Golem XIV
versehen hatte – nach dem Hasardprinzip.
Acheropoulos nahm an, die letzten Brände jener fürchterlichen »Kämpfe«, worin die verschiedenartigen Physiken aneinandergeprallt seien, könnten wir noch wahrnehmen – in Gestalt der Quasars, die Energien der Größenordnung von 10 63 erg ausstrahlen. Energien, wie sie keiner der uns bekannten physikalischen Prozesse auf so verhältnismäßig kleinem Raum freisetzen kann, wie ihn ein Quasar einnimmt. Acheropoulos dachte: wenn wir die Quasars anschauen, dann sehen wir das, was vor 5 bis 6 Milliarden Jahren geschehen ist, in der zweiten Phase des Spiels, denn just so viel Zeit verschlingt der Lauf des Lichtes, das von den Quasars zu uns herüberflitzt. In solchen Hypothesen irrte Acheropoulos. Die Quasars halten wir für Phänomene anderer Ordnung. Man muß verstehen, daß Acheropoulos die Informationen nicht hatte, die ihm die Überprüfung solcher Ansichten ermöglicht hätten. Die Anfangsstrategie der Spieler als Ganzes zu rekonstruieren, ist uns nicht möglich; rückblickend können wir nur bis zu einem Punkt zurückgehen, wo die Spieler, grob gesprochen, ungefähr so wie heute handelten. Wenn das Spiel kritische Punkte aufgewiesen hat, die eine prinzipielle Änderung der Strategie erzwangen, dann können wir rückwärtsschreitend über den ersten solchen Punkt nicht mehr hinausgehen. Demnach können wir nichts Gewisses über den Urkosmos erfahren, der das Spiel gezeugt hat.
Wenn wir jedoch den derzeitigen Kosmos betrachten, gewahren wir in ihm – verkörpert durch seine Struktur – die wichtigsten Normen der Strategie, deren sich die Spieler bedienen. Der Kosmos erweitert sich ständig; er verfügt über eine Grenzgeschwindigkeit, das heißt über die Lichtbarriere; die Gesetze seiner Physik sind zwar symmetrisch, aber das ist keine vollkommene Symmetrie; er ist »geklumpt und gestuft« aufgebaut, nämlich aus Sternen zusammengesetzt, die sich zu Haufen versammeln, welche ihrerseits Galaxien bilden, aus denen sich örtliche Verdichtungen gruppieren – und alle diese Verdichtungen bilden schließlich die Metagalaxis. Außerdem verfügt der Kosmos über eine gänzlich asymmetrische Zeit. Dies sind die grundlegenden Merkmale im Aufbau des Universums; für jedes unter ihnen finden wir eine erschöpfende Erklärung in der Struktur des Kosmogonie-Spiels, des Spiels, das uns zugleich begreifen läßt, warum eine seiner obersten Normen die Wahrung des Silentium Universi sein muß. Nun denn: warum ist der Kosmos so und nicht anders angelegt? Die Spieler wissen, daß im Zuge der Stern-Evolution neue Planeten und neue Zivilisationen entstehen, und sorgen demnach dafür, daß solche Anwärter auf künftiges Mitspiel, wie die jungen Zivilisationen es sind, das Gleichgewicht des Spiels nicht stören können. Darum erweitert sich der Kosmos: weil nur in einem solchen Kosmos, trotz des fortwährenden Entstehens neuer Zivilisationen in ihm, der trennende Abstand zwischen ihnen eine konstante Größe bleibt.
Eine Verständigung, die zur »Absprache« führen würde, zum Entstehen einer örtlichen Koalition neuer Spieler, könnte jedoch auch in einem solchen sich erweiternden Kosmos eintreten, wenn er keine eingebaute Barriere für die Geschwindigkeit von Fernwirkungen hätte. Denken wir uns einen Kosmos mit einer Physik, die es gestatten würde, die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Aktionen proportional zu der aufgewendeten Energie zu vergrößern. In einem solchen Kosmos könnte sich jemand, dem fünfmal so große Energie wie den anderen zur Verfügung stünde, fünfmal so schnell über den Zustand der anderen informieren und ihnen mit ebensolcher Überlegenheit Schläge versetzen. In einem solchen Kosmos kommt die Chance auf, die Herrschaft über seine Physik und über alle anderen Spielpartner zu monopolisieren. Ein solcher Kosmos verlockt gleichsam zum Konkurrenzkampf, zum energetischen Wettstreit, zur Machtentfaltung. Nun ist im realen Kosmos zum Überschreiten der Lichtgeschwindigkeit unendlich große Energie vonnöten, anders gesagt, diese Barriere läßt sich überhaupt nicht durchstoßen.
So rentiert es sich in ihm also nicht, energetische Stärke zu entfalten. Der Beweggrund für die Asymmetrie des Zeitablaufs ist ähnlich. Wenn die Zeit umkehrbar wäre und die Umkehrung ihres Laufs sich durch hinreichende Investition von Mitteln und Energien verwirklichen ließe, dann könnte sich wiederum jemand über die Partner erheben, diesmal dank der Chance, jeden ihrer Züge
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