von der Arbeit auf und schaute aus dem Fenster. Es graupelte noch immer, schlimmer als zuvor.
    Er brauchte etwas Neues, etwas Interessanteres als Falken und Eulen. Etwas, an dem er sich noch nicht ausprobiert hatte.
    Er ging noch einmal in die Eingangshalle hinunter und blinzelte in dem schwachen Licht zur Decke hinauf. Wenn er den Blick unscharf werden ließ, kam es ihm fast so vor, als würde er darüberfliegen und auf eine Reihe runder Hügel hinunterblicken, die merkwürdig regelmäßig angeordnet waren …
    Eine Idee schoss ihm durch den Kopf. Wer sagte, dass eine Blechdecke aus quadratischen Platten bestehen musste? Warum konnte man nicht eine große Platte schmieden, die die gesamte Decke einnahm? Und vielleicht auch noch die Wände?
    Und als wäre es immer schon da gewesen und hätte auf diesen Moment gewartet, sah er mit einem aufwallenden Glücksgefühl das Bild der fertigen Decke vor sich. Er lief hinauf in sein Zimmer, um seinen Mantel zu holen, dann rannte er über die Straße in Arbeelys Werkstatt. Er fachte das Feuer in der Esse an und machte sich an die Arbeit.
     
    Am nächsten Morgen ging Arbeely nicht sofort in die Werkstatt, denn er hatte ein paar Dinge zu erledigen: eine Bestellung bei einem Lieferanten, dann der Werkzeugladen, wo er sich die neuen Kataloge ansah. Anschließend leistete er sich noch rasch ein Gebäckstück und ein Glas Tee in einem Café. Auf dem Rückweg blieb er vor dem Schaufenster eines Herrenausstatters stehen und betrachtete sehnsüchtig eine schicke schwarze Melone mit einer Feder im Hutband. Er nahm seinen eigenen Hut ab und betrachtete den dünnen Filz, das ausgefranste Band und die durchhängende Krempe. Die Geschäfte liefen gut. Konnte er sich nicht ausnahmsweise etwas gönnen?
    Er kam erst zur Mittagszeit in die Werkstatt, etwas verlegen, weil es schon so spät war. Die Tür war nicht verschlossen, doch der Dschinn schien nicht da zu sein. Vielleicht war er im Hinterzimmer?
    Er ging um die Werkbank und wäre beinahe über seinen Lehrling gestolpert. Der Dschinn befand sich auf Händen und Knien vor etwas, was auf den ersten Blick aussah wie ein riesiger Teppich aus Blech.
    Der Dschinn blickte auf. »Arbeely! Ich habe mich schon gefragt, wo du bleibst.«
    Arbeely starrte auf den merkwürdigen glänzenden Teppich. Er war mindestens zweieinhalb Meter lang und eineinhalb Meter breit. Über das Blech schien eine Welle zu rollen, die in kleinere Wellen zerfiel, die ihrerseits umeinander wirbelten, während sie sich über die ganze Fläche ausbreiteten. Es gab Stellen, an denen der Dschinn das Blech zu gezackten Erhebungen gebogen und gewölbt hatte. Andere Stellen waren nahezu vollkommen platt, nur hier und da leicht eingedellt, um die Illusion von Schatten zu schaffen.
    »Es ist erst halb fertig«, sagte der Dschinn. »Arbeely, hast du mehr Weißblech bestellt? Wir haben keins mehr, und ich muss noch die Verkleidung für die Wände machen. Ich konnte mich nicht erinnern, ob Maloof dir die Maße gesagt hat, deswegen benutze ich meinen eigenen Eingang als Vorlage.«
    Arbeely starrte. »Das ist – du machst

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