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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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fünfundzwanzig.»
    «Dann vermute ich», sagte die Contessa, die plötzlich einen amüsierten Gesichtsausdruck hatte, «dass sie braune Haare und dunkle Augen hat und dass das Gemälde, das sie verkaufen wollte, sehr wertvoll war.»
    Tron nickte verblüfft. «Es geht um einen Tizian.»
    «Und ich vermute außerdem», fuhr die Contessa fort, «dass dir die Signora Caserta bekannt vorkommt, aber du nicht darauf kommst, woher du sie kennst.»
    Jetzt verstand Tron überhaupt nichts mehr. «Woher weißt du das?»
    Die Contessa lachte. «Du hast weder mit einer Signora Caserta noch mit einer Marchesa di Caserta verhandelt, sondern mit Maria Sofia di Borbone. Die dir vermutlich deshalb bekannt vorkam, weil sie dich an ihre Schwester erinnert hat. An Elisabeth von Österreich.»
    Tron schüttelte entgeistert den Kopf. «Mein Gott, Bossi hatte etwas in der Richtung vermutet.»
    «Wie lange wird die Königin in Venedig bleiben?», erkundigte sich die Contessa.
    «So lange, bis das Bild sich wieder angefunden hat.»
    Die Contessa dachte nach. Dann sagte sie: «Könntest du die Suche nach dem Gemälde in die Länge ziehen?»
    «Warum sollte ich das?»
    «Wenn du den Tizian zum richtigen Zeitpunkt  wiederfindest, wird Marie Sophie eine Einladung in den Palazzo Tron nicht ablehnen.» Sie schloss einen Moment lang die Augen, und ein verklärter Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. «Dann wäre sie das Glanzlicht auf unserer Gästeliste. Wie wirst du dich verhalten, wenn du sie wiedersiehst?»
    «Ihr mitteilen, dass ich ihr Inkognito von Anfang an durchschaut habe.» Was er Bossi gegenüber bereits getan hatte. Wie sich manchmal doch eines harmonisch zum anderen fügte, dachte Tron.
    «Übrigens», sagte die Contessa, das Gesprächsthema wechselnd, «ist die Principessa nicht sehr glücklich mit dem Programm für den Ballabend.»
    «Ich weiß. Wegen Konstancja Potocki. Für den  Geschmack der Principessa steht ihr Auftritt zu sehr im Vordergrund.»

    «Womit sie völlig Recht hat», sagte die Contessa.
    Sie sah Tron aufmerksam an. «Du hast ihr erzählt, dass sie bei uns ein Konzert geben kann. Als Wiedereinstieg in ihre Konzerttätigkeit. Richtig?»
    Tron nickte.
    «Und hast das Glas eher am Rande erwähnt,  oder?»
    «Es war die einzige Möglichkeit, Konstancja Potocki dazu zu bewegen, im Palazzo Tron aufzutreten.
    Ich dachte, ich könnte ihren Auftritt schrittweise reduzieren, aber …» Tron zuckte hilflos die Schultern.
    «Und jetzt?»
    «Könnte sie aussteigen, wenn sie mitkriegt, dass sie nur das Beiprogramm ist.»
    «Hast du schon Andeutungen in diese Richtung  gemacht?»
    Tron schüttelte den Kopf. «Sie ist ein wenig …
    empfindlich in dieser Hinsicht.»
    «Es war deine Idee, diese Polin in das Programm des Abends einzubeziehen.»
    «Auf die ich nie gekommen wäre, wenn ihr euch nicht den absurden Namen ‹Mazurka› für das Glas ausgedacht hättet.»
    «Was hast du jetzt vor?»
    «Mit Konstancja Potocki zu reden, wenn sie wieder zurück ist. Sie ist für ein paar Tage nach Triest gefahren.»
    «Dann mach ihr gefälligst klar, dass sie dich missverstanden hat.»

    «Und wenn sie abspringt?»
    Der Blick, den die Contessa über den Tisch  schickte, war so scharf wie ein Rasiermesser. «Dann wirst du für entsprechenden Ersatz sorgen», sagte sie.
    Tron musste unwillkürlich schlucken. «Und was erwartest du von mir?» Natürlich wusste er, was jetzt kam.
    Die Contessa rammte ihre Gabel so heftig in die Seezunge, dass die Sauce vom Teller spritzte. «Dass du – noch bevor der Ball stattfindet – diesen Tizian findest», sagte sie in einem Ton, der jede Diskussion ausschloss. «Und anschließend dafür sorgst, dass die Königin unseren Ball besucht.»

8
    Tron hasste Bahnhöfe – ihre vulgäre Art, sich in den alten Städten breit zu machen, dabei ganze Stadtviertel zu exekutieren und die angrenzenden Quartiere mit ihrem Lärm, ihrem Schmutz und ihrem Bodensatz von zwielichtigen Gestalten zu belästigen. Er hasste außerdem: Lokomotiven, Dampfschiffe, selbstverständlich auch die neuen Gaslaternen auf der Piazza, in deren Schein alles grau und schmierig aussah – wie aufgewärmte oder zu lange gekochte Pasta.
    Und hier, stellte Tron fest, als er kurz vor elf den Bahnhof Santa Lucia betrat, war nun alles versam melt: eine gaslichtverschmierte Bahnhofshalle, bevölkert von wartenden kaiserlichen Offizieren, hektisch durcheilt von Fremden aus allen Teilen des Habsburgerreiches und misstrauisch überwacht von einem halben

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