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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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das Geschöpf ins Ohr.

10. KAPITEL
    Tazza stellte die Ohren auf. Das Tierchen zerrte an seiner Leine und zog Deryn vorwärts in die Dunkelheit der Gedärme. Genau vor ihnen kam eine eigenartige, zweiköpfige Gestalt aus der Düsternis.
    » Mr. Sharp«, sagte eine vertraute Stimme, und Deryn lächelte. Es war Bovril, der auf Aleks Schulter ritt.
    Tazza stellte sich auf die Hinterbeine und tänzelte vor Aufregung, als die beiden näher kamen. Bovril gluckste bei dem Anblick, doch Alek wirkte nicht besonders glücklich. Er starrte Deryn aus hohlen Augen an.
    »Hast du nicht geschlafen?«, fragte sie.
    »Nicht gerade viel.« Er kniete vor dem Beutelwolf. »Ich habe in deiner Kabine nach dir gesucht. Newkirk meinte, du seiest hier.«
    »Aye, das ist Tazzas Lieblingsplatz zum Spazierengehen«, erklärte Deryn. Im Darm des großen Flugtiers kamen alle organischen Stoffe des Schiffes zusammen, um weiterverarbeitet und in Energie spendenden Zucker, in Wasserstoff und in Abfall aufgespaltet zu werden. »Ich glaube, der Geruch gefällt ihm.«
    »Mr. Newkirk scheint sich in deiner Kabine ja ziemlich zu Hause zu fühlen«, merkte Alek an.
    Deryn seufzte. »Es ist jetzt auch seine Kabine. In den nächsten Tagen sind Kojen knapp. Aber es ist immer noch besser als am Anfang, als wir uns eine Kabine mit drei Kadetten teilen mussten.«
    Alek runzelte die Stirn und sah sie an. Sogar im schwachen Wurmlicht des Flugtierdarms wirkte sein Gesicht blass.
    »Geht’s dir gut, Alek? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    »Mir schwirrt ein bisschen der Kopf, glaube ich.«
    »Nicht nur dir. Seit der Begegnung mit diesem Mechanisten-Eierkopf sind die Offiziere so nervös wie eine Kiste voller Heuschrecken. Was zum Teufel hat Tesla denen erzählt?«
    Alek zögerte einen Augenblick und sah sie weiter so seltsam an. »Er behauptet, er habe diesen Wald eigenhändig zerstört. Mit irgendeiner Waffe in Amerika, die er Goliath nennt. Sie ist viel größer als die, die wir in Istanbul vernichtet haben, und er will den Krieg damit beenden.«
    »Er sagt, er … womit ?«, stotterte Deryn.
    »Es ist so etwas wie eine Tesla-Kanone, von der er behauptet, sie könne überall auf der Welt sogar die bloße Luft brennen lassen. Jetzt, nachdem er mit eigenen Augen gesehen hat, was diese Waffe anrichten kann, will er damit die Mechanisten zum Aufgeben zwingen.«
    Deryn blinzelte. Der Junge hatte das so einfach dahingesagt, als würde er einen Dienstplan runterrattern, aber das alles ergab doch keinen Sinn.
    »Aufgeben«, sagte Bovril. »Mr. Sharp.«
    »Eine brüllende Waffe hat das alles angerichtet?« Sie konnte sich noch ganz genau an die Schlacht mit der Goeben erinnern, als der Blitz der Tesla-Kanone über die Haut der Leviathan gewandert war und gedroht hatte, das gesamte Luftschiff in Brand zu setzen. Das war schon ein atemberaubender Anblick gewesen, aber nur ein Fliegenfurz im Vergleich zu der Zerstörung hier in Sibirien.
    Deryn wurde schwindlig. Die Nachricht war einfach zu viel für sie, und dass heute das Abendessen ausgefallen war, half nicht besonders, das zu bewältigen. Tazza stupste ihre Hand an und winselte hungrig.
    »Kein Wunder, dass du nicht schlafen konntest«, meinte Deryn.
    »Das war ja nur der eine Teil.« Der Junge blickte ihr wieder in die Augen. »Es könnte natürlich eine Lüge sein. Man weiß nie, wann die Leute lügen.«
    »Aye, oder er ist verrückt. Kein Wunder, dass Miss Eierkopf uns zum Spionieren losgeschickt hat.« Deryn erhob sich und zog an der Leine des Beutelwolfs. »Komm, Tierchen. Du musst zurück in die Kabine.«
    »Wir sollten den Loris mitnehmen«, meinte Alek, während er aufstand. »Er ist in letzter Zeit ziemlich perspikuitiv.«
    » Mr. Sharp«, fügte Bovril hinzu, und Deryn warf dem Tier einen bösen Blick zu.
    »Na ja, gut«, sagte sie. »Aber ich hoffe, er weiß, was pst bedeutet.«
    »Psssst«, machte der Loris.
    Unter Deck hörte man das Schnarchen vieler Männer.
    Die Leviathan hatte vielleicht nicht genug Kojen für die Gäste, aber die leeren Vorratsräume boten ausreichend Platz. Abgesehen von ihrem Kapitän waren alle Russen hier unten, zusammengedrängt wie Zigaretten in einer Schachtel. Aber Deryn nahm an, dass sie trotzdem froh waren, zum ersten Mal seit Wochen nicht von hungrigen Kampfbären in den Schlaf gesungen zu werden.
    Hier unten war es zugig, und die Männer hatten ihre Pelze nicht abgelegt. Deryn sah keine wachen Augen im Dunkeln schimmern, als sie vorbeischlich. Bovril,

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