Goliath: Roman (German Edition)
sich Speichel vom Kinn. »Scher dich zum Teufel«, murmelt sie benommen.
Die beiden arabischen Männer kommen aus der Küche, in den Händen große Aluminiumtabletts mit bereits zurechtgeschnittenen Pizzas. Als sie sich gesetzt haben, langt die gesamte Mannschaft zu wie ausgehungert.
Covah bricht ein kleines Stück Teig ab und steckt es sich vorsichtig in den entstellten Mund. Als er zu kauen beginnt, wirft das vernarbte Fleisch zwischen Unterkiefer und rechtem Auge grausige Falten. »Bitte, Gunnar, greif zu. Soweit ich mich erinnere, ist Pizza dein Lieblingsgericht.«
Gunnars Magen knurrt zur Antwort. Er nimmt ein Stück, was ihm erneut Rockys Zorn zuzieht.
Covah steckt sich einen zweiten Bissen in den Mund, dann zieht er ein Röhrchen aus der Tasche und lässt mehrere Tabletten herausgleiten. Nacheinander legt er sie sich auf die Zunge und schluckt.
Gunnar beobachtet ihn wortlos.
»Ich kann … ich kann einfach nichts essen.« Rocky beißt sich auf die bebende Unterlippe. »Sie haben meinen Mann ermordet – zusammen mit der ganzen Mannschaft der Ronald Reagan .« Mit Tränen in den braunen Augen schaut sie Covah wütend an. »Ich schwöre bei Gott, ich werde Sie …« Aus Angst vor Sorceress hält sie inne.
Covahs Leute hören auf zu essen und warten auf die Reaktion ihres Kapitäns.
»Sie schwören bei Gott? Wie kommen Sie darauf, dass er Sie hört? Was ist er – ein abwesender Gott? Ein Gott, den das Leiden seiner Kinder amüsiert?« Simon Covahs Mund zuckt, offenbar weil ihm ein Bissen im Hals stecken geblieben ist. Er hustet und würgt, dann greift er mit der unversehrten Hand nach seinem Glas. Wein tropft an seinem rötlichen Kinnbart herab, als er es hastig leert. Der Blick seiner blassblauen, wimpernlosen Augen ruht dabei unverwandt auf Rocky. »Und was das Thema Mord betrifft – schieben Sie mir da nicht einfach den Schwarzen Peter zu?«
»Was soll das heißen?«
»David hat mir berichtet, Sie hätten Mr. Strejcek ins Jenseits befördert.«
»Strejcek hatte meinen Mann getötet …«
»Und Sie haben ihn getötet. Mord ist Mord, Commander, ganz egal, wie wir die Tat rechtfertigen.«
»Und Sie? Sie haben Tausende getötet!«
»Mithilfe einer Massenvernichtungswaffe, bei deren Konstruktion Sie mitgewirkt haben.« Covah schiebt sich ein Stück Pizza in den Mund. »Interessant, wie Sie so einfach dasitzen und mich verurteilen – Sie, die Tochter eines Generals, eine scheinheilige Kriegshetzerin, die zwei der wirksamsten Mordmaschinen entworfen hat, die je die sieben Meere befahren haben!«
»Sie sind ja völlig verrückt.«
Covah nickt und wischt sich den Mund. »Da sind wir endlich einer Meinung. Ich persönlich bin tatsächlich davon überzeugt, dass wir alle wahnsinnig sind – nicht nur wir hier am Tisch, sondern die ganze Menschheit. Manchmal habe ich den Eindruck, wir verhalten uns wie Tiere, die nur darauf versessen sind, sich selbst den Garaus zu machen. Wir predigen die Liebe, doch wir liebkosen die Gewalt wie eine heimliche Geliebte, wir kosten sie, riechen daran und suhlen uns darin, bis wir gezwungen sind, sie nach getaner Tat von uns wegzustoßen, damit wir unseren Schöpfer um Vergebung bitten können. Bei dieser Heuchelei wird mir speiübel.« Covahs Blick wird härter. »Wir haben zwei Jahre lang zusammengearbeitet, Commander. Dabei habe ich feststellen können, dass Sie eine gute, kompetente Managerin sind, aber – wie die meisten Führungskräfte Ihres Landes – nach meinem Geschmack etwas zu ahnungslos handeln.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Dass Sie keine Ahnung haben, was und wie der Rest der Welt denkt. Wenn es zu Konflikten kommt, sind Sie davon überzeugt, dass alle Menschen den Frieden wollen und dass alle Krisen durch forcierte Diplomatie gelöst werden können. Dieser Irrtum, so nobel er sein mag, basiert auf westlichen Werten, die den meisten Völkern fremd sind. Die Welt ist voller Hass, Commander, und dieser Hass ist in religiösen Vorstellungen und kulturellen Unterschieden verwurzelt, die eine jahrtausendealte, blutige Geschichte haben. Nicht, dass ich das gutheißen würde, es ist einfach so. In solchen Ländern stürzen die USA sich ins Getümmel, schwingen ihren Säbel und glauben, einem fremden Land ihren Willen aufzwingen zu können. Obwohl Sie und Ihresgleichen keinerlei echtes Verständnis für die Gründe des Blutvergießens haben, sind Sie dennoch überzeugt, Sie könnten es beenden.«
Covah beugt sich so nah zu Rocky, dass sie ihr verzerrtes
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